Die endgültige Entscheidung über den passenden Standort für den geplanten Stadion-Neubau von Hertha BSC ist von der Expertenkommission auf das Frühjahr 2025 verschoben worden. Grund dafür ist auch, dass Zweitligist Hertha BSC eine höhere Kapazität für das neue Stadion fordert. Nun soll geprüft werden, ob der mittlerweile favorisierte Standort an der Jesse-Owens-Allee für den Bau eines Stadions mit 50.000 Plätzen ausreicht.
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Text: Björn Leffler
Das Thema Stadion-Neubau für Hertha BSC wird weiter vorangetrieben und auch konkreter, gleichzeitig wurde eine endgültige Entscheidung jedoch noch einmal vertagt. Anfang des Jahres hatte die Senatsinnenverwaltung noch darüber informiert, dass erst nach der anstehenden Europameisterschaft neue Informationen zum Thema Stadion-Neubau von Hertha BSC zu erwarten seien.
Aus Kreisen der Koalitionspartner CDU und SPD erfuhr der RBB im April dieses Jahres, dass der Berliner Senat beschlossen hatte, das Planungsrecht für den Olympiapark an sich zu ziehen, was schließlich auch geschah. Und am gestrigen Mittwoch tagte dann auch wie angekündigt die Expertenkommission für das Thema Stadion-Neubau.
Innensenatorin Spranger: “Gute Gründe für Stadionneubau an der Jesse-Owens-Allee”
Innensenatorin Iris Spranger sprach sich gestern im Laufe des Tages noch via X (ehem. Twitter) für das Stadionprojekt aus: “Heute wird die Expertenkommission tagen. Es gibt gute Gründe, weshalb die Kommission einen Stadionneubau an der Jesse-Owens-Allee favorisiert.”
Zu einer Entscheidung konnte oder wollte sich die Kommission nach Informationen des RBB am Abend jedoch nicht durchringen, wie zu vernehmen war. Grund dafür soll unter anderem sein, dass der zukünftige Nutzer, Fußball-Bundesligist Hertha BSC, eine höhere Kapazität für den Stadionbau fordert.
Entscheidung über den Standort vertagt: Hertha BSC möchte ein größeres Stadion
Damit wäre der bislang favorisierte Standort am Lindeneck direkt neben dem Maifeld aus dem Rennen, da dort nur ein Stadion mit einer Kapazität von rund 45.000 Plätzen realisiert werden könnte, was bei vielen Hertha-Fans bereits auf Ablehnung gestoßen war. Hertha soll nun selbst mindestens 50.000 Plätze fordern, was allerdings nur an anderer Stelle im Olympiapark möglich wäre.
Ein neuer möglicher Standort auf einer Fläche entlang der Jesse-Owens-Allee direkt am S-Bahnhof Olympiastadion wurde bereits Anfang 2024 von der Expertenkommission favorisiert. Spranger betonte gestern, dass dieser Ort weniger Eingriffe in den denkmalgeschützten Olympiapark nötig machen würde.
Lindeneck-Grundstück ist aus dem Rennen? Standort am S-Bahnhof Olympiastadion besser geeignet
Zudem ließen sich Umweltaspekte und die Verkehrsanbindung leichter umsetzen als auf dem Lindeneck-Grundstück, welches nun eigentlich bereits vollends aus dem Rennen zu sein scheint. Dennoch sind offenbar weitere Prüfungen nötig. Ähnlich wie zuvor am Lindeneck wird das Gelände an der Jesse-Owens-Allee von einem Reitverein genutzt.
Der Reitclub am Olympiapark hatte sich zunächst öffentlich gegen die Stadionpläne gestellt, insbesondere weil die Vereinsleitung erst auf Umwegen davon erfuhr – eine Situation, die auch der Reitclub am Maifeld, der das Lindeneck nutzt, so erlebt hatte. Mittlerweile befinden sich allerdings der Reitverein, der Senat und Hertha BSC in intensiven und offenen Gesprächen, wie die Vereinsleitung dem RBB mitteilte.
