Um dem Problem von zu wenigen Fahrradstellplätzen an den Berliner Bahnhöfen entgegenzuwirken, plant die Stadt neben der Schaffung von zusätzlichen Stellplätzen überdies die Errichtung mehrerer Fahrradparkhäuser. Die Errichtung der Neubauten verzögert sich jedoch zunehmend. Gründe dafür sind komplexe Planungsverfahren und Personalmangel in den Bezirksämtern.

Mehr Fahrradstellplätze für Berlin? Die Stadt will zusätzliche Flächen in Parkhäusern an Bahnstationen schaffen. Der längst beschlossene Bau der Parkhäuser verzögert sich jedoch enorm.

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Text: Henriette Schubert

 

Immer mehr Menschen in Berlin entscheiden sich für das Fahrrad als Fortbewegungsmittel, um die umliegenden Bahnhöfe zu erreichen. Vor allem Pendler haben dabei das Problem, geeignete Abstellmöglichkeiten zu finden.

Dieses Problem wird aktuellen Verkehrsprognosen zufolge bis zum Jahr 2030 noch zunehmen, wie das Unternehmen Infravelo analysierte. Allein für den Berliner Hauptbahnhof und den dortigen S- und U-Bahnhof rechnet Infravelo mit insgesamt 1.345 neuen Abstellmöglichkeiten, die benötigt werden. Derzeit gibt es dort Platz für rund 310 Fahrräder.

Planungen für die Schaffung zusätzlicher Stellflächen an Bahnhöfen laufen bereits

Um diesem Trend gerecht zu werden, widmet sich Infravelo der generellen Schaffung zusätzlicher Stellplätze für Fahrräder an Berliner Bahnhöfen. Gesicherte Anlagen oder auch sogenannte „Doppelstockparker“ sind demnach für elf Bahnstationen vorgesehen. Wie eine Infravelo-Sprecherin mitteilte, sei die Vergabe der ausgeschriebenen Leistungen hierfür bereits erfolgt, so etwa an den Bahnhöfen Kottbusser Tor, Gleisdreieck, Südstern und Warschauer Straße.

Ein Beginn der Planung werde daher in Kürze erwartet und auch weitere Bezirke sollen folgen. Die notwendigen Flächenfreigaben liegen bereits aus den Bezirken Lichtenberg, Mitte, Neukölln, Reinickendorf und Spandau vor.

Ein Fahrradparkhaus für den Berliner Hauptbahnhof ist in Planung

Neben bloßen Abstellmöglichkeiten geht es jedoch auch um ganzheitliche Fahrradparkhäuser. Da Infravelo den Hauptbahnhof Berlin als besonders geeigneten Standort für ein solches Vorhaben betrachtet, erfolgen nun die ersten Schritte für die entsprechende Planung und Realisierung eines solchen Bauvorhabens.

Hierzu gäbe es nach Angaben des Unternehmens schon Vorabstimmungen. Auf eine Rückmeldung und Abstimmung bezüglich der verfügbaren Flächen warte man jedoch noch. Gleiches gelte ebenso für den ausgewählten Standort am S-Bahnhof Köpenick, der laut Analyse etwa 950 neue Stellplätze bis 2030 benötigt, denn die Station wird ab dem kommenden Jahr umgebaut und vergrößert. Wie Infravelo mitteilte, laufen zudem auch an anderen Orten Vorbereitungen für Fahrradparkhäuser.

jahrelanger Verzug beim geplanten Fahrradparkhaus am Ostkreuz

So soll am Ostkreuz eine Anlage entstehen, die nicht nur 2.000 Rädern Platz bietet, sondern auch Services, wie etwa eine Werkstatt, anbieten soll. Bereits Ende des Jahres 2019 wurde hierfür eine Machbarkeitsstudie erfolgreich abgeschlossen. Obwohl demnach die Realisierung möglich ist, wird die Inbetriebnahme erst für Anfang 2028 geplant.

