Auf der Kantstraße in Berlin-Charlottenburg soll ein neues  Mobilitätskonzept umgesetzt werden. Bis zur Wilmersdorfer Straße ist die Umsetzung einer Busspur und eines dauerhaften Radwegs geplant. Der Baustart soll Anfang 2023 erfolgen.

Eine der zentralen Straßen im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, die Kantstraße, soll ab Anfang 2023 umgebaut werden. / © Foto: Wikimedia Commons

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Text: Björn Leffler

 

Bereits im April diesen Jahres hatten wir über den geplanten Umbau der Kantstraße in Berlin-Charlottenburg berichtet. Hier soll ein neues Mobilitätskonzept umgesetzt werden, welches mit einer völligen Neuordnung des Straßenraums einhergehen wird. Schon jetzt ist der während der Corona-Pandemie geschaffene Pop-up Radweg, der von Radfahrern intensiv genutzt wird, umstritten.

Aber der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf will bei der Kantstraße noch einen Schritt weiter gehen. Der Straßenraum soll wischen den Verkehrsteilnehmern vollkommen neu aufgeteilt werden. Seit Längerem plant der Bezirk, mit Ladezonen den Lieferverkehr neu und besser zu organisieren. Zudem soll der öffentliche Nahverkehr auf der Kantstraße mehr Platz erhalten.

Kantstrasse: Bezirk und Senatsverwaltung streben Baustart Anfang 2023 an

Die Umsetzung dieser Pläne wird nun konkret. “Gemeinsam mit dem Bezirk streben wir eine Planung und auch eine Umsetzung Anfang 2023 an“, sagte Staatssekretärin Meike Niedbal am Mittwoch im Mobilitätsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.

Um dies zu erreichen, soll auf der Straße eine neue, eigene Busspur entstehen. Aber auch die bereits bestehende, eigene Fahrspur für Radfahrende soll weiterhin bestehen bleiben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Parkplätze für Autos wegfallen werden.

Der bestehende Pop-Up-Radweg soll zum geschützten Radweg werden

Zwischen Joachimsthaler Straße und Wilmersdorfer Straße soll demnach die rechte Fahrspur zu einem geschützten Radfahrstreifen werden, auf dem mittleren Streifen soll eine Busspur entstehen. Die linke Fahrspur bleibt weiterhin für den Autoverkehr nutzbar.

Burkhard Rhein, Abteilungsleiter Industrie-, Energie- und Infrastrukturpolitik bei den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg (UVB), sprach bei der geplanten Gestaltung der Kantstraße gegenüber der Berliner Morgenpost von einer sinnvollen Lösung.

Kantstraßen-Umbau: Unternehmen fordern Flächen für den Lieferverkehr

Der während der Corona-Pandemie kurzfristig eingeführte Pop-up-Radweg hatte laut Rhein durchaus zu Probleme geführt, weil Ladezonen häufig zugeparkt sind. “Das hat dazu geführt, dass sich Lieferanten weigern anzuliefern, weil sie die zweite Spur aufmachen müssten“, erklärt Rhein. Hierfür drohen entsprechend des Bußgeldkatalogs aber hohe Strafen. Die betroffenen Firmen und Verbände fordern daher, dass der Wirtschaftsverkehr entsprechend abgesichert ist, auch bei einer Neuaufteilung der Fahrspuren auf der Kantstraße.

Dass die Bedingungen für den Berliner Wirtschaftsverkehr dringend optimiert werden und mehr Flächen für die Belieferung von Restaurants und Geschäften, aber beispielsweise auch zum Parken für Pflegedienste entstehen müssen, ist seit Langem ein Thema. Eine Gesetzesgrundlage dazu aber hängt noch immer fest.

Berliner Gesetzesgrundlage für Optimierung des Lieferverkehrs steht aus

Im derzeit gültigen Berliner Mobilitätsgesetz, welches auch für den anstehenden Umbau der Kantstraße maßgeblich ist, fehlen noch immer entsprechende Kapitel zum Wirtschaftsverkehr und zur neuen Mobilität. Eigentlich sollten die beiden abschließenden Teile bereits Ende der vergangenen Legislaturperiode beschlossen werden. Der Plan scheiterte dann jedoch vor allem an Differenzen zwischen den Grünen und der SPD.

