Wenn Baugrund knapp ist, müssen Wohnungen eben auf bestehende Wohnhäuser aufgesetzt werden. Bei einem Wohnungsbauvorhaben in der Steglitzer Lessingstraße entstehen so derzeit 110 neue Wohnungen. Ein Modellprojekt für die gesamte Stadt?
© Fotos: Pixabay / Björn Leffler
Text: Björn Leffler
Berlins aktueller Bausenator Andreas Geisel wird nicht müde, es zu betonen: Wenn Baugrund knapp ist, dann muss in Berlin eben vermehrt in die Höhe gebaut werden. Das meint einerseits, das zukünftige Bauprojekte von vornherein mit mehr Etagen geplant werden müssten und das „Diktat“ der Traufhöhe den Wohnungsbau nicht einschränken sollte.
Andererseits könnten auch bereits bestehende Wohnhäuser um weitere Stockwerke aufgestockt werden, wenn es die Statik zulässt. Dies wird nicht nur in Berlin immer häufiger vorgenommen. Eines von mehreren hiesigen Beispielen ist die Aufstockung eines vierstöckigen Wohnhauses an der Friedrichshainer Friedenstraße, welches saniert und um zwei Stockwerke ergänzt wurde. Die zusätzlichen Etagen wurden in Holzbauweise errichtet, um das Gewicht so gering wie möglich zu halten.
Bauprojekt mit Modellcharakter: Bau von 110 neuen Dachgeschosswohnungen
Das Vorgehen wurde mittlerweile in einer vergleichsweise „flachen“ Stadt wie Berlin mehrfach umgesetzt. Während es bei dem Bauvorhaben in Friedrichshain noch in kleinem Umfang realisiert wurde, wird in Berlin-Steglitz ein weitaus größeres Bauvorhaben dieser Art umgesetzt.
An der Lessingstraße baut die Charlottenburger Baugenossenschaft auf ihrem Bestandsbau insgesamt 110 neue, moderne Wohnungen. Das Konzept ist offenbar so spannend, dass sich Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel das Bauvorhaben in dieser Woche sogar persönlich angesehen hat.
Bis Sommer 2024 soll das Projekt abgeschlossen sein
Zudem sind die neu entstehenden Wohnungen offenbar sehr begehrt. In zwei Bauabschnitten entstehen die barrierefrei zugänglichen Etagen- und Maisonette-Wohnungen. Die ersten von ihnen sollen im Herbst 202 fertiggestellt werden. Das gesamte Projekt soll bis Sommer 2024 abgeschlossen sein.
Ein solcher Bau ist technisch hochanspruchsvoll: Dirk Enzesberger, Vorstand der Baugenossenschaft, formuliert es so: „Dieser Dachgeschossaufbau stellt nicht nur durch die beengte Lage eine logistische Herausforderung dar, der Aufbau erfolgt zudem auf bewohnten Bestandsgebäuden unter Nutzung eines fahrbaren Wetterschutzdachs.“
Hohe Komplexität, hohe Kosten – dennoch ein Erfolgsmodell?
Und dennoch könnten eben solche Projekte zukunftsweisenden Charakter in einer Stadt haben, in der Baugrundstücke immer knapper werden und die Wohnungsnot gleichzeitig immer größer wird. Denn auch im vergangenen Jahr ist Berlins Bevölkerung erneut gewachsen.
Günstig ist das freilich nicht. Das Projekt an der Steglitzer Lessingstraße hat ein Investitionsvolumen von rund 65 Millionen Euro. Denn allein mit dem Bau zusätzlicher Etagen ist es ja nicht getan. Auch Aufzüge werden hier neu errichtet. Hinzu kommt ein Fahrradhaus und ein neuer Spielplatz im Innenhof.
Zudem mussten die Fundamente des Bestandsgebäudes erneuert und das Gebäude für den Anschluss an die Fernwärme ertüchtigt werden. Und so kommen zu den 45 Millionen Euro für den Dachgeschoss-Neubau weitere 20 Millionen Euro für die übrigen Baumaßnahmen. Laut Bauherr ist das Projekt dennoch rentabel.
Die ersten 58 Mietwohnungen sollen im Herbst 2022 fertig sein
Bei diesem Projekt entstehen keine Eigentumswohnungen, sondern Mietwohnungen. Die Mietpreise für die neuen 58 Wohnungen, die im Herbst 2022 fertiggestellt werden, sollen bei 11,50 Euro (nettokalt) pro Quadratmeter Wohnfläche liegen.
Andreas Geisel erkannte im Rahmen des Baustellenrundgangs die hohe Komplexität und den nicht zu unterschätzenden Kostenfaktor für solche Aufstockungsprojekte. Er betonte aber, dass sich solche Projekte vor allem dann lohnen, wenn eine größere Zahl neuer Wohnungen entstehe, wie es in der Lessingstraße derzeit umgesetzt wird. Es wäre daher wenig überraschend, wenn in den kommenden Jahren weitere, ähnliche Projekte in Berlin umgesetzt werden.
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Quellen: Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Berliner Morgenpost, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
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