Ursprünglich rechnete man mit einer Fertigstellung bis zum Jahr 2027, was ja auch nicht gerade zeitnah ist. Da es sich um ein anspruchsvolles Projekt handele, sei die verhältnismäßig lange Umsetzungsdauer jedoch gerechtfertigt, gibt das Unternehmen zu bedenken. Außerdem stünden Abstimmungen bezüglich des Bedarfs mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der Senatsverkehrsverwaltung für Verkehr sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einer schnelleren Umsetzung zusätzlich im Wege.

Fahrradparkhaus am Ostkreuz: Wettbewerb bis 2023, Baustart ab 2026

Doch die Sprecherin von Infravelo betont auch die Fortschritte des umfangreichen Vorhabens. Das erforderliche Bedarfsprogramm rund um das künftige Fahrradparkhaus am Ostkreuz sei bereits im Juni zur Prüfung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eingereicht worden.

Um das Fahrradparkhaus an diesem für den Berliner Osten so wichtigen Verkehrsknotenpunkt errichten zu können, sei damit ein weiterer Fortschritt erreicht worden. Nach der Genehmigung ist ein Planungswettbewerb vorgesehen, an den im Anschluss die Planungsleistung vergeben wird. Dies ist derzeit für das vierte Quartal 2023 geplant. Der finale Baustart hingegen wird seitens des Unternehmens bis Ende 2026 erwartet.

Verzögerungen auch an Standorten Haselhorst und Mahlsdorf

Eine vergleichbare Verzögerung zeigt sich auch an anderen Standorten, wie beispielsweise an den Bahnhöfen in Haselhorst und Mahlsdorf. Auch hier plant Infravelo die Errichtung von Fahrradparkhäusern, deren Machbarkeit bereits grundsätzlich bestätigt ist.

Momentan laufende Abstimmungen, insbesondere bezüglich der Flächensicherung, zwischen dem Unternehmen, der Berliner Mobilitätsverwaltung sowie den Bezirken Spandau und Marzahn-Hellersdorf würden jedoch dazu beitragen, dass auch hier die mögliche Inbetriebnahme weiter verschoben werden muss.

Trotz Zeitverzögerung: Weiterführung der Standortauswahl

Nach neuen Berechnungen geht Infravelo davon aus, dass die Anlage in Haselhorst im Herbst 2025 fertiggestellt sein könnte, während sich die Inbetriebnahme des Parkhauses am S-Bahnhof Mahlsdorf bis Anfang 2027 ziehen könnte, Stand jetzt.

Die Auswahl passender Standorte geht ungeachtet des mühsamen Planungsprozesses weiter voran. So arbeitet ein Planungsbüro bereits an einer Machbarkeitsstudie für ein Fahrradparkhaus am Bahnhof Landsberger Allee in im Stadtteil Prenzlauer Berg. Auch Untersuchungen und Abstimmungen auf Bezirksebene für einen Standort am Bahnhof Schöneweide würden derzeit vorangehen.

Personalmangel in der öffentlichen Verwaltung verzögert die Umsetzung

Zu wenig zuständiges Personal für den Aufgabenbereich Fahrradabstellanlagen sorge immer wieder für Planungsverzögerungen, wie auch Verkehrsstaatssekretärin Meike Niedbal bestätigt. Laut einer aktuellen parlamentarischen Anfrage des Linken-Abgeordneten Niklas Schenker seien für diesen Bereich neun Stellen vorgesehen, doch nur vier sind aktuell auch besetzt.

Um Abhilfe zu schaffen, sollen nicht nur Zuständigkeiten geändert werden. Auch Prüf-, Abstimmungs- und Planungsprozesse müssten minimiert und dadurch beschleunigt werden. Bisher oblag die Zuständigkeit für Fahrradabstellanlagen den Bezirken. Nun wird darüber nachgedacht, diese Zuständigkeit in die Senatsverwaltung zu verlegen, um die Bezirke zu entlasten und das Thema dadurch zu beschleunigen.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Soll ein Fahrradparkhaus erhalten: Der Berliner Hauptbahnhof am Regierungsviertel. Die Planungen zu diesem Vorhaben haben begonnen. 

Erst 2027 soll das Fahrradparkhaus am Ostkreuz fertig sein. Gründe sind eine komplexe Projektplanung und Personalmangel in der öffentlichen Verwaltung.

Quellen: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Bezirksamt Spandau, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Berliner Morgenpost, RBB

 

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