entwicklungsstadt berlin

Jede Zeit baut ihre Stadt.

Baustellenrundgang: Bis September 2024 wird das “Kalle Neukölln” fertig

An der Karl-Marx-Straße in Berlin-Neukölln wird derzeit ein 1970 errichtetes, ehemaliges Kaufhaus umgebaut und mit einem neuen Nutzungskonzept versehen. Im Rahmen eines Baustellenrundgangs konnten wir uns das fast fertige Gebäude einmal ansehen.

“Kalle Neukölln”: Die markante Fassadengestaltung des umgebauten Gebäudes ist von der Karl-Marx-Straße aus bereits gut zu sehen. / © Foto: Maruhn Real Estate Investment GmbH

© Fotos / Visualisierung: Maruhn Real Estate Investment GmbH
Text: Björn Leffler

 

Das hohe Angebot an Shopping Malls im gesamten Berliner Stadtgebiet hat längst dazu geführt, dass einige der entstandenen Einkaufszentren so schlechte Besucherzahlen zu verzeichnen haben, dass sie in ihrer ursprünglichen Form nicht weitergeführt werden können.

So werden mittlerweile zahlreiche einstige Kaufhäuser und Shopping Malls umgebaut und mit neuen Nutzungskonzepten versehen. Hierbei muss man allerdings unterscheiden zwischen den rund 70 Shopping Malls, die es berlinweit gibt, und den klassischen, häufig noch älteren Warenhäusern wie Karstadt oder Galeria Kaufhof, die deutlich stärker mit dem veränderten Kaufverhalten der Kunden zu kämpfen haben.

Klassische Warenhäuser sind finanziell längst unter Druck geraten

Für die klassischen Warenhäuser gibt es ebenfalls Umbauprojekte, welche die Bausubstanz zwar erhalten, das Nutzungskonzept aber tiefgreifend verändern sollen. Ein solches Projekt ist das “Kalle Neukölln” genannte Vorhaben, welches in der Neuköllner Karl-Marx-Straße umgesetzt wird.

Nach gut fünf Jahren Bauzeit werden nach der umfangreichen Neustrukturierung des ehemaligen Karstadt-Gebäudes ab Mitte April 2024 die ersten Mieter einziehen.

“Kalle Neukölln”: Erste Mieter ziehen ab April 2024 ein

Aufgrund einer offiziellen Presseeinladung durch das Team Code Zero referierte am 9. April Hans Stier, als Vertreter des Projektentwicklers Maruhn Real Estate Investments GmbH – kurz “MREI” – in einem knapp zweistündigen Rundgang über die noch vorhandene Baustelle zum aktuellen Stand des Projektes.

Das 1970 errichtete ehemalige Karstadt-Gebäude stand in den letzten zwanzig Jahren mehr oder weniger leer und der Bezirk Neukölln hatte neben einer möglichen Abrissvariante auch die Möglichkeit einer Revitalisierung ins Kalkül gezogen.

Die Bauherren investieren rund 200 Mio. Euro in das Umbauprojekt

Und so konnte mit politischem Engagement und der finanziellen Basis der MREI ein entsprechender Deal eingefädelt werden. Für einen mittleren siebenstelligen Betrag erwarb die MREI das Gebäude und hat mit einem Invest von rund 200 Millionen Euro ein Projekt realisiert, dass es in dieser Form in Berlin noch nicht gibt.

Es könnte ein Pilotprojekt werden, nicht nur für Berlin, sondern auch bundesweit. Das Nutzungskonzept, welches in dieser Art ganz neue Möglichkeiten sowohl für Vermieter als auch Betreiber bietet, kann als Blaupause dienen für viele Immobilien, die von der zunehmenden Krise des Einzelhandels betroffen sind.

“Kalle Neukölln” als Blaupause für viele andere Immobilien?

Hans Stier jedenfalls ist davon überzeugt, dass das „Kalle Neukölln“ einen Impuls für die kriselnden deutschen Innenstädte setzen wird, denn die Revitalisierung von alten Kaufhausgebäuden in Innenstadtlagen sieht er als ein Grundanliegen der Gesellschaft insgesamt.

Die von MREI beauftragten Architektenbüros Max Dudler, Auckett + Hesse, sowie Realace Architekten haben das Raumkonzept auf insgesamt sieben Geschossen (inkl. Dachgarten) und verfügbaren 50.000 Quadratmetern Bruttogeschossflächen entwickelt. Dabei werden als Nettoflächen 40.000 Quadratmeter vermarktet, wovon nur 3.500 Quadratmeter neu konzipiert wurden, die restlichen Flächen wurden aus dem Altbaubestand rekonstruiert.

Im “Kalle Neukölln” soll ein attraktives Arbeitsumfeld entstehen

Der Hintergrund für die Neugestaltung der Flächen ist, dass man für Unternehmensmitarbeiter eine Umgebung schaffen will, in der sie sich wohlfühlen können. Ein sicher wichtiger Aspekt hinsichtlich Produktivität bei der Arbeit generell, aber auch bei der Rekrutierung von Fachkräften.

