Das „Rathausforum“-Projekt will Berlins östliches Zentrum nachhaltiger und zugänglicher machen, doch nicht alle sind überzeugt. Umweltaktivisten fordern alternative Lösungen zur Baumfällung, während Stadtplaner und Initiativen die Maßnahmen als sorgfältig abgewogen verteidigen. Derweil laufen die Arbeiten am Marx-Engels-Forum unvermindert weiter.

Ein ambitioniertes Stadtentwicklungsprojekt trifft auf Widerstand: Während Berlin sein „Rathausforum“-Gelände klimaresilient umgestaltet, kritisieren Umweltaktivisten die Fällung alter Bäume. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT
Am Donnerstag berichteten wir über den Beginn der Bauarbeiten für das Freiraumprojekt „Rathausforum“, welches auf dem Areal der einstigen Berliner Altstadt zwischen Marienkirche, Rotem Rathaus, dem heutigen Humboldt Forum sowie dem in den 1960er Jahren errichteten Fernsehturm realisiert werden soll.
Insgesamt knapp 34 Millionen Euro soll die Umgestaltung des „Rathausforum“-Geländes kosten. Das Geld wird aus dem Förderprogramm Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)“ sowie aus Investitionsmitteln des Landes Berlin in das Projekt fließen. Im Zuge der Baumaßnahmen soll laut Grün Berlin ein „Grünes Band für die Zukunft“ im Herzen Berlins entstehen, ein Großteil der heute versiegelten Flächen sollen entsiegelt und mit vielfältig nutzbaren Grünflächen versehen werden.
Umweltaktivisten protestieren gegen die Fällung der Bäume am Marx-Engels-Forum
Laut einem Bericht der Berliner Morgenpost hegte sich allerdings recht schnell unerwarteter Widerstand gegen die Baumfällungen, die für das Projekt in den vergangenen Tagen vorgenommen wurden. Denn im Zuge der vorbereitenden Arbeiten werden insgesamt 35 Bäume gefällt, darunter 23 im Uferbereich. Die Eingriffe wurden laut Grün Berlin sorgfältig abgewogen, der Erhalt bestehender Bäume stand im Fokus.
Alle gefällten Bäume werden nach Angaben der Projektverantwortlichen durch klimaresistente Neupflanzungen ersetzt, darunter Ungarische Eichen, Silberlinden und Japanische Schnurbäume. Umweltaktivisten des „Volksentscheids Baum“ protestierten am Mittwoch aber trotzdem gegen die Fällung der Bäume, die bereits begonnen hat.
Mittwoch: Umweltaktivisten des „Volksentscheids Baum“ protestierten gegen Baumfällungen
Die Aktivisten begrüßten zwar die Umbauten, die Berlin widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen sollen. Allerdings könne es keine unlösbare Herausforderung sein, Pflasterungen und Treppen so zu gestalten, dass Bäume erhalten bleiben. Die Planung habe die Fällung der Bäume als einzige Option betrachtet, was von Aktivisten bemängelt wird.
Grün Berlin erklärte hingegen, dass neben der Klimaresilienz auch die Entwicklungsperspektiven jedes Baumes geprüft worden seien. Einige der in den 1970er- und 1980er-Jahren dicht gepflanzten Bäume hätten sich gegenseitig beeinträchtigt, weshalb einzelne Gehölze entfernt werden müssten, um Licht, Nährstoffe und Wuchsraum für die verbleibenden Bäume zu sichern.
„Initiative Offene Mitte Berlin“ unterstützt das Vorgehen von „Grün Berlin“
Unterstützung erhält Grün Berlin nun von der Initiative Offene Mitte Berlin, die ein öffentliches Statement zu den laufenden Bauarbeiten veröffentlicht hat. Im Wortlaut heißt es dort: „Die Initiative Offene Mitte Berlin begrüßt die kürzlich gestartete Umgestaltung des Marx-Engels-Forums. Für diesen Bereich hat seit 2015 ein umfangreiches Planungs- und Partizipationsverfahren stattgefunden, das in dieser Dimension einzigartig war. In zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen konnten Bürgerinnen und Bürger ihre Vorstellungen einbringen, in einem internationalen Wettbewerb wurde der beste Entwurf ausgewählt. Auch die Initiative Offene Mitte Berlin hat sich an diesem Verfahren beteiligt.“
Die Initiative verdeutlicht in ihrem Statement, dass das Thema klimaresiliente Stadtgestaltung in diesem mehrjährigen Verfahren immer eine zentrale Rolle gespielt habe. Der derzeit in Umsetzung befindliche Entwurf des Büros RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten sei schließlich das Ergebnis dieses Verfahrens gewesen.
