Am 22. August wird eines der umstrittensten Bauwerke der vergangenen Jahre in Potsdam mit einem feierlichen Festakt eröffnet. Der Wiederaufbau der 1968 gesprengten Garnisonkirche hat zu vielen Kontroversen geführt, da der Sakralbau eng mit dem preußischen Militarismus verbunden war und eine zentrale Rolle in der Geschichte Preußens spielte.

Blick über die Breite Straße mit der Baustelle für den Wiederaufbau des Turms der historischen Garnisonkirche in Potsdam. Am 22. August wird der Neubau eröffnet. / © Foto Titelbild: IMAGO / Martin Müller

© Foto Titelbild: IMAGO / Martin Müller
Text: Björn Leffler

 

Am 22. August wird eines der umstrittensten Bauvorhaben der vergangenen Jahre in Potsdam mit einem feierlichen Festakt eröffnet. Im Beisein von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier soll der rekonstruierte Kirchturm der einstigen Garnisonkirche eingeweiht werden.

Das kündigte Jan Kingreen, der Programmvorstand der Stiftung Garnisonkirche Potsdam, am Dienstag an. Bei der feierlichen Eröffnung werden Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft erwartet.

Potsdam: Eröffnung des Kirchturms der Garnisonkirche am 22. August

Ab dem 23. August soll der Turm dann für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Die evangelische Kirche will den Neubau des Turms als Ort für Friedensarbeit und Demokratiebildung etablieren, wie es heißt.

Es gibt dort künftig eine Ausstellung, mehrere Seminarräume für Bildungsarbeit, eine Kapelle und eine Aussichtsplattform in 57 Metern Höhe. Die Kapelle wurde bereits im April dieses Jahres eröffnet.

Dem Turm fehlt noch eine 30 Meter hohe Haube, die 2026 aufgesetzt werden soll

Der Turm ist allerdings noch nicht vollständig fertiggestellt. Eine 30 Meter hohe “Haube” wird erst 2026 hinzugefügt, wodurch das Gebäude fast 90 Meter hoch und somit das höchste in Potsdam werden wird.

Die acht Turmfenster sind vorübergehend mit Plexiglas verschlossen, da die geplanten Holzlamellen mit rund 300.000 Euro zu teuer seien, wie Der Tagesspiegel berichtet. Vom ursprünglich geplanten Wiederaufbau des Kirchenschiffs spricht der Stiftungsvorstand mittlerweile kaum noch. Dem Wiederaufbau war eine jahrelange Kontroverse voraus gegangen, die bis heute anhält.

Garnisonkirche in Potsdam: Erbaut zwischen 1730 und 1735

Die Garnisonkirche, erbaut zwischen 1730 und 1735 auf Anweisung von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, war ursprünglich als Militärkirche für die preußischen Soldaten gedacht und gilt heute als bedeutendes Beispiel des Barockstils.

Die Kirche war jedoch traditionell eng mit der preußischen Monarchie verbunden und spielte eine zentrale Rolle in der Geschichte Preußens, insbesondere als Krönungsort Friedrichs des Großen im Jahr 1740.

Die Garnisonkirche war eng mit der preußischen Geschichte verbunden

Der prachtvolle Sakralbau diente auch als Begräbnisstätte für Friedrich Wilhelm I. und Friedrich den Großen. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Garnisonkirche dann schwer beschädigt und schließlich 1968 unter der DDR-Regierung trotz vieler Proteste gesprengt.

Die Idee zum Wiederaufbau der Garnisonkirche stammt ursprünglich von Max Klaar, einem ehemaligen Bundeswehroffizier und späteren Vorsitzenden eines rechtsextremistischen Verbands – schon dies ist für viele Kritiker des Projekts ein Grund, das Vorhaben kritisch zu betrachten.