Reitverein steht in Gesprächen mit Senatsverwaltung und Hertha BSC
Die Kommunikation sei „offen und transparent“, erklärten Karsten Trefflich, Präsident des Reitclubs am Olympiapark, und sein Stellvertreter Frank Kühlmann. „Sowohl Hertha als auch die Senatsverwaltung betonen ausdrücklich, dass eine einvernehmliche Lösung für unseren Reitclub gefunden werden soll,“ wird die Vereinsführung im RBB zitiert.
Es würden bereits verschiedene Optionen geprüft. Nach Angaben des Vereins trainieren derzeit rund 240 Mitglieder mit 60 Pferden im Reitclub am Olympiapark, viele davon sind Kinder und Jugendliche. Bei Hertha BSC scheint indes in den vergangenen Monaten die Erkenntnis gereift zu sein, dass eine Kapazität von nur 45.000 Plätzen langfristig nicht ausreichen wird und wirtschaftliche Nachteile mit sich brächte.
Hertha BSC muss ein finanzielles Konzept zur Realisierung des Stadions vorlegen
Zudem wird der finanziell angeschlagene Verein die zusätzliche Zeit gut nutzen können, um eine mögliche Finanzierung des Projekts zu konzipieren, die nur über externe Geldgeber und Kooperationspartner möglich wäre. Denn das Land Berlin bleibt dabei, dass Hertha den Bau des Stadions privat finanzieren muss.
Der Berliner Senat verfolgt das Projekt ganz sicher nicht nur aus reiner Partnerschaftlichkeit zu Hertha BSC, sondern hat ein eigenes Interesse, dass das Olympiapark-Areal weiterentwickelt wird, nicht zuletzt wegen der geplanten Olympia-Bewerbung für Olympische Spiele 2040.
Olympiapark im Westend: Berliner Senat treibt bauliche Weiterentwicklung voran
Im Rahmen einer solchen Bewerbung wären im Olympiapark weitrechende Investitionen in Modernisierung und Ausbau des Geländes nötig, die der Berliner Senat bereits auf dem Zettel hat. Diese Planung umfasst etwa die Sanierung der Maifeldtribünen sowie den Bau von Ausstellungsflächen für das Sportmuseum Berlin.
Des Weiteren ist die Renovierung der Tribünen des Olympiabades geplant, sowie die Anlage neuer Kunstrasenplätze für Hockey, Blindenfußball und Rugby. Zusätzlich soll ein neues Verkehrs- und Tourismuskonzept für den Park entwickelt werden, um ihn stärker für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Gesamtausgaben für diese Maßnahmen belaufen sich auf rund 140 Millionen Euro, wobei allein die Renovierung des Olympia-Sommerbades etwa 61 Millionen Euro ausmacht.
Gemäß der sogenannten “Vision 2030” wird der Gesamtinvestitionsbedarf für das Gelände auf etwa 380 Millionen Euro geschätzt. Laut Aussagen des Senats ist dieses Konzept nicht an eine Olympiabewerbung gekoppelt. Doch eine solche Kampagne würde die nötigen Gelder unkomplizierter und schneller verfügbar machen.
Wird das Stadionprojekt eine Rolle bei Herthas Präsidentschaftswahl im November spielen?
Für Herthas ambitionierte Stadionpläne bedeutet dies, dass die Bereitschaft des Berliner Senats, das denkmalgeschützte Areal auch baulich zu verändern und weiterzuentwickeln, ganz offenbar stärker gegeben ist als in den Vorgänger-Regierungen. Wichtigstes Thema bleibt nichtsdestotrotz die Finanzierbarkeit des Projekts auf Seiten des Zweitligisten.
Hertha BSC äußert sich bislang jedoch öffentlich nicht dazu, wie und in welcher Form ein solcher Stadionbau finanziert und umgesetzt werden könnte, betont allerdings, dass das Vorhaben weiterhin zu den wichtigsten Entwicklungsprojekten im Verein gehört. Ob das Projekt im Vorfeld der anstehenden Präsidentenwahl bei Hertha BSC eine entscheidende Rolle spielen wird, bleibt noch abzuwarten.
Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier:
Quellen: RBB, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Hertha BSC, Landessportbund Berlin, X (ehem. Twitter)
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