In Berlin-Mitte wurde mit dem Abriss eines zu DDR-Zeiten errichteten Wohnhauses aus den 1970er Jahren begonnen. Das Gebäude an der Mollstraße bot mehr als 200 Einzimmerwohnungen und hätte laut Bezirk saniert und in das benachbarte Quartiersprojekt integriert werden können. Stattdessen entsteht auf dem Grundstück ein neues Bürogebäude.

Nahe dem Alexanderplatz verschwindet ein weiteres Relikt der DDR-Moderne. Das in den 1970er Jahren errichtete Apartmenthaus an der Mollstraße 4 bot einst über 200 Einzimmerwohnungen mit Balkon, Küchenzeile und Bad. Ursprünglich für Arbeiter gebaut, diente es später der Mercure-Hotelgruppe, bevor der Betrieb 2019 endete. / © Foto: IMAGO / Christian Spicker
© Fotos: IMAGO / Christian Spicker
In unmittelbarer Nähe zum Alexanderplatz verschwindet derzeit ein weiteres Relikt der DDR-Moderne aus dem Berliner Stadtbild. Das Apartmenthaus an der Mollstraße 4, das in den frühen 1970er Jahren errichtet worden war, bot einst über 200 Einzimmerwohnungen. Die Wohnungen verfügten über Balkone, eine kleine Küchenzeile und ein eigenes Bad. Ursprünglich als Arbeiterunterkünfte konzipiert, wurde das Gebäude später durch die Mercure-Hotelgruppe genutzt, bevor der Betrieb 2019 eingestellt wurde.
Während der Pandemie blieb das Gebäude dauerhaft geschlossen, auch die Läden im Erdgeschoss gaben auf. In den Jahren danach stand das Gebäude leer, der bauliche Zustand verschlechterte sich zusehends. Nun macht der Bau Platz für einen Büro-Neubau.
Für den Bezirk Mitte stellt der Abriss laut Bezirksamt einen herben Verlust dar, da die Möglichkeit zur Reaktivierung von dringend benötigtem Wohnraum entfällt. Bereits im vergangenen Jahr hatten wir über die Abrisspläne und die Diskussion rund um das Gebäude berichtet.
Berlin-Mitte: Bezirksamt kritisiert Verlust von Wohnraum in zentraler Lage
Sowohl Vertreterinnen und Vertreter der CDU als auch der Grünen im Bezirk Mitte hatten sich öffentlich gegen den Abriss ausgesprochen. Sie hatten stattdessen gefordert, das Gebäude zu sanieren und wieder für Wohnzwecke nutzbar zu machen. Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in Berlin wäre eine Reaktivierung der rund 200 Apartments aus ihrer Sicht ein sinnvoller Beitrag gewesen, um neuen Wohnraum in zentraler Lage zu schaffen.
Zudem sprachen sich die Bezirkspolitikerinnen und -politiker dafür aus, das Gebäude in das benachbarte Quartiersprojekt rund um das Haus der Statistik einzubinden. Dort entsteht derzeit ein vielseitiges Stadtquartier mit Büros, Wohnungen und kulturellen Einrichtungen. Aufgrund der ähnlichen Bauweise und seiner unmittelbaren Nachbarschaft hätte das Gebäude laut Bezirk eine sinnvolle Ergänzung des Areals bilden können.
Mollstraße: Privater Investor hält an Abrissplänen fest
Der Eigentümer, ein privater Investor mit Sitz in Hamburg, zeigte jedoch kein Interesse an diesen Überlegungen. Trotz der Einwände aus der Bezirksverordnetenversammlung und der Kritik des Landesdenkmalamts verfolgt der Investor seine ursprünglichen Pläne konsequent weiter. Vorgesehen ist an der Stelle des ehemaligen Wohnhauses ein Bürogebäude, das über eine öffentlich zugängliche Lobby sowie ein Café im Erdgeschoss verfügen soll.
Wie der Neubau architektonisch gestaltet wird und inwieweit er sich in die Umgebung rund um die Mollstraße und das Haus der Statistik einfügt, ist bislang noch offen. Kritiker befürchten, dass die städtebaulichen Chancen, die sich aus der direkten Nachbarschaft zum Quartiersprojekt ergeben, nicht genutzt werden.
Weiterer Verlust von DDR-Baustrukturen am Alexanderplatz
Mit dem Abriss des Apartmenthauses in der Mollstraße verschwindet ein weiteres Beispiel der DDR-Architektur aus dem Berliner Zentrum. Bereits zuvor war auf der gegenüberliegenden Straßenseite das sogenannte Mehlschwalbenhaus abgerissen worden. Das 1973 errichtete Gebäude hatte jahrelang leer gestanden und war schließlich einem Neubau mit Büro- und Gewerbeflächen gewichen.
Die fortschreitende Beseitigung der verbliebenen DDR-Bauten in der Umgebung des Alexanderplatzes stößt dabei nicht nur bei Denkmalschützern auf Kritik. Auch städtebaulich Interessierte und politische Akteure beklagen, dass anstelle einer modernen Integration der Bausubstanz häufig der Abriss zugunsten renditestarker Büroflächen gewählt wird. Gerade in Zeiten von Wohnraummangel erscheint vielen diese Entscheidung unverständlich.
Quellen: Der Tagesspiegel, Mercure-Hotelgruppe, Architektur Urbanistik Berlin