Berlins Einzelhandel befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Wie klassische Einzelhandelszentren neu belebt werden können, wurde nun auf einem “Zentrengipfel” diskutiert. Der Berliner Senat möchte immerhin mehr als eine halbe Milliarde Euro investieren, um die Standorte neu zu beleben.
© Foto Titelbild: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Text: Björn Leffler
Berlins Einzelhandel befindet sich – wie in vielen anderen deutschen Städten auch – in einem tiefgreifenden Wandel. Das hohe Angebot an Shopping Malls im gesamten Berliner Stadtgebiet und die veränderten Einkaufsgewohnheiten der Bevölkerung haben längst dazu geführt, dass einige der entstandenen Einkaufszentren so schlechte Besucherzahlen zu verzeichnen haben, dass sie in ihrer ursprünglichen Form nicht weitergeführt werden können.
Das hat dazu geführt, dass es in Berlin mittlerweile zahlreiche Umbauprojekte gibt, wie etwa beim “Boulevard Berlin” in Steglitz, dem Projekt “Kalle Neukölln” oder dem “Park-Center” in Treptow.
Shopping Malls und klassische Warenhäuser verlieren stetig Kunden
Nicht nur Shopping-Malls kämpfen in Berlin also mit strukturellen Herausforderungen und ausbleibenden Kunden, auch klassische Warenhäuser werden von einer wahren Umbauwelle erfasst. Hierzu gehörte unter anderem der geplante Umbau des Kaufhauses Karstadt am Hermannplatz (der vorerst auf Eis liegt) oder der vorgesehene Teilabriss des Karstadt-Hauses am Leopoldplatz im Wedding.
Am Montag hatte der Berliner Senat daher zu einem “Zentrengipfel” geladen, bei dem rund 100 Expertinnen und Experten über zukünftige Nutzungskonzepte für klassische Shopping- und Einzelhandelsstandorte diskutierten.
“Zentrengipfel” im alten C&A in Berlin-Neukölln mit über 100 Experten
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey und Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (beide SPD) hatten zu der Veranstaltung geladen. In dem seit vielen Jahren leer stehenden C&A-Kaufhaus an der Neuköllner Karl-Marx-Straße diskutierten Vertreter der zwölf Bezirke gemeinsam mit Fachverbänden und Unternehmen darüber, wie einzelne Förderprogramme zielgerichteter eingesetzt werden können.
In den nächsten zwölf Monaten sollen sie, gemeinsam mit Bezirken, Branchenverbänden und Partnern aus der Privatwirtschaft, die Bedarfe von zwölf ausgewählten Zentren erarbeiten. Anschließend wird geprüft, welche der 30 bestehenden Maßnahmen und Förderprogramme eingesetzt werden können und ob neue Lösungen notwendig sind.
Bezirke haben eigenständig die wichtigsten Standorte benannt
Die Bezirke haben eigenständig die Vorschläge gemacht, welches Zentrum besonders in den Blick genommen werden soll. Darunter sind, wenig überraschend, auch alle Standorte, bei denen Karstadt-Warenhäuser kürzlich geschlossen wurden oder im Zuge der GKK-Insolvenz vor der Schließung stehen.
Zu den zwölf Zentren gehören unter anderem die Müllerstraße, die Frankfurter Allee, die Schönhauser Allee Arcaden, Kurfürstendamm und Tauentzienstraße oder die Schloßstraße in Steglitz. Auch die Gorkistraße in Reinickendorf oder der Tempelhofer Damm gehören zur Auswahl.
Berlinweit wurden 80 Zentren definiert, die gefördert werden sollen
Insgesamt hat der Berliner Senat berlinweit rund 80 Zentren definiert, die von einer gezielten Förderung in den kommenden Jahren profitieren sollen. Die potenziellen Fördermittel stammen aus verschiedenen Quellen.
Stadtentwicklungssenator Gaebler erwähnte die Städtebauförderung, die jährlich über 120 Millionen Euro in 69 Gebieten investiert. Dazu gehört das Programm „Lebendige Zentren und Quartiere“, das multifunktionale öffentliche Räume schafft und die Anpassung an den Klimawandel unterstützt. Auch das Geschäftsstraßenmanagement wird gefördert.