Baumfällungen notwendig, um Barrierefreiheit am Spreeufer zu gewährleisten?
Ziel sei eine klimaresiliente Umgestaltung des Bereichs, die unter anderem eine Entsiegelung von Flächen, die Umsetzung des Schwammstadt-Prinzips, das Pflanzen neuer Bäume sowie eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität umfasse. Daher wird dieser Entwurf von der Gruppe sehr positiv beurteilt, trotz der nun erfolgten Fällungen.
Ganz oben steht für die Initiative das Thema Barrierefreiheit: „Auch die Fällung von Bäumen wird von uns mitgetragen. Der Hintergrund der Baumfällungen ist die barrierefreie Umgestaltung des Spreeufers. Aktuell ist das Spreeufer nicht barrierefrei zugänglich, mobilitätseingeschränkte Personen können weder die Schiffsanlegestelle noch das Spreeufer erreichen. Die barrierefreie Umgestaltung des Spreeufers war deshalb ein wichtiges Anliegen vieler Bürgerinnen und Bürger.“
Initiative: Zugänglichkeit des Spreeufers für Personen mit Mobilitätseinschränkungen ohne Baumfällungen nicht möglich
Insbesondere die Ausgleichspflanzungen, die für die nun gefällten Bäume erfolgen sollen, werden von der Initiative herangezogen, um das gewählte Vorgehen zu verteidigen: „Dieses Thema wurde während des Partizipationsverfahrens intensiv diskutiert, und alle Beteiligten waren bemüht, diese Barrierefreiheit ohne größere Eingriffe zu realisieren. Dennoch war es nicht möglich, die nötigen Rampen ohne Baumfällungen zu planen. Allerdings werden die 35 gefällten Bäume durch 100 neue Bäume ersetzt. Deshalb halten wir die Kritik an den Baumfällungen für unberechtigt. Das Marx-Engels-Forum soll ein Ort für alle werden, dazu gehört auch die Zugänglichkeit für Personen mit Mobilitätseinschränkungen.“
Während Umweltaktivisten und Bürgerinitiativen sich in der Frage der Baumfällungen weiterhin uneins sind, liefen die Baumarbeiten am heutigen Freitag unvermindert weiter, trotz des starken Schneefalls, der die gefällten Bäume und das Marx-Engels-Forum unter einer dichten Schneedecke verschwinden ließ. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die verantwortliche Grün Berlin GmbH vom eingeschlagenen Weg noch einmal abrücken wird.
Quellen: Initiative Offene Mitte Berlin, Grün Berlin GmbH, Architektur Urbanistik Berlin, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Grün Berlin, Bezirksamt Mitte, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Das ganze Areal war die letzten Jahre nur ein Klo für obdachlose und Touristen.
Das Bäume gefällt werden ist klar ungünstig, aber ob diese die nächsten Jahre überleben würden ist zweifelhaft.
Ich glaube nicht an eine Zukunft dieser Fläche zwischen Fernsehturm und Stadtschloss.
Die jetzt geplanten Flächen werden nicht lange durchhalten, das Touristen und Veranstaltungs aufkommen wird das ganze in kürzester Zeit platt trampeln.
Im allgemeinen hat der Alexander Platz den Charakter einer runter gewirtschafteten und orientierungslosen Gesellschaft.
Müll, Dreck, Kriminalität und Verwahrlosung.
Das wird der neue Platz nicht ändern.
Zwischen Fernsehturm und Schloss befindet sich nicht der Alexanderplatz. Auf dem Gelände des Marx-Engels-Forum finden keine Veranstaltungen statt, auf dem Rathausforum eigentlich nur der jährliche Weihnachtsmarkt. Touristen gehören zu international bekannten Hauptstädten dazu. Die Formulierung einer „runter gewirtschafteten und orientierungslosen Gesellschaft“ ist übertrieben und ehrlich gesagt politisch ein bisschen fragwürdig. Abgesehen davon ist ihre Vorstellungen, dass man solche Zustände einfach ignorieren sollte, anstatt eine Neugestaltung zu wagen, auch ziemlich uninspirierend. Ich wünsche Ihnen eine optimistischere Sicht auf die Welt!