Berlins Schneller-Bauen-Gesetz als Antwort auf den Wohnraummangel? Wie Prozesse gestrafft und Bauvorhaben schneller realisiert werden sollen, stellte Bausenator Christian Gaebler (SPD) im Rahmen der EXPO Real Estate in München vor. Dabei diskutierte er auch mit privaten Bauherren über Missstände und Optimierungspotenziale auf dem angespannten Wohnungsmarkt der Hauptstadtregion.
© Foto Titelbild: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Text: Björn Leffler
Auf der Münchner Immobilienmesse EXPO Real Estate präsentierte sich Berlins Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) mehrfach auf der Bühne des Gemeinschaftsstands von Berlin und Brandenburg. In einer Diskussionsrunde am Vormittag debattierte Gaebler mit Dr. Hinrich Horn von der Investitionsbank Berlin (IBB) und Petra Müller von der DLE Group über die Entwicklung des Wohnungsmarkts in der Hauptstadtregion.
Hinrich Horn skizzierte die drängenden Probleme auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt: Hohe Baukosten, ein schleppender Baufortschritt und stagnierende Fluktuationen im Mietmarkt belasten die aktuelle Lage. Auch die Nachfrage nach Wohnraum übersteigt weiterhin das Angebot.
Herausforderungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt: Fehlendes Bauland, langsame Prozesse
Eine Befragung von 1.500 Personen durch die IBB bestätigte zudem, dass die Nettokaltmieten kontinuierlich steigen, während das Angebot für preiswerten Wohnraum sinkt. Hemmende Faktoren wie langwierige Genehmigungsverfahren und unzureichendes Bauland erschweren den Wohnungsbau zusätzlich.
Christian Gaebler sieht in dem neuen Schneller-Bauen-Gesetz des Berliner Senats eine zentrale Maßnahme zur Beschleunigung des Neubaus und zur Bekämpfung der genannten Problemfelder. Das Gesetz, das Anfang des kommenden Jahres in Kraft treten soll, stellt Berlin aus seiner Sicht bundesweit an die Spitze der Reformbemühungen zur Wohnraumbeschaffung.
Schneller-Bauen-Gesetz und die Zukunft des Berliner Wohnungsmarktes
Gaebler ist daher zuversichtlich, dass dieses Gesetz die Bauprozesse in Berlin erheblich beschleunigen wird. Petra Müller, Co-Head of Development der DLE Group, unterstrich den hohen Stellenwert des Wohnens als Grundrecht. Die DLE Group setzt mit Projekten wie dem Neubauvorhaben in der Konrad-Wolf-Straße und dem geplanten „Landsberger Tor“ neue Akzente in der Berliner Wohnungsbaupolitik.
Ursprünglich als Gewerbegebiet vorgesehen, wurde das Konzept für das “Landsberger Tor” nach der Corona-Pandemie auf Wohnbebauung umgestellt. Müller betonte die Bedeutung sozial durchdachter Konzepte mit zusätzlichen Einrichtungen wie Arztpraxen, Fitnessstudios und Einzelhandelsflächen, um eine integrative Stadtentwicklung zu fördern.
Gaebler wünscht sich nachhaltige und integrierte Stadtplanung für Berlin
Gaebler erklärte, angesprochen auf die Entwicklung der vielen Berliner Wohnquartiere, dass beim geplanten Stadtquartier Neu-Lichterfelde endlich mit den Bauarbeiten begonnen werde, nachdem die Planungen einen viel zu langen Vorlauf hatten – immerhin 12 Jahre sind von der ersten Idee bis zum Baustart ins Land gezogen. Das Projekt der Groth-Gruppe sollte dann später noch einmal Thema sein, denn auch Thomas Groth, Geschäftsführer der Groth-Gruppe, sollte sich noch zu Gaebler auf die Bühne gesellen – und deutliche Worte finden.
Christian Gaebler betonte hingegen, dass eine integrierte Stadtplanung, die auch Kitas und Schulen berücksichtigt, entscheidend für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Stadtentwicklung sei. So werde beispielsweise beim umstrittenen Projekt Elisabeth-Aue angestrebt, die versiegelte Fläche im Vergleich zur ursprünglichen Planung um 40 Prozent zu reduzieren. Damit sollen ökologische Ausgleichsflächen geschaffen und eine nachhaltige Stadtplanung ermöglicht werden.
Berlins Wohnungsmarkt: Mehr Chancen als Herausforderungen im kommenden Jahr?
