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Buchkritik – Franco Stella: “Berliner Schloss – Humboldt Forum”

Das vom Verlag Wasmuth & Zohlen herausgegebene Buch “Berliner Schloss – Humboldt Forum” gibt dem Autor und Architekten Franco Stella selbst ausreichend Gelegenheit, seine Überlegungen und Intuitionen zur Gestaltung des rekonstruierten Berliner Schlosses darzulegen.

Das Humboldt Forum im Bau, Mitte der 2010er Jahre. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

© Foto Titelbild: Wasmuth & Zohlen Verlag
Text: Wolfgang Leffler

 

Franco Stella, Italiener und in der Nähe von Vicenza geboren, gründete nach erfolgreichem Abschluss des Architekturstudiums (1968) im Jahr 1972 sein eigenes Architekturbüro in Vicenza und hat bereits in den 1970er Jahren in zahlreichen Schriften und Entwürfen seine Beziehungen zur Architektur Berlins veröffentlicht.

Er war bereits 1993/94 als Juror in verschiedene Architekturwettbewerbe zur Neugestaltung des wiedervereinigten Berlins eingebunden, so dass es auf der Hand lag, dass er sich aufgrund seiner besonderen Beziehung zur Architektur des historischen Berlins 2008 beim Wettbewerb „Wiederaufbau des Berliner Schlosses – Humboldt Forum“ beteiligte – und letztlich durchsetzen konnte.

Franco Stella: Seit den 1970er Jahren Bezug zur Architektur Berlins

Der Deutsche Bundestag hatte am 4. Juli 2002 beschlossen – auf Empfehlung der Internationalen Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“ – dass sich die „Bebauung an der Stereometrie des ehemaligen Berliner Schlosses orientieren solle und für das neue Gebäude “die Wiedererrichtung der barocken Fassaden an der Nord-, West- und Südseite sowie den Schlüterhof vorzusehen sei“.

Diese Vorgaben waren für Stella in seinem Wettbewerbsentwurf garantiert Antrieb genug, sein tiefes Verständnis für die Geschichtsträchtigkeit des Berliner Schlosses und dessen Integration in die einstmals vorhandene Urbanität der Berliner Mitte einzubringen.

Stellas Faszination für die Architektur Schlüters wird in seinem Werk deutlich

Im vorliegenden Buch wird Stellas Faszination für die Architektur Schlüters deutlich, was letztendlich an jenen im italienischen Baustil geprägten Gebäudeensembles zu erkennen ist und das Stadtbild Berlins dahingehend verwandelt hat, nicht nur was die Formgebung anbelangt, sondern auch in seinem gedanklichen Anspruch.

Stella setzt sich in seinem Buch ausführlich mit der Authentizität des Gebäudes und mit den Grundsatzfragen der Rekonstruktion auseinander. Hier trifft er eindeutige Aussagen zur Opposition des “zukunftsweisenden Neuen” und stellt wichtige Überlegungen zum anhaltenden “Streit der Ideen” vor, die die Planungen begleiteten.

Stella begegnet in seinem Buch dem Berliner Vorwurf des “Fassadismus”

Die rekonstruierte Fassade war in der Vergangenheit und auch in der jetzigen Gegenwart immer wieder Zielscheibe der Kritik, so dass sich Stella in seinem Buch genügend Raum einräumt, um der Berliner Debatte mit dem Vorwurf des „Fassadismus“  die Stirn zu bieten.

Stella spricht von einer „ungewöhnlichen Rekonstruktion“ aufgrund der Kombination des rekonstruierten Alten mit dem modernen Neuen, betont aber mit dem Hinweis auf die Identität des historischen Zentrums Berlins, dass mit der Rekonstruktion des Schlosses der „räumliche Maßstab der umliegenden Plätze wiedergewonnen wurde“.

Zahlreiche Zeichnungen und Schnittansichten werden im Buch gezeigt

Auch dem abgerissenen Palast der Republik, an dessen Platz schließlich das Humboldt Forum errichtet wurde gibt er im Buch genügend Platz mit dementsprechender Würdigung.

Erwähnenswert ist das gewählte großzügige Buchformat, was einen repräsentativen Rahmen bildet für die zahlreichen Zeichnungen, Schnittansichten und Schnittperspektiven, die enthalten sind.  Auch die Fotodokumentationen nach Fertigstellung des Gebäudes ist ansprechend gestaltet.

Ein Werk für Architekturinteressierte und geschichtsbewusste Leserinnen und Leser

Das Buch ist für Architekturinteressierte, aber auch für geschichtsbewusste Personen, speziell was die historische Mitte Berlins angeht, nur zu empfehlen. Beeindruckend ist auch der historische Bezug zu vielen Elementen der italienischen Vorbilder, wie etwa Michelangelos Bauwerke oder Kirchenbauten in Rom.

Für künftige Architektinnen und Architekten, die sich dem Thema Rekonstruktion verschrieben haben, ist dieses Buch ein beachtenswertes Werk mit vielschichtigen Hintergrundbetrachtungen.

 

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Berliner Schloss – Humboldt Forum

Herausgeber: Wasmuth & Zohlen Verlag
Autor: Franco Stella

Umfang: 152 Seiten
Sprache: deutsch / englisch
ISBN: 3803023831

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