Der Weiterbau der Stadtautobahn A100 bis nach Treptow bleibt ein heiß diskutiertes Thema. Der Verein “Paper Planes Berlin” schlägt nun eine vollkommen neue Nutzung vor: als vertikale Farm für Lebensmittel.

Vorschlag von “Paper Planes Berlin”: Umwidmung der Stadtautobahn A100 zwischen Neukölln und Treptow in eine vertikale Bio-Farm
© Visualisierung: Paper Planes Berlin / reindeer renderings

 

Bereits im April dieses Jahres haben wir über den breiten Widerstand gegen den Weiterbau der A100 berichtet. Nach aktuellem Verkehrsplan soll die Stadtautobahn nicht nur bis nach Treptow, sondern weiter durch den Stadtteil Friedrichshain bis zur Storkower Straße geführt werden.

Viele Bürgerinitiativen und Vereine, aber auch die in der derzeitigen Regierung beteiligte Partei Bündnis 90/Die Grünen sehen das innerstädtische Autobahnprojekt ausgesprochen kritisch.

Jahrzehntelanger Widerstand gegen den Weiterbau der A100

Die A 100 beginnt im Nordwesten Berlins als Verlängerung der Seestraße im Stadtteil Wedding und verläuft bis zum Autobahndreieck Charlottenburg. Die A 100 führt auch an der  südlichen Begrenzung des Tempelhofer Feldes entlang, ehe die Streckenführung nach Süden durch Neukölln geführt wird und letztlich in die A113 übergeht.

Der Weiterbau ist nach aktuellen Planungen in zwei Abschnitten vorgesehen. Der erste Abschnitt ist bereits im Bau und führt die Strecke entlang der Ringbahn und am ehemaligen Güterbahnhof Treptow vorbei bis zum Treptower Park. Hier soll die Autobahn nach Abschluss des derzeit laufenden Bauabschnitts enden.

Derzeit läuft der Weiterbau bis nach Treptow

Damit sind die Planungen aber noch nicht abgeschlossen. Der geplante, insgesamt 17. Bauabschnitt, soll die A100 von dort aus zum großen Teil unterirdisch bis zur Storkower Straße führen, wo die Autobahn dann dauerhaft enden soll.

Dass es alternativ zu breitem Protest auch eine alternative Vorgehensweise zur Verhinderung der Stadtautobahn geben könnte, zeigt nun der in Berlin ansässige Verein “Paper Planes”: Dieser schlägt eine Umwidmung der im Bau befindlichen Autobahntrasse in eine Art innerstädtische, vertikale Bio-Farm vor.

Innerstädtische Bio-Farm auf drei Kilometern Länge?

Konkret geht es um die 700 Millionen Euro teure, drei Kilometer lange Strecke zwischen Neukölln und Treptow, die sich derzeit wie oben beschrieben im Bau befindet.

Die im Rohbau weitgehend fertige Trasse soll nach Vorstellungen des Vereins zum innerstädtischen Landwirtschaftsbetrieb werden, mit künstlicher Beleuchtung und Klimatisierung, deren Energie von einem Solardach gewonnen wird. Auf diese Weise könnten die Lieferwege für landwirtschaftliche Erzeugnisse radikal reduziert werden.

Reduzierung der Lieferwege für landwirtschaftliche Produkte

Der ideengebende Verein “Paper Planes” wird von den Initiatoren selbst als Denkfabrik von etwa einem Dutzend Menschen aus den Bereichen Architektur, Stadtentwicklung, Mobilitätsforschung, Kultur und Marketing beschrieben. Es sind weitgehend dieselben Leute, die 2015 das Konzept der „Radbahn“ unter dem Viadukt der U1 entwickelt haben.

Da auch ein Rückbau des betonierten Autobahntroges eine immense Ressourcenverschwendung wäre, schlägt der Verein den Weiterbau des Projekts vor, allerdings mit vollkommen andersartiger Nutzung.

“Paper Planes”: Weiterbau, aber andere Nutzung

Denn nicht nur der Autoverkehr könnte reduziert werden. Global betrachtet sei die konventionelle Landwirtschaft ein noch bedeutenderer Umweltzerstörer und Klimaschädiger als der Autoverkehr.

Vertikale Farmen hingegen, wie sie die Mitglieder von “Paper Planes” auf der Autobahntrasse umsetzen wollen, funktionierten nicht nur unabhängig vom Wetter, sondern kämen auch ohne Pestizide und mit 90 Prozent weniger Bewässerung aus als herkömmliche Landbewirtschaftung.

Wetterunabhängige Landbewirtschaftung

Auch die unterschiedlichen Erzeugnisse, die in der vertikalen Farm produziert werden könnten, hat “Paper Planes” recherchiert: Prinzipiell könnten Gemüse und Speisepilze ebenso gezüchtet werden wie Algen und Insekten.

Die Idee für ein solches Projekt ist mitnichten exklusiv: Weltweit fließt zurzeit viel Kapital in den Aufbau ähnlicher Farmen, unter anderem in Ländern wie Dänemark, Süd-Korea oder auch in den USA. Die nötige Technik zur LED-Beleuchtung und Solarstromerzeugung entwickelt sich zudem in enormem Tempo.

Weitere, ähnliche Projekte weltweit

Wie realistisch eine Umfunktionierung der Trasse ist, hängt sicher auch davon ab, welche Parteien in der Abgeordnetenhauswahl am 26. September die Stimmen der Wähler*innen bekommen. Eine Regierungskoalition mit CDU- oder FDP-Beteiligung würde einer Umwidmung der Trasse mit Sicherheit nicht zustimmen.

Bei den Grünen und den Linken ist die Zustimmung für das Projekt aber durchaus gegeben. Eine innovative Idee, die ernsthaft diskutiert werden sollte, ist der Vorschlag allemal. Vor allem vor dem Hintergrund der von vielen Menschen gewünschten Verkehrswende.

Hier könnt ihr das englischsprachige Buch “Farm City: The Education of an Uraban Farmer” kaufen.

Gegen den Weiterbau der A100 formiert sich breiter Widerstand
CDU schlägt Solar-Überdachung der Stadtautobahn vor
Vision für das ICC: Zentrum für E-Mobilität in der City West
50.333 Unterschriften: Volksbegehren “Berlin autofrei” erfolgreich

Der Status Quo: Die im Bau befindliche Autobahntrasse
© Visualisierung: Paper Planes Berlin / reindeer renderings

Pläne von Senat und Bund: Weiterführung der A100 bis nach Treptow
© Visualisierung: Paper Planes Berlin / reindeer renderings

Idee des Vereins “Paper Planes”: Umwidmung der Autobahntrasse in eine vertikale Bio-Farm
© Visualisierung: Paper Planes Berlin / reindeer renderings

© Visualisierung: Paper Planes Berlin

© Visualisierung: Paper Planes Berlin

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5 Comments

  1. […] allerdings unter den derzeitigen, politischen Vorzeichen äußerst unsicher. Zuletzt wurde gar eine Umwidmung der bereits errichteten Trasse zwischen Neukölln und Treptow in eine vertikale Bio-Farm  ins Gespräch gebracht. Mit derlei fernen Zukunftsprognosen beschäftigen sich die […]

  2. […] City-Farm: Verein “Paper Planes” schlägt Umwidmung der A100 vor […]

  3. […] Mehr Informationen zum Projekt gibt es hier […]

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