Auf dem Gelände des leerstehenden “Ring Centers 3” plant die Becken Development GmbH ein multifunktionales 128-Meter-Hochhaus mit neuen Wohn-, Freizeit- und Arbeitsflächen für die an dieser Stelle aufeinandertreffenden Bezirke Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg. Am Montag wurde das Projekt dem Berliner Baukollegium vorgestellt.
© Foto Titelbild: IMAGO / Schöning
Text: Björn Leffler
Im Rahmen der 104. Sitzung des Berliner Baukollegiums, die am vergangenen Montag verschiedene Bauvorhaben im Bezirk Lichtenberg behandelt hat, wurden Pläne für ein mögliches Hochhausprojekt auf dem Grundstück des heutigen “Ring Centers 3” öffentlich. Das Architekturbüro HemprichTophof präsentierte in einem Vortrag, wie das Grundstück zukünftig neu genutzt werden könnte.
Das Gebäude, welches 17 Jahre lang von Galeria Kaufhof genutzt worden war, steht seit Mitte August 2024 leer. Im April hatte der Insolvenzverwalter des angeschlagenen Kaufhauskonzerns bekannt gegeben, dass neben der Filiale im Ring-Center auch die Standorte Spandau und Tempelhof schließen müssen. Während die Filiale in Spandau vorerst gerettet werden konnte, mussten bundesweit neun der ursprünglich 16 betroffenen Filialen schließen.
Lichtenberg: Pläne für 128-Meter-Hochhaus auf Galeria-Grundstück
Nun wurde im Rahmen der Sitzung des Baukollegiums eine Nachnutzung für das Grundstück diskutiert, die einen völlig andersartigen Charakter haben soll – und verschiedenartige Anforderungen bedienen soll, die es vor allem im Bezirk Lichtenberg gibt.
Heiko Tenbergen von der Becken Development GmbH, der Grundstückseigentümerin des Areals, nannte eine mögliche Neuentwicklung des Baugrundstücks eine “einmalige Chance” für den umliegenden Stadtraum, in dem die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg direkt aneinander grenzen. Tenbergen überschrieb das Vorhaben daher mit dem Slogan “Lichtenberg wächst über sich hinaus”.
Hochhauspläne: “Lichtenberg wächst über sich hinaus”
Architektin Julia Tophof zeigte in ihrer Präsentation anschaulich, wie die Bebauung des Grundstücks zukünftig aussehen könnte. Denn die Becken Development GmbH möchte auf dem verhältnismäßig schmalen Grundstück ein rund 128 Meter hohes Gebäude errichten, welches gemäß des Berliner Hochhausleitbildes gemischt genutzt werden soll.
Demnach sollen in einem Sockelgebäude Nutzungsmöglichkeiten wie Vereins-, Sport- und Schulflächen, Arztpraxen oder Einzelhandelsangebote einziehen. Auch Flächen für Veranstaltungen und Freizeitangebote könnte es dort geben, in einem schlankeren, darüber liegenden Teil des geplanten Hochhauses könnten Büros und Wohnungen einziehen – natürlich abhängig davon, wie sich die Lärmkulisse rund um das neue Gebäude entwickeln wird.
Unsicherheit für das Projekt durch geplanten Weiterbau der A1oo
Denn das Hochhaus steht an einer schon heute stark verkehrsdominierten Stelle an der Frankfurter Allee, die zudem von der Ringbahn angefahren wird und, nach Plänen des Bundesverkehrsministeriums, in den kommenden Jahren eine Autobahntrasse erhalten wird, die mitten durch das heutige Ring-Center hindurchführen soll, oder darüber hinweg – noch ist das nicht klar.
Da derzeit die genaue Trassenplanung für die A100 noch nicht feststeht, gibt es für die Planung des Projekts damit eine große Variable, die im weiteren Planungsprozess noch berücksichtigt werden muss. Denn sollte im neuen Hochhaus der so dringend benötigte Wohnraum geschaffen werden, müssten die Wohnungen so eingerichtet werden, dass entsprechender Schallschutz gegeben ist oder sie in ausreichender Höhe über dem Verkehrslärm angesiedelt werden.
Frankfurter Allee: Auf dem Dach soll eine öffentlich zugängliche Terrasse entstehen
Auf dem Dach des geplanten Hochhauses planen die Bauherren einen weiteren öffentlich zugänglichen Bereich, dort soll eine Dachterrasse eingerichtet werden. Julia Tophof merkte zum Schluss ihres Vortrags dann auch an, dass auch die Gestaltung der Außenbereiche ein wichtiger Teil des Projekts sind, aber dass vor allem dieser Teil des Projekts stark von der Planung der künftigen Autobahntrasse abhängig ist.
