Das Dragonerareal in Berlin-Kreuzberg steht vor einer umfassenden städtebaulichen Transformation. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen um die Nutzung des Geländes nimmt die Entwicklung nun konkrete Formen an. Der Fokus liegt auf einer nachhaltigen Quartiersgestaltung mit bezahlbarem Wohnraum, Gewerbeflächen und sozialen Einrichtungen.

Seit den 1920er Jahren wurde das ehemalige Kasernengelände in Kreuzberg zivil genutzt, unter anderem für das Finanzamt und Kfz-Betriebe. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

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Das Dragonerareal im Herzen Kreuzbergs ist ein historisch geprägter Ort, der zahlreiche städtebauliche Epochen vereint. Ursprünglich als gemeinschaftlich genutzte Weidefläche („Upstall“) bekannt, erhielt das Gelände seine heutige Prägung Mitte des 19. Jahrhunderts, als dort eine Kaserne für das 1. Garde-Dragoner-Regiment errichtet wurde. In den darauffolgenden Jahrzehnten erfuhr das Areal verschiedene bauliche Erweiterungen und wurde Teil der dichten Berliner Blockrandbebauung.

Mit der Stilllegung der militärischen Nutzung in den 1920er Jahren begann eine neue Ära: Das Kasernengelände wurde zivil genutzt, unter anderem als Standort für das Finanzamt und Kfz-Betriebe. Die Struktur des Quartiers wurde durch die Nachkriegszeit und den Bau der Hochbahn weiter verändert.

Dragonerareal in Kreuzberg: Vom Privatisierungskampf zur gemeinwohlorientierten Entwicklung

In den 2010er Jahren wurde das Dragonerareal zum Symbol des Widerstands gegen die Privatisierung innerstädtischer Flächen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) wollte das Areal höchstbietend verkaufen, doch zivilgesellschaftliche Initiativen und der Berliner Senat setzten sich für eine gemeinwohlorientierte Nutzung ein. Nach mehreren gescheiterten Verkaufsversuchen wurde das Gelände 2018 schließlich an das Land Berlin übertragen und in das Sondervermögen Daseinsvorsorge (SODA) überführt.

Seither wird das Areal unter dem Namen „Rathausblock“ als Sanierungsgebiet entwickelt. Ziel ist es, kooperativ ein Quartier für bezahlbares Wohnen, Arbeiten und Kultur zu schaffen. Ein partizipativer Planungsprozess soll sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Nachbarschaft und gemeinwohlorientierte Konzepte berücksichtigt werden.

Bezahlbarer Wohnraum und Gewerbeflächen „Urbane Fabrik“: Das ist auf dem Dragonerareal geplant

Der aktuelle städtebauliche Entwurf des Teams SMAQ, Man Made Land und Barbara Schindler will die historische Struktur des Geländes aufgreifen und mit modernen urbanen Elementen verbinden. Die sogenannte „Grüne Fuge“ soll das Mikroklima verbessern und eine offene Begegnungszone für Anwohnerinnen und Anwohner schaffen. Eine markante Mittelachse mit einem 16-geschossigen Wohnhochhaus soll als Orientierungspunkt dienen.

Die geplante Bebauung umfasst sowohl kompakte Wohnhöfe mit bezahlbarem Wohnraum als auch Gewerbeflächen im Norden, die unter dem Konzept der „Urbanen Fabrik“ zusammengefasst werden. Darüber hinaus werden die historischen Stallgebäude für kulturelle und soziale Einrichtungen genutzt. Das Quartier soll autoarm gestaltet und fußgänger- und fahrradfreundlich erschlossen werden.

Fortschreitende Bauarbeiten und archäologische Entdeckungen auf dem Dragonerareal

Seit 2022 laufen die vorbereitenden Baumaßnahmen für die Umsetzung des Quartierskonzepts. Im südlichen Bereich des Geländes wurden nicht denkmalgeschützte Bestandsgebäude abgerissen. Der Fokus lag zuletzt auf der Baufeldfreimachung in den Bereichen Mitte und West. Dort will die WBM insgesamt 372 Wohneinheiten errichten, davon 186 gefördert, sowie 12 Gewerbeeinheiten auf 1.125 Quadratmetern. Geplant sind zudem eine Kita im ehemaligen Pferdehospiz und ein Wohnungs- und Gewerbeneubau im Nordwesten. Der Baubeginn ist für April 2027 angesetzt, die Fertigstellung für Oktober 2030.

Im Zuge der Bauarbeiten kamen auch archäologische Funde ans Licht. Neben den Fundamenten eines historischen Pferdestalls wurde ein unbekannter, 56 Meter langer Kanal entdeckt. Weitere Fundstücke, darunter ein russischer Spielzeugpanzer und eine Seltersflasche aus dem 19. Jahrhundert, geben Einblicke in die wechselvolle Geschichte des Geländes.

Kooperativer Planungsprozess: Vorbild für gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung?

Das Dragonerareal soll exemplarisch für eine soziale, nachhaltige Stadtentwicklung in Berlin stehen. Durch den kooperativen Planungsprozess möchte die Stadt ein lebendiges Quartier schaffen, das Geschichte bewahrt und zukunftsweisende Konzepte integriert. Die Entwicklung des Areals zeigt, wie durch Bürgerbeteiligung und kommunale Verantwortung bezahlbarer Wohnraum und soziale Infrastruktur gesichert werden können.

ENTWICKLUNGSSTADT zeigt, wie die Arbeiten voranschreiten:

Direkt hinter dem Kreuzberger Finanzamt liegt das Dragonerareal. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Das ehemalige Kasernengelände wird seit den 1920er Jahren zivil genutzt, unter anderem für Kfz-Betriebe. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Nicht denkmalgeschützte Bestandsgebäude wurden auf dem Gelände bereits abgerissen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Zurzeit ist das Areal von Bauzäunen und Abrissarbeiten geprägt. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Ziel ist die Baufeldfreimachung für zukünftige Bauprojekte. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Neben den Fundamenten eines historischen Pferdestalls wurde ein unbekannter, 56 Meter langer Kanal entdeckt. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH, WBM