Plätzeprogramm, Städtebauförderung und EU-Mittel sollen eingesetzt werden
Zu den 30 Förderinstrumenten des Landes Berlin zählen die “Wirtschaftsdienlichen Maßnahmen” (WdM) mit einem Projektvolumen von bis zu 750.000 Euro über fünf Jahre, finanziert durch EU-Mittel (40 Prozent), Senatsmittel (bis zu 20 Prozent) und Eigenmittel (mindestens 40 Prozent).
Das Berliner Plätzeprogramm hat seit 2009 rund 50 Plätze aufgewertet, auch dieser Topf soll herangezogen werden. Der Berliner Investitionsbonus unterstützt Gastronomie, Tourismus und Einzelhandelsstandorte mit zehn Millionen Euro in diesem und rund 15 Millionen Euro im nächsten Jahr.
Ob diese und weitere Förderprogramme helfen werden, die voranschreitende Strukturkrise zu meistern, wird sich noch zeigen. Derweil hat auch eines der prominentesten Einkaufszentren Berlins, das The Playce am Potsdamer Platz, spürbare Anlaufschwierigkeiten.
Potsdamer Platz: “The Playce” kämpft mit Startschwierigkeiten
Der Eigentümer hat rund 200 Millionen Euro in den Umbau der einstigen Potsdamer Platz Arkaden zum Einkaufszentrum The Playce investiert. Laut Centermanagement wurde die Zahl der Ladenflächen von etwa 130 auf rund 80 reduziert, wie kürzlich die Berliner Morgenpost berichtete.
Doch viele der Ladenflächen wurden bislang nicht eröffnet, der Umsatz der Einzelhändler und Gastronomen scheint sich nicht wie erwünscht zu entwickeln, die großen Besucherströme sind bislang ausgeblieben – schließlich befindet sich am Leipziger Platz, in unmittelbarer Nähe, ein weiteres Shopping Center – welches ebenfalls mit leerstehenden Ladenflächen zu kämpfen hat.
Am Potsdamer Platz sollen nun in den kommenden Wochen weitere Angebote eröffnen, so etwa ein Instagram-Museum, eine Erlebniswelt des Spielzeugherstellers Mattel und ein Laden der Modekette Snipes. Die bereits im Center ansässigen Händler versprechen sich durch die zusätzlichen Eröffnungen mehr Belebung im The Playce – ob diese eintreten wird, bleibt abzuwarten.
Quellen: Berliner Morgenpost, ECE Projektmanagement GmbH, DLE Land Development GmbH, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, GEWOBAG, Signa Real Estate, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Architektur Urbanistik Berlin
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2. November 2024
Es war ein städtebauplanerischer Fehler die Genehmigung der Vielzahl an Shopping-Centern. Auch in der Mall werden die nächsten Monate einige weitere Läden schließen, Leerstand gibt es ja bereits jetzt dort. Und gegen die “Mall” kommt das “um die Ecke” gelegene “The Playce” (weshalb mitten in Berlin ständig angelsächsische Bezeichnungen?) nicht an. Das Grundprobleme für die gesamte innerstädtische Shopping-Fläche sind die großen Einkaufszentren um die Stadt herum und selbstverständlich auch das Internet. Einkaufszentren wie z. B. in Wildau haben zwar auch vereinzelt Leerstand, aber den Vorteil, dass die Leute mit ihrem Auto kostenfrei vor den Geschäften parken können. Neben der ständigen Suche nach – immer weniger werdenden – Parkplätzen in der Stadt kommen die erheblichen Parkgebühren, ebenso in Parkhäusern, hinzu. Und solange die Politik nicht das Sub-Sub-Sub-Unternehmertum im Bereich der Paketdienste unterbindet und dort vernünftige Löhne durchsetzt, darüber hinaus dafür sorgt (übrigens auch aus Umweltgründen), dass Retouren von Warenbestellungen durch den Kunden gezahlt werden müssen, wird das Internet irgendwann den Innenstädten den Rest geben!