Mitte der 1980er Jahre wurde erstmals ein Wiederaufbau ins Gespräch gebracht

1984 gründete Klaar die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel (TPG) zur Rekonstruktion des 1945 zerstörten Geläuts. Nach dem Mauerfall 1989 warb Klaar offensiv für die Wiedererrichtung der Garnisonkirche in Potsdam.

Die evangelische Kirche begrüßte die Pläne und sah ihrerseits die Nutzung für Stadtkirchenarbeit, Friedens- und Versöhnungsarbeit vor. Klaar hatte jedoch andere Pläne für das Gebäude, es kam zum offenen Konflikt mit der Kirche, an dessen Ende die Auflösung der TPG stand.

Seit 2004 wurden Spenden für den Wiederaufbau der Kirche gesammelt

Diese Auflösung bedeutete auch das Ende der Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche, die das Projekt aber weiterverfolgte und weitere Unterstützer suchte. Am 15. Januar 2004 trat der Wiederaufbau-Aufruf an die Öffentlichkeit, unterstützt von über 100 Persönlichkeiten.

Prominente wie Günther Jauch und Angela Merkel unterstützten die Spendenkampagne. 2008 wurde die Stiftung Garnisonkirche Potsdam (SGP) gegründet, um die Wiedererrichtung voranzutreiben. Der Turm soll als offene Stadtkirche und Schule des Gewissens dienen.

Befürworter und Gegner des Wiederaufbaus diskutieren seit Jahren

Die Befürworter des Wiederaufbaus argumentieren, ähnlich wie beim Humboldt Forum im historischen Zentrum Berlins, mit städtebaulichen und architektonischen Gründen und sehen die Wiedererrichtung als Korrektur des Unrechts der DDR-Sprengung Ende der 1960er Jahre.

Es gab und gibt jedoch erheblichen Widerstand aus christlichen, geschichtlichen, politischen und kulturellen Gründen. Kritiker des Projekts sehen die Kirche als Symbol des militaristischen Preußentums und befürchten, sie könnte erneut zu einem Sammelpunkt rechtsautoritärer Bewegungen werden.

Die Garnisonkirche soll mit 90 Metern Potsdams höchstes Bauwerk werden

Die Initiatoren kontern diese Kritik und betonen ihren weltoffenen und wertschätzenden Ansatz: “Wir wollen den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken und Frieden und Demokratie fördern. Wir stellen uns gegen Diskriminierung und Ausgrenzung und gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus und Geschichtsrevisionismus.

Ob die neu errichtete Potsdamer Garnisonkirche diesem hohen Anspruch gerecht werden kann, werden die kommenden Jahre zeigen. Das Stadtbild Potsdams wird sich – vor allem nach der Vollendung des Turmbaus in zwei Jahren – durch den Neubau noch einmal neu definieren.

 

Weitere Bilder zum Projekt gibt es hier:

“Gegen den Ungeist von Potsdam: Rechte und völkische Identifikationsorte verhindern” steht auf einem Banner während einer Kundgebung gegen die Garnisonkirche anlässlich der Eröffnung der Nagelkreuzkapelle an der Baustelle für den Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche in Potsdam am 1. April 2024. / © Foto: IMAGO / Martin Müller

© Open Street Map

 

Quellen: Stiftung Garnisonkirche Potsdam, Lausitzer Rundschau, Der Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, IMAGO, Deutsches Architektur Forum, Wikipedia

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One Comment

  1. M.Hillen 8. August 2024 at 12:53 - Reply

    Was du tust, das tue ganz. In der Halbheit steckt kein Glanz…
    Wie beim Humboldforum in Berlin, so auch hier: Es hätte städtebaulich und architektonisch etwas Großes, etwas Schönes werden können. Etwas, das wirklich erfreut und begeistert..
    Genau das ist nun nicht der Fall, weil man weder innen noch außen vollständig wiedererrichtet hat. Halbheit und Halbherzigkeit überzeugt und begeistert einfach nicht.. Ist das so schwer zu begreifen ?

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