Für das nächste Jahr zeigte sich Hinrich Horn immerhin verhalten optimistisch. Die Dekarbonisierung von Gebäuden bleibe jedoch aufgrund hoher Kosten eine Herausforderung, die im Rahmen künftiger Entwicklungen stärker berücksichtigt werden müsse.
Petra Müller ergänzte, dass die Grundstimmung in der Branche positiver sei als in den Vorjahren und sich die Baukosten durch fallende Zinsen und eine verbesserte Lieferkettensituation stabilisieren könnten. Auf Bundesebene fordert Christian Gaebler trotz der positiven Signale aus der Branche eine intensivere Unterstützung durch die Regierungskoalition.
Christian Gaebler fordert mehr Unterstützung für Wohnprojekte des Berliner Senats
Abschließend betonte Gaebler noch einmal die Notwendigkeit, die Umsetzung von Projekten zu beschleunigen und den Diskussionsprozess zu verkürzen. Anhand des Beispiels der SEZ-Debatte verdeutlichte er, dass dringendere Prioritäten, wie die Schaffung von Wohnraum, Vorrang haben müssten. Er sehe den Wunsch vieler Menschen, einen Teil des maroden Spaßbads erhalten zu wollen, doch der Bau von finanzierbaren Wohnungen habe für den Senat ganz klar Vorrang, denn eine Sanierung des Komplexes wäre kostspielig und zeitintensiv.
Projekte sollten laut Gaebler nicht nur geplant, sondern auch konsequent realisiert werden – eine klare Forderung, um die drängende Wohnungsnot in Berlin zu lindern. Ganz offen kritisierte Gaebler dann die Tatsache, dass auch Themen wie Artenschutz immer wieder missbraucht würden, um unliebsame Projekte zu stoppen. Ein aktuelles Beispiel ist der geplante Neubau eines Leichtathletik-Stadions im Jahnsportpark, der durch Einwände von Naturschützern nun deutlich verzögert werden könnte.
Thomas Groth kritisiert lange Genehmigungsprozesse beim Bauprojekt Neu-Lichterfelde
Im Rahmen eines ausführlichen Vortrags stellte Christian Gaebler das Schneller-Bauen-Gesetz des Berliner Senats vor und zeigte auf, wie es, im Zusammenspiel mit der geplanten Berliner Verwaltungsreform, zur Beschleunigung der Bauprozesse beitragen soll. Ziel sei es, durch effizientere Verfahren im Bausektor den wachsenden Bedarf an Wohnraum in der Hauptstadtregion schneller zu decken.
Auf dem Podium äußerte sich, wie schon oben erwähnt, auch der Projektentwickler Thomas Groth kritisch zu den langwierigen Genehmigungsprozessen, die seinem Projekt Neu-Lichterfelde über ein Jahrzehnt Planungszeit abverlangt hatten.
Er betonte, dass das Schneller-Bauen-Gesetz zwar eine sinnvolle Reform darstelle, jedoch zu spät komme, um bereits laufende Großprojekte zu beschleunigen. Die vielschichtigen Abstimmungen zwischen Senat, Bezirken und Bauherren seien nach wie vor eine zentrale Hürde für Bauprojekte in Berlin.
Thomas Groth: Wachstum und Attraktivität der Hauptstadtregion sichern
Gaebler stimmte Groths Kritik zu und betonte, dass Genehmigungen nicht monatelang unbearbeitet bleiben dürften – eine klare Anforderung für die geplante Verwaltungsreform. Zudem sei es nach Ansicht des Stadtentwicklungssenators überhaupt nicht zielführend, dass Anliegen wie Arten- oder Denkmalschutz wichtige Bauprojekte jahrelang aufhielten.
Hier forderte Gaebler schnellere Entscheidungsfindungen und flexiblere Modelle, um Bauvorhaben nicht in ihrer Gesamtheit auszubremsen, wie es etwa beim Bauvorhaben Pankower Tor geschehen ist. So sollte es laut Gaebler möglich sein, nicht betroffene Bereiche eines Projekts parallel weiterzuentwickeln, um einen vollständigen Stillstand des Projekts auszuschließen. Thomas Groth unterstrich abschließend, dass für den langfristigen Erfolg der Hauptstadtregion ein deutlich schnelleres Bauen nötig sei, um Berlin weiterhin als attraktiven Standort zu erhalten. Der Auftrag an die Berliner Landespolitik ist am Dienstag also sehr deutlich formuliert worden.
Weitere Bilder zum Thema gibt es hier:
Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Groth Gruppe, EXPO Real Estate, DLE Group, Investitionsbank Berlin
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