Der Einsturzrisiko-Stahl der Dresdner Carolabrücke beschäftigt nun auch Berlin: Mindestens vier Brücken sind betroffen und müssen in den kommenden Jahren abgerissen werden. Somit kommen auf den Prenzlauer Berg mehrere Brückenbauprojekte zu, die teilweise zeitgleich umgesetzt werden müssen.
© Visualisierungen: WKP Planungsbüro für Bauwesen GmbH
Bereits in der vergangenen Woche haben wir über den notwendigen Abriss einer wichtigen Verkehrsbrücke im Berliner Osten berichtet. Die Straßenbrücke über die Ringbahn am S-Bahnhof Landsberger Allee, eine der zentralen Verbindungswege im östlichen Zentrum Berlins, ist davon betroffen.
Grund für die Abrisspläne: Die Senatsverkehrsverwaltung hat bestätigt, dass der verwendete Stahl aus demselben Werk stammt wie der der kürzlich eingestürzten Carolabrücke in Dresden. Die Brücke besteht aus mehreren Einzelbrücken, die zu DDR-Zeiten errichtet wurden.
Risiko-Stahl aus Hennigsdorf wurde in mehreren Berliner Brücken verbaut
Die dabei verwendeten Brückenplatten stammen aus dem Hennigsdorfer Stahlwerk, dessen Stahl für seine Spannungsrisskorrosionsanfälligkeit bekannt ist. Diese Anfälligkeit hat bereits zum Einsturz der Carolabrücke in Dresden geführt.
Nun wurde bekannt, dass der Risikostahl noch beim Bau dreier weiterer Brücken verwendet wurde, die sich über die Gleise der Berliner Ringbahn erstrecken, wie Der Tagesspiegel berichtet. Auch diese drei Brücken müssen in den kommenden Jahren abgerissen werden.
Abriss und Neubau notwendig: Brücken an der Pappelallee, Kniprodestraße und Dunckerstraße
Betroffen sind die Brücken an der Pappelallee, Kniprodestraße und Dunckerstraße, allesamt in Prenzlauer Berg verortet. Für zwei dieser drei Brücken gibt es allerdings bereits konkrete Abriss- und Neubaupläne. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz hatte etwa im Oktober 2024 mitgeteilt, dass der Abriss und Neubau der 1976 errichteten Dunckerstraßenbrücke im Jahr 2026 starten soll.
Die Bauzeit für den Neubau der Dunckerstraßenbrücke wird mit 15 Monaten angegeben, das Projekt ist mit einem Budget von 8,5 Millionen Euro ausgestattet. Laut Senatsverwaltung wird der Verkehr während der Bauzeit umgeleitet, lediglich Fußgänger und Radfahrer dürfen die Baustelle weiterhin überqueren.
Für den Neubau der Brücke an der Pappelallee sind 5,2 Millionen Euro eingeplant
So konkret sind die Planungen für die Brücke an der Pappelallee längst noch nicht, ein konkreter Zeitplan für den Abriss und Neubau liegt für diese Brücke bislang noch nicht vor. Immerhin aber wurde die Brücke kurzfristig in die Berliner Investitionsplanung für 2024-2028 aufgenommen.
Für den Neubau plant der Berliner Senat mit einer Investitionssumme von 5,2 Millionen Euro. Allerdings wird die erste kleine Finanzierungsrate erst 2028 bereitgestellt – frühestens dann könnte die Projektplanung starten. So ist also noch Geduld gefragt, bis tatsächlich mit dem Abriss begonnen werden kann.
Kniprodestraße: Brücken-Neubau wurde Anfang 2024 verschoben – Zeitplan unklar
Die Kniprodestraßenbrücke sollte ursprünglich in den Jahren 2025 bis 2027 erneuert werden, doch ein konkreter Zeitplan fehlt mittlerweile. Anfang 2024 wurde der Neubau wegen Ressourcenmangels verschoben. Laut Senatsverwaltung müsse der Abriss mit den benachbarten Brücken an Pappelallee, Duncker- und Kniprodestraße abgestimmt werden, was jahrelange Sperrungen der Ringbahn mit sich bringen könnte.
Die neuen Erkenntnisse zum Risiko-Spannstahl haben die Priorität der Kniprodestraßenbrücke laut Tagesspiegel allerdings erhöht. Das Projekt soll 2025 in die Investitionsplanung aufgenommen und die Planungen noch im selben Jahr beginnen.
Risiko-Stahl aus Hennigsdorf: Berliner Senat möchte offenbar kein Risiko eingehen
Die plötzliche Betriebsamkeit zeigt, dass der Berliner Senat das Risiko des verarbeiteten Stahls offenbar sehr ernst nimmt. Bauwerke aus dem Hennigsdorfer Stahl gelten mittlerweile als generell anfällig für „Spannungsrisskorrosion“. Das Material kann dabei plötzlich und ohne Vorwarnung versagen, was zu Einstürzen der betroffenen Brücken führen kann.
Ein Szenario, welches in der Regierungskoalition natürlich niemand verantworten möchte. So kommen auf den Prenzlauer Berg in den kommenden Jahren wohl mehrere Brückenbauprojekte zu, die teilweise zeitgleich ausgeführt werden müssen. Vor dem geplanten Neubau der Landsberger-Allee-Brücke soll bereits die Brücke an der Schönhauser Allee abgerissen und neu errichtet werden.
Schönhauser Allee in Pankow: Brückenprojekt soll 2027 beginnen
Der geplante Abriss und Neubau der Schönhauser-Allee-Brücke, der nach aktuellem Stand 2027 beginnen soll, wird erhebliche Auswirkungen auf den Verkehr im Ortsteil Prenzlauer Berg haben. Die Brücke, ein zentraler Knotenpunkt, wurde 1886 erbaut, in den folgenden Jahrzehnten immer wieder saniert und muss aufgrund ihres schlechten Zustands erneuert werden.
Ein weiteres Bauprojekt betrifft übrigens auch die Brücke an der Sonnenburger Straße, die für 3,5 Millionen Euro modernisiert werden soll. Diese neue Brücke wird vor allem für Radfahrer und Fußgänger ausgelegt und soll mit einer Breite von sieben Metern auch als Verweilort mit Aussichtsplattformen und Sitzgelegenheiten dienen.
Quellen: Bezirksamt Pankow, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, WKP Planungsbüro für Bauwesen GmbH, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Deutsche Bahn, Der Tagesspiegel
Ich weiß nicht, ob man Brücken, die gerade mal 15-20 Meter überspannen und aus Fertigteilen bestehen mit einer Brücke über die Elbe vergleichen sollte. Wenn die Brücken neu gebaut werden, dann kann man das auch in kurzer Zeit aus Fertigteilen bzw. aus Stahl realisieren. Ich befürchte jedoch, dass die Betonlobby gewinnen wird und die Berliner jahrelang gequält werden.