Der Umbau des Autobahndreiecks Funkturm könnte das historische Panorama rund um die Avus-Tribüne unwiederbringlich verändern, geplante Lärmschutzwände und eine neue Logistikfläche stoßen auf Widerstand. Der Eigentümer der Tribüne hat daher eine Alternativplanung vorgelegt, die den Verkehrsraum vor der Tribüne unter die Erde legen soll, um eine vielfältige Nutzung der Fläche zu ermöglichen.
© Visualisierungen: JANIESCH architektur
Text: Björn Leffler
Im Berliner Westen steht voraussichtlich ab dem kommenden Jahr – so ganz genau steht das tatsächlich noch nicht fest – der vieldiskutierte Umbau des Autobahndreiecks Funkturm bevor. Der Verkehrsknotenpunkt am mittlerweile geschlossenen, ehemaligen Kongresszentrum ICC, wird täglich von rund 230.000 Autos passiert.
Da sich diese Zahl einerseits in den kommenden Jahren nach Einschätzung des federführenden Unternehmens Deges (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) weiter erhöhen soll und das Bauwerk andererseits erheblich in die Jahre gekommen ist und nicht mehr den heutigen Standards entspricht, soll neu geplant und gebaut werden.
Autobahndreieck Funkturm: Im kommenden Jahr soll der Umbau beginnen – wahrscheinlich
Schon heute ist das Dreieck Funkturm ein Nadelöhr, auf dem es regelmäßig zum Stau kommt. Das soll laut Deges vor allem an der Konstruktion des Bauwerks liegen. Die Auf- und Abfahrten seien ein Wildwuchs und entsprechen nicht mehr den aktuellen Sicherheitsvorschriften.
Die historische Avus-Tribüne im Berliner Westend ist vom Umbau massiv betroffen
Zudem seien die 25 Brücken des Bauwerks marode, auf fünf gelten bereits Einschränkungen, auf vier weiteren Brücke werde das zeitnah ebenfalls geschehen. Der Sanierungsbedarf ist also definitiv gegeben. Die Auswirkungen dieses Verkehrsgroßprojekts auf die umliegenden Quartiere und Stadtteile werden immens sein, soviel steht bereits heute fest.
Einer dieser Bereiche wird die historische Avus-Tribüne sein, die sich unweit des Autobahndreiecks Funkturm befindet, die Autobahn A115 führt direkt am denkmalgeschützten Bauwerk entlang – noch. Denn dies könnte sich nach Informationen des Tagesspiegel zukünftig ändern. Denn im Rahmen des Neubaus des Autobahnknotens sollen die davor liegenden Fahrbahnen abgebaut werden.
Der Berliner Senat möchte gegenüber der Avus-Tribüne eine große Logistikfläche für die Messe Berlin realisieren
Geplant soll demnach in Zusammenarbeit der Messe Berlin und der Senatsverkehrsverwaltung die Errichtung eines großen Lkw-Parkplatzes sein, der als „Logistikfläche“ bezeichnet wird. Die Senatsverwaltung spricht dabei wohl von einer „Multifunktionsfläche“. Auch eine doppelstöckige Parklösung werde geprüft. Diese Information ruft nun die Denkmalschützer und den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf auf den Plan, die von dieser Lösung wenig halten.
