Eine jahrzehntelange, juristische Hängepartie geht in die nächste Runde: Nun entschied das Berliner Kammergericht zugunsten des Landes Berlin, welches auf dem Areal des ehemaligen SEZ ein neues Quartier entwickeln möchte. Noch-Eigentümer Rainer Löhnitz muss das Grundstück zurück geben, droht aber mit dem Gang vor den Bundesgerichtshof.
Text und Fotos: Björn Leffler
Das Ringen um die Zukunft des ehemaligen Sport- und Erholungszentrums („SEZ“) im Berliner Stadtteil Friedrichshain ist eines der unrühmlichsten Beispiele für eine gescheiterte Entwicklung eines innerstädtischen Areals mit großem Potenzial.
Vor fast genau 40 Jahren, im März 1981, eröffnete das SEZ als DDR-Vorzeigebau. Erich Honecker persönlich wohnte der Eröffnungszeremonie bei. Wie auch der Palast der Republik war das Gebäude von einem schwedischen Architekturbüro geplant worden.
Das SEZ war ein DDR-Vorzeigeprojekt
Es gab auf dem fünf Hektar großen Areal gleich mehrere Lokale und vielfältige Sportunterhaltung von Aerobic, über Schwimmen bis zur Schlittschuhbahn. Der Eintritt betrug nur 50 Pfennig, da das Erholungszentrum staatlich erheblich gefördert wurde. Demzufolge zog das SEZ Besucher aus dem gesamten DDR-Gebiet an und avancierte zu einem der beliebtesten Sport- und Freizeitzentren des Landes. Vor allem das damals moderne Wellenbad war ausgesprochen beliebt.
Nach der Wende wurde das Gelände für den neuen Eigentümer, den Berliner Senat, schnell zu einer kostspieligen Angelegenheit, weshalb sukzessive mehrere der dort untergebrachten Sportstätten geschlossen wurden. Doch selbst ohne Betrieb verursachte der Bau Erhaltungskosten von 400.000 Euro jährlich. Der Senat wollte das SEZ letztlich nur noch loswerden und veräußerte das gesamte Gelände.
Rainer Löhnitz erwarb das Grundstück im Jahr 2003
Im Jahre 2003 erwarb der Leipziger Unternehmer Rainer Löhnitz das SEZ. Der versprach, es weiterhin als Sport- und Vergnügungspark zu betreiben. Die Realität sah jedoch anders aus: Den Schwimmbecken wurde schnell das Wasser abgelassen. In den vergangenen Jahren gab es lediglich einen reduzierten Sportbetrieb, während der Großteil des Areals sukzessive verfiel.
Aufgrund des akuten Bedarfs an attraktiven, innerstädtischen Wohnflächen und des mangelhaften Betriebs des SEZ durch Löhnitz wollte der Berliner Senat das Gelände demzufolge zurückfordern. 2018 klagte das Land Berlin auf Rückgabe des Geländes, da der Betreiber nach Auffassung Berlins nicht seinen Pflichten zur Aufrechterhaltung des Sport- und Freizeitbetriebes nachgekommen ist.
Der Senat möchte auf dem Areal ein gemischtes Quartier errichten
Der Senat hatte unlängst völlig andere Pläne für das Areal kommuniziert und bereits öffentlich ausgelegt. Der Bebauungsplan wurde dafür entsprechend angepasst. Auf dem Gelände sollten Voraussetzungen für die Errichtung einer urbanen, gemischt genutzten Bebauung mit hohem Wohnanteil geschaffen werden. Auch Gemeinbedarfsflächen, Schul- und Kitaflächen sowie eine öffentliche Grünfläche wurden konkret geplant.
Doch es kam anders, denn das Land unterlag im Gerichtsverfahren dem Leipziger Unternehmer. Das Gericht wies die Rückforderung ab. Begründung: Die Kaufverträge würden Löhnitz nicht verpflichten, hier weiter ein Schwimmbad anbieten zu müssen.
Die darauffolgende Kritik am Berliner Senat, in erster Linie an der damaligen Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher, war entsprechend hart, denn der Senat hatte offenbar schlampig verhandelt. Da der Senat aber gegen das Urteil Berufung eingelegt hatte, musste das das Thema neu verhandelt werden.
Das Kammergericht entschied zugunsten des Landes Berlin
Und siehe da: Anders als das Landgericht entschied das Berliner Kammergericht am vergangenen Freitag nicht für den Eigentümer, sondern für das Land Berlin. Löhnitz muss das Grundstück an der Ecke Landsberger Allee und Petersburger Straße auf das Land zurück überschreiben, wobei sämtliche Grundschulden gelöscht werden sollen.
Löhnitz wollte das Areal, dessen Streitwert mittlerweile auf rund 30 Millionen Euro beziffert wird, allerdings nicht für einen Euro wieder herausgeben, sondern wenigstens seine geleisteten Investitionen in Höhe von knapp einer Millionen Euro erstattet bekommen. Das Kammergericht wies diese Forderung ebenfalls zurück.
Während das Landgericht im Jahr 2018 in erster Instanz noch im Sinne des Käufers entschieden hatte, lehnte Berlins höchstes Gericht das Bestreben des Käufers nun ab. Löhnitz hatte hingegen im Vorfeld bereits angekündigt, bis vor den Bundesgerichtshof ziehen zu wollen. Das Urteil des Berliner Kammergerichts ist daher noch nicht rechtskräftig und die juristische Hängepartie möglicherweise noch nicht abgeschlossen.
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Quellen: Berliner Morgenpost, Berliner Zeitung, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
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2. November 2024