Insgesamt sollen im Gebäude zukünftig rund viertausend Menschen arbeiten, die in den unterschiedlichsten Bereichen tätig sein werden. So wird im Erdgeschoss auf einer Fläche von 6.000 Quadratmetern als zentraler Anlaufpunkt ein Food-Market entstehen. Ein Wintergarten mit 500 Quadratmetern, der nicht vermietet wird, als Herzstück des Erdgeschosses soll ein für alle öffentlicher Treffpunkt werden.

Im Untergeschoss soll eine EDEKA-Filiale eröffnen

Im Untergeschoss wird sich der Einzelhandel auf 4.000 Quadratmetern präsentieren, zu dem auch die Lebensmittelkette EDEKA gehören wird. In den darüberliegenden fünf Geschossen werden auf insgesamt 26.000 Quadratmetern Büroflächen angeboten, die bisher zu sechzig Prozent untervermietet sind.

Einer der wichtigsten Ankermieter wird dabei die REFOX-Gruppe sein, die bereits seit Mitte April dieses Jahres das vierte und fünfte OG angemietet hat; als weiteren Inkubator zur Generierung von Office-Kunden erwartet man die DELTA-Gruppe aus Kapstadt, Südafrika.

Die Büroflächen sollen bis Juli 2024 komplett fertig werden

Die Büromieten liegen bei 25 bis 38 Euro je Quadratmeter netto. Die Projektverantwortlichen rechnen derzeit mit einer Fertigstellung der Office-Flächen bis Juli 2024. Ein Dachgeschoss – “Roof Garden” – mit insgesamt 4.000 Quadratmetern soll das Highlight des Umbaus werden, denn “man schenke den Berlinern einen tollen Ausblick auf ihre Stadt“, so Hans Stier.

Und tatsächlich könnte diese Dachterrasse für insgesamt 1.500 Personen (Feuerschutzkapazität) ein für Berlin und speziell für Neukölln außerordentlicher Event Space werden, denn immerhin hat der Stadtbezirk Neukölln weit über 300.000 Einwohner. Vor allem die Quartiere rund um die Karl-Marx-Straße sind dicht besiedelt und eng bebaut.

1.500 m² Dachterrasse mit Swimming Pool und Restaurantbereich

Neben der Aussicht in alle Richtungen bietet die Dachterrasse noch einen Swimmingpool mit den Ausmaßen 17 mal 3 Metern, der ganzjährig geöffnet sein soll. Zudem gibt es einen Restaurantbereich für 450 Personen. Das Dachgeschoss wird täglich bis 2 Uhr früh geöffnet und öffentlich zugänglich sein.

Hans Stein bezeichnete den Dachbereich in seiner Gestaltung als eine Fläche mit hohem Biotopfaktor bei ganzjähriger Nutzung. Neu bei der Vermietung – nicht im Officebereich – soll die Berechnung der Mietkosten sein, die nach dem generierten Umsatz der Mieter  bemessen werden soll.

Ein innovatives Mietpreismodell soll im “Kalle Neukölln” zum Einsatz kommen

Das ist einerseits ein neuer und spannender Ansatz, den man allerdings auch kritisch betrachten muss, denn bei einem Umsatzeinbruch der Unternehmen steht das Mietverhältnis für die Vermieter auf sehr wackeligen Füßen.

Der Baustellenrundgang hat jedoch gezeigt, dass das “Kalle Neukölln” ein durchaus positives Vorbild für weitere Großprojekte dieser Art sein kann, denn zum einen bietet das Gebäude nach der Komplettrekonstruktion den höchsten Klimastandard und zum zweiten wird ein Vorhaben umgesetzt, welches aufgrund der Erhaltung der alten Bausubstanz die CO2-Emmision während des Baus niedrig gehalten hat.

Die endgültige Fertigstellung des Projektes ist für den September 2024 vorgesehen. Bis dahin soll der Umfang der vermieteten Flächen von derzeit rund 60 Prozent noch deutlich überschritten werden. Auf die Projektteams wartet bis dahin noch einiges an Arbeit.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

© Foto: Maruhn Real Estate Investment GmbH

© Foto: Maruhn Real Estate Investment GmbH

Vision: So soll das “Kalle Neukölln” nach dem Umbau schließlich aussehen. / © Visualisierung: Maruhn Real Estate Investment GmbH

Weitere Projekte in Neukölln findet Ihr hier
Weitere Gewerbeprojekte sind hier zu finden

Quellen: Maruhn Real Estate Investment GmbH, Architektur Urbanistik Berlin, Wikipedia, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Deutsches Architektur Forum, xoio GmbH, Max Dudler, Aukett + Heese, Realace Architekten

 

Weitere Artikel zu ähnlichen Projekten findet Ihr hier:

HU-Projekt an der Invalidenstraße: Umbau des philologischen Instituts

Adenauerplatz: Aufwendiger Umbau des Panorama-Hotels hat begonnen

Flughafen Tegel: So läuft der Umbau im ehemaligen Terminalgebäude

Büroprojekt “X8 Berlin” in Kreuzberg: Umbau der Axel-Springer-Passage

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

1 Kommentar

  1. Birsner April 11, 2024

    Wie wird sich der Betrieb, insbesondere auf dem Dach, auf die Anwohner aus. Wird es zu laut?

Antworten

© 2024 entwicklungsstadt berlin

Thema von Anders Norén