Der geplante Abriss des Cantianstadions im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark sollte eigentlich in dieser Woche beginnen, doch Naturschützer versuchen das Projekt in letzter Minute zu stoppen und bemängeln, dass der Artenschutz nicht ausreichend berücksichtigt worden ist. Der Berliner Landessportbund ruft nun zu einer Demonstration für die Umsetzung des Stadion-Neubaus auf.

Abriss oder nicht? Naturschützer versuchen derzeit, den Abriss des Cantianstadions im Jahnsportpark zu stoppen. / © Foto: IMAGO / Seeliger

© Foto Titelbild: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Text: Stephanie Engler

 

Der Abriss des Cantianstadions im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark sollte ursprünglich am 7. Oktober beginnen, doch das Projekt stößt auch weiterhin auf erheblichen Widerstand. Während der Berliner Senat den Abriss für notwendig hält, formieren sich Umweltschützer und Anwohnerinitiativen gegen die Pläne.

Das Projekt zur Neugestaltung des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks sieht den Bau Berlins erster inklusiver Sportarena vor. Der Neubau ist Teil einer umfassenden Umgestaltung, die den gesamten Sportpark zu einem Inklusionssportpark machen sowie mehr als 13 Schulstandorten als Trainingsort dienen soll.

Für den Verein Pfeffersport, Berlins größten Inklusionssportverein, ist dieser Schritt von zentraler Bedeutung. Denn das alte Cantianstadion, errichtet in den 1950er Jahren, genügt modernen Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Barrierefreiheit, nicht mehr. Ein vollständiger Neubau sei zudem unumgänglich, da ein Umbau laut Studien die notwendigen Anforderungen an Barrierefreiheit nicht erfüllen könnte.

Widerstand gegen den Abriss: Anwohner und Architekten protestieren

Trotz der Vorteile, die der Neubau für den Inklusionssport mit sich bringt, gibt es zahlreiche Gegner des Abrisses. Allen voran die Bürgerinitiative Jahnsportpark, die sich mit Demonstrationen und Petitionen gegen den Komplettabriss wehrt. Sie plädiert für den Erhalt des bestehenden Stadions und eine Modernisierung. Die Initiative kritisiert, dass der Neubau von 20.000 Sitzplätzen unnötig sei und argumentiert, dass der Erhalt des alten Gebäudes natürliche Ressourcen schone und nachhaltiger sei.

Auch Architekten und Kulturhistoriker wie Friedrich Tuczek von der Fachhochschule Erfurt haben sich gegen den Abriss ausgesprochen. Sie sehen das Cantianstadion als ein bedeutendes Denkmal der Ostmoderne an, das durch den geplanten Abriss unwiederbringlich zerstört würde. Die Kombination aus der ursprünglichen Tribüne, die 1951 für die Weltjugendfestspiele errichtet wurde, und den Ergänzungen zur 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 machen das Stadion einzigartig.

Arten- & Umweltschutz als Argument gegen den Abriss

Nun wird der Umweltverband NaturFreunde Berlin einen Eilantrag beim Berliner Verwaltungsgericht einreichen, um den Abriss zu stoppen, bis der Artenschutz ausreichend berücksichtigt wird. Die Bürgerinitiative Jahnsportpark schließt sich, wenig überraschend, diesem Vorhaben an.

Denn schon seit 2020 liegt laut Tagesspiegel der Senatsverwaltung ein eigenes Artenschutz-Gutachten vor, welches die Bedeutung der Stadiongebäude und der umliegenden Grünflächen für geschützte Vogel- und Fledermausarten betont. Im Zuge des Abrisses würden etwa 4.100 Quadratmeter ökologisch wertvolle Grünflächen versiegelt und rund 50 Bäume gefällt werden.

Jedoch wurden die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen, wie das Anbringen von Fledermausquartieren oder das Schaffen von Brutplätzen, nicht umgesetzt. Laut Artenschutzrechtlichem Fachbeitrag vom Juli 2024 hätten bis spätestens Ende Februar diesen Jahres alle Maßnahmen realisiert werden müssen, damit der Abriss wie geplant durchgeführt werden könnte.

Senat hält am Abriss fest, unklare Zukunft für das Neubauprojekt

Die Sprecherin der NaturFreunde, Caroline Seige, wies gegenüber dem Tagesspiegel daher darauf hin, dass bei rechtzeitiger Berücksichtigung der Artenschutzmaßnahmen unnötige Rechtskonflikte hätten vermieden werden können. Nun drohe das Projekt nicht nur aufgrund des Protests der Anwohner, sondern auch wegen Verstößen gegen das Naturschutzrecht ins Stocken zu geraten.

Trotz der kontroversen Debatte ist der Berliner Senat entschlossen, den Abriss fortzusetzen und den Sportpark neu zu gestalten. Die Bagger stehen bereit, und die Abrissfirmen wurden beauftragt. Doch angesichts des anhaltenden Widerstands und möglicher rechtlicher Auseinandersetzungen bleibt abzuwarten, ob das Projekt wie geplant umgesetzt werden kann.

Landessportbund ruft zu Demonstration für Stadion-Neubau auf

Der Landessportbund Berlin ruft laut Berliner Morgenpost für Freitag, den 11. Oktober, zu einer Demonstration auf dem Gelände des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks in Prenzlauer Berg auf, um für die Umsetzung der aktuellen Pläne zu werben. Der Sportbund äußert die Kritik, dass es in Berlin zu wenige barrierefreie Sportmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung gebe, was auch professionelle Para-Sportler betreffe.

Zudem wird durch den Berliner Sportbund angemerkt, dass der Neubau gemäß ursprünglicher Pläne bereits zu den Special Olympics World Games 2023 hätte fertiggestellt und genutzt werden sollen. Es sei nun dringend erforderlich, „die Planungen endlich umzusetzen“. Der Verband hebt außerdem hervor, dass mehr als 13 Schulen das Stadion für den Schulsport benötigen und Vereine wie ALBA Berlin, Empor und der oben bereits erwähnte Pfeffersport im Jahn-Sportpark beheimatet seien.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Quellen: NaturFreunde Berlin, Der Tagesspiegel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, O+M Architekten GmbH, Berliner Morgenpost, LOR Landschaftsarchitekten, Bürgerinitiative Jahnsportpark, Fachhochschule Erfurt, Verein Pfeffersport