Heutiger Eigentümer der Avus-Tribüne ist der Berliner Unternehmer Hamid Djadda, der von den Plänen ebenfalls überhaupt nicht begeistert ist und daher in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Architekten Christoph Janiesch eine alternative Variante erarbeitet hat. Janiesch interpretiert die aktuellen Planungen der Deges wie folgt: „In dem Zuge solle die Autobahnanbindung an die A100, sowie der Anschluss an die Messe optimiert werden. Die Verkehrsplanung sieht eine Trasse vor, die quer durch die ehemals legendäre Steilkurve führt. Dies führt zu einer Teilung der 138.000 qm großen Fläche. Die vorhandenen Baudenkmäler verlieren ihren Zusammenhang und die Fläche ist kaum nutzbar. Sollte wie beabsichtigt zudem eine Tank&Rast mit LKW Parkplätzen an dieser Stelle entstehen wird der Ort nicht mehr erlebbar.“
Architekt Christoph Janiesch will die bestehenden Trassen der A115 unter die Erde legen
Janieschs Konzept (siehe Abbildung oben) sieht daher vor, die bestehenden Trassen zu erhalten, allerdings unter die Erde zu legen und die darüber liegende Fläche ganz neu zu gestalten und für unterschiedliche Nutzungen verwendbar zu machen: „Eine Untertunnelung der Fläche ermöglicht einen Nutzungsmix für Ausstellungen, Hotels, Wohnen, Büros, Co-working, Start Up`s, Kita, sowie für ein Studentenwohnheim in parkähnlicher Atmosphäre. Auf Grund der Topographie der von bis zu 6 m tiefer gelegenen Fläche, lässt sich hier ideal eine Tiefgarage für die Messe, sowie für alle weiteren Nutzungen anlegen.“
Die Planungen der Deges sehen, zumindest derzeit, aber ganz anders aus. So sollen hohe, undurchsichtige Lärmschutzwände errichtet werden, die sowohl die Sicht auf die Tribüne als auch auf den Zielrichterturm verdecken. Dadurch würde das vertraute Panorama mit Funkturm, Avus-Tribüne, Zielrichterturm, Avus-Motel und ICC unwiederbringlich beeinträchtigt.
Auch das Langzeitprojekt „Stadteingang West“ spielt in die Planungen des Berliner Senats hinein
In die Planungen der Fläche rund um die Avus-Tribüne spielt natürlich auch das Langzeitprojekt „Stadteingang West“ hinein. Im Zuge dieser Planungen soll ein neues Hochhausquartier am Bahnhof Westkreuz, Wohnungen am ehemaligen Güterbahnhof Grunewald sowie auf dem Reitschulgelände und eben das besagte neue Logistikzentrum am Messegelände entstehen.
Bereits im Juni empfahl der Landesdenkmalrat aber, dass die Fahrbahn vor der Tribüne bis zur ehemaligen Nordkurve am Motel ein wichtiger Bestandteil des Stadtraums am Dreieck Funkturm sei. Die Verkehrsverwaltung und die Messe Berlin sind sich laut Tagesspiegel aber bereits einig, dass das Land Berlin die Flächen vom Bund erwerben sollte, um dort einen Lkw-Parkplatz oder eine Logistikfläche für den Messeverkehr zu schaffen.
Westend: Die historische Avus-Tribüne entstand 1936 und wurde bis 2021 saniert
Bislang allerdings ist Berlin noch nicht Eigentümer der betreffenden Fläche, so dass hier wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen zu sein scheint. Die Berliner Avus, einst die erste reine Autostraße und schnellste Rennstrecke der Welt, war Schauplatz zahlreicher Geschwindigkeitsrekorde. Bis 1936 wurde die Avus-Tribüne entlang der Rennstrecke errichtet.
Nach dem letzten Rennen in den 1990er-Jahren verfiel die legendäre Tribüne an der Nordschleife dann zusehends. 2006 wurde sie an einen privaten Investor verkauft, der Pläne zur Sanierung vorlegte. Nach dem Erwerb durch Hamid Djadda im Jahr 2015 wurde die Tribüne rechtzeitig zum 100-jährigen Jubiläum der Avus für neun Millionen Euro saniert. Seit 2021 bietet sie Platz für bis zu 330 Personen und dient als multifunktionaler Veranstaltungsraum.
Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier:
Quellen: JANIESCH architektur, Deges (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH), Der Tagesspiegel, Berliner Morgenpost
Im jetzigen Zustand wird die Sicht auf die “AVUS” durch Panels aus Sicherheitsgründen abgeschirmt. Diese könnte man entfernen wenn der Verkehr nicht mehr fliesst. Aber
Ein Stück Autobahn müsste bestehen bleiben als Teil des technischen Denkmals.
Die Idee dort die Trassen tief unter die Erde zu legen halte ich für die beste.
Bei der Gelegenheit sollte man auch einen Bunker miteinplanen
@ Changar: Bin ich dabei…
Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?