Aktuell läuft die Abstimmung zu den beiden Gesetzeskapiteln unter den sechs involvierten Senatsverwaltungen sowie der Senatskanzlei. Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Die Grünen) machte im Ausschuss allerdings deutlich, dass sie eine zeitnahe Einigung erwarte. In der Kantstraße soll aber unabhängig von dieser politischen Hängepartie dem Lieferverkehr entsprechender Raum eingeräumt werden.

Östliche Kantstraße: Schwierige Aufteilung von zwei Fahrspuren

Im westlichen Abschnitt der Kantstraße, zwischen Wilmersdorfer Straße und Dernburgstraße, steht allerdings weniger Platz zur Verfügung als im östlichen Teil, dort gibt es nur zwei Fahrspuren. Die rechte Spur soll, wie im östlichen Teil, weiter als Radfahrstreifen genutzt werden, abschnittsweise als geteilte Bus- und Fahrradspur.

Der linke Fahrstreifen soll ebenfalls im Mischverkehr von Autos und Bussen genutzt werden. Laden und Liefern soll in diesem Straßenabschnitt zukünftig in bisher zum Parken genutzten Bereichen im Seitenraum rechts der Fahrbahn ermöglicht werden, teilweise auch in Seitenstraßen. Auch hier müssen also Parkplätze wegfallen, um auch dem Lieferverkehr die notwendigen Flächen zu ermöglichen.

Lieferverkehr soll auf nachhaltige Mobilitätsformen umgestellt werden

Ziel des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf ist es zudem, den Lieferverkehr auf nachhaltige Mobilitätsformen wie kleinere Elektrofahrzeuge und Lastenräder umzustellen. Entstehen soll dazu ein Mikrodepot vor dem Messegelände, bei dem die zuzustellenden Waren abgeholt und anschließend verteilt werden können.

Vier weitere Depots plant Charlottenburg-Wilmersdorf bereits. Für die Lieferdienste sind zudem insgesamt 13 Entladepunkte entlang der Kantstraße vorgesehen, die im Zuge des geplanten Umbaus eingerichtet werden sollen. Die Umsetzung dieses Konzepts könnte Modellcharakter für weitere Straßen in Berlin haben.

 

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Quellen: Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, Berliner Morgenpost, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Wikipedia

 

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2 Comments

  1. […] Auch in Charlottenburg tut sich langsam etwas. Die Senatsmobilitätsverwaltung hat für die Kantstraße eine wegweisende Entscheidung getroffen: Die mit der Einführung des Pop-up-Radwegs dort noch beibehaltenen Parkplätze werden […]

  2. […] In der Kantstraße wurde im Frühjahr 2020 ein ‘Pop up – Radweg’ angelegt. Zuvor brauchte es viel Mut und Durchsetzungsvermögen, um diese Straße mit dem Fahrrad zu befahren. Um den Radweg zu ermöglichen, wurde in jede Richtung eine der beiden Auto-Fahrspuren zum Radweg erklärt. Im östlichen Teil der Kantstraße wurden die Parkplätze vom Bürgersteig zwischen Auto-Fahrspur und Radweg verlegt. Hier ist das nicht möglich, da quer zwischen Bäumen geparkt wird. Es gibt weiterhin keine Lieferanten-Parkplätze – das individuelle Fahrzeug braucht Platz. Lieferanten müssen daher in der zweiten Reihe parken und Radfahrer brauchen immer noch Umsicht, um heil hier durchzukommen. Das Fahrzeug auf dem Radweg im Bild links wird auch nicht etwa wegen Behinderung abgeschleppt, der Fahrer hatte eine Panne, und der Abschleppwagen gehört einem zur Hilfe gerufenen Mechaniker. Dass Radfahrer behinderndes Parken geahndet oder gar abgeschleppt wird, habe ich noch nicht gesehen. Jetzt soll allerdings der provisorische Radweg baulich etabliert und verbessert werden. […]

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