Vom Bezirk Lichtenberg nahm Britta Brauer, Leiterin des Stadtplanungsamtes des Bezirks, Stellung zu den vorgestellten Plänen. Brauer betonte, dass der heutige Stadtraum bislang noch deutlich unter seinen Möglichkeiten bleibe, vor allem weil der Bereich eine Art Eingangssituation für den Bezirk Lichtenberg bildet.
Bezirk begrüßt die Pläne, aber fordert eine Zwischennutzung für das Galeria-Gebäude
Daher begrüßt der Bezirk die Pläne, diesen “neuralgischen Punkt” neu zu denken und ihn “nachhaltig zu transformieren“, wie Brauer es nennt. Sie machte aber auch klar, dass das Projekt aufgrund der stark frequentierten Lage des Grundstücks eine stadtplanerische und architektonische Herausforderung für die Projektbeteiligten darstellen wird.
Brauer berichtete, dass es bereits in den 1990er Jahren Pläne gab, an gleicher Stelle ein Hochhaus zu errichten, was letztlich aber nicht realisiert wurde. Dass ein Hochhaus an der Stelle durchaus Sinn macht, zeige aus Brauers Sicht das direkt gegenüber liegende „Quartier am Rathauspark“, ein von der HOWOGE realisiertes Wohn- und Gewerbequartier mit einem rund 68 Meter hohen Büroturm.
Baukollegium spricht sich für das Hochhausprojekt aus, mit einer Höhe von rund 100 Metern
Das Baukollegium sprach sich grundsätzlich für den Bau eines Hochhauses an diesem Standort aus, empfahl jedoch, die Höhe auf etwa 100 Meter zu begrenzen. Auch die Lichtenberger Bezirkspolitik zeigt sich insgesamt wohlwollend: Die CDU-Fraktion forderte das Bezirksamt auf, den Bebauungsplan so anzupassen, dass der Bau eines multifunktionalen Hochhauses ermöglicht wird, was auch der Nachbarschaft zugutekäme.
Lennart Birkenthal, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU, betonte laut Berliner Morgenpost dabei die Notwendigkeit schneller Entscheidungen. Die SPD-Fraktion begrüßt das Projekt ebenfalls, da es das Eingangstor nach Lichtenberg vervollständigen könnte. Sie wies jedoch darauf hin, dass eine Zwischennutzung für die freien Flächen wichtig sei und schlug dafür bereits einen Indoorspielplatz vor, der im nun leerstehenden Galeria-Gebäude entstehen könnte.
Die Planungen für das Hochhausprojekt stehen noch ganz am Anfang
Die Planung für ein Hochhaus auf dem Gelände des einstigen Galeria-Standorts am Ring-Center steht derzeit noch ganz am Anfang, viele Detailfragen sind noch zu klären. Doch die positive Rückmeldung von Bezirk und Baukollegium macht den Bauherren Mut, ihr Vorhaben an der Frankfurter Allee in den kommenden Jahren umsetzen zu können.
Das Ring-Center wird seine Gestalt in den kommenden Jahren also stark verändern. Eröffnet wurde der Komplex im Oktober 1995 westlich der Ringbahn. Architekten für das erste von später drei Gebäuden waren Hentrich-Petschnigg & Partner International aus Berlin sowie Jost Hernig und Manfred Stanek aus Hamburg.
Geplanter Umbau: Das “Ring Center I” wird ab 2025 umfassend neugestaltet
Nachträglich wurde diesem Gebäudeteil der Name “Ring Center I” gegeben, denn 1997 und 2005 wurden auf der östlichen Seite der Ringbahn eben die zwei Erweiterungen realisiert. Nach Plänen des Büros Graft Architects soll das “Ring Center I” nun bis 2025 umgebaut werden, eine Baugenehmigung liegt bereits vor.
Der Umbau wird nach Vorstellungen des Bauherren Kintyre umgesetzt. Nur noch drei von fünf Ebenen sollen nach dem Umbau für Einzelhandel und Nahversorgung genutzt werden. In den oberen zwei Etagen soll hingegen Platz für Büros, Arztpraxen und Freizeitangebote geschaffen werden.
Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier:
Quellen: Architekturbüro HemprichTophof, Becken Development GmbH, 104. Sitzung des Berliner Baukollegiums, Berliner Morgenpost, Hentrich-Petschnigg & Partner International, Graft Architects, Kintyre
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