Eines der größten Probleme Berlins sind die ständig wachsenden Müllmengen, die die Straßen und Parks der Stadt verunreinigen. Wir widmen uns dem Thema in einer dreiteiligen Mini-Reihe und zeigen im zweiten Teil mögliche Lösungen für das Problem auf. Dazu gehören Bürgerinitiativen genauso wie Reinigungsroboter oder BSR-Aktionstage.
Ein viel zu häufiges Bild in Berliner Parks: Müllberge im Umfeld von Mülleimern.
BERLINS MÜLLPROBLEM – Zweiter TEIL: Lösungsansätze
Im ersten Teil unserer Mini-Reihe “Berlins Müll-Problem” haben wir das Problemthema Müll in der Bundeshauptstadt thematisiert. Im zweiten Teil soll es nun darum gehen, Lösungsansätze aufzuzeigen, um die bestehenden Probleme mittel- und langfristig anzugehen.
Denn neben den offensichtlichen Lösungen bietet die Stadt individuell viele Optionen, um das Müllproblem zu beheben. Wichtig ist hierbei vor allem ein gewisses Maß an Eigeninitiative der Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt.
Wütende Anwohner entwickeln „Drop-Pit“ für faule Raucher
Strukturelle Lösungsansätze – wie etwa die Erhöhung der finanziellen Mittel für die Reinigung der Grünflächen und Grünanlagen oder das Einststellen von zusätzlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – sind nicht ausreichend, um kurzfristig das Müllproblem zu lösen.
Daher nehmen sich mittlerweile zahlreiche Bürgerinnen und Bürger eigenständig dem Thema an und gründen Anwohnerinitiativen. „Arnswalder Platz“ im Prenzlauer Berg ist eine von vielen solcher Initiativen in Berlin. Seit Jahren säubern und pflegen Anwohnerinnen und Anwohner den Arnswalder Platz. Aber nicht nur das. Die Initiatoren gehen auch innovative Wege, um das Zigaretten-Problem zu lösen.
Achtlos weggeworfene Kippen verunreinigen den Stadtplatz an vielen Stellen, vor allem an den Parkbänken. Ein in den Boden direkt unter der Parkbank eingebauter Aschenbecher, „DropPit“ genannt, ist nicht nur innovativ, sondern auch effektiv. So können faule Raucherinnen und Raucher ihre Kippenstummel einfach fallen lassen.
Sogenannte Clean-Up-Gruppen engagieren sich gemeinsam seit mehreren Jahren ehrenamtlich und freiwillig, in mehreren Berliner Bezirken, nicht nur in Prenzlauer Berg. Sie helfen nicht nur dabei, die Stadt zu reinigen, sondern leisten während ihrer Tätigkeit auch wichtige Aufklärungsarbeit.
Bussgeld in Höhe von 120 Euro – wenn es kontrolliert wird
Eine weitere Initiative ist „wirBerlin“. Auch Beate Ernst (die Initiatorin von „wirBerlin“) sieht, dass sich das Müllproblem “in der Coronazeit noch verschärft” hat, wie wir es im ersten Teil unserer Mini-Reihe beschrieben hatten. Um dem entgegenzuwirken, hilft die Initiative mit dem Verteilen des sogenannten „Park-Knigges“.
Dieser Flyer soll ein höheres Bewusstsein für das Müllproblem schaffen und weist in sechs Sprachen darauf hin, dass Zigarettenkippen und Kronkorken nicht einfach liegen gelassen werden sollten. Ein weiteres Problem, so Beate Ernst, sind auch fehlende Kontrollen: “Wie viele Leute wissen eigentlich, dass es einen Bußgeldkatalog gibt und was es bedeutet, wenn man eine Kippe einfach wegwirft?”
Kostenlose Sperrmüllentsorgungstage für Bürgerinnen und Bürger in Mitte
Hier wären in Berlin bei weggeworfenen Kippen, Einwegbechern und sogar Kaugummis bis zu 120 Euro Bußgeld fällig. Wenn die Strafen aufgrund von Personalmangel in den Ordnungsämtern aber nicht durchgesetzt werden können, haben sie wenig Abschreckungswirkung. Hier muss also zusätzliches Personal eingestellt werden.
Auch der Bezirk Mitte hat ein massives Müllproblem und geht hierbei speziell gegen den Sperrmüll vor. Mit Sperrmüllaktionstagen kämpft der Bezirk im Herzen der Hauptstadt gegen herumliegende Matratzen, kaputte Schränke und Altgeräte an. Insgesamt knapp 40.000 Kubikmeter Sperrmüll mussten im vergangenen Jahr entsorgt werden, was für den Bezirk 5 Millionen Euro Entsorgungskosten bedeutete.
BSR ermöglicht kostenlose Abgabe von Sperrmüll
Viele Einwohnerinnen und Einwohner hätten keine eigenen Möglichkeiten, ihren Sperrmüll zu Wertstoffhöfen zu bringen, so Stephan von Dassel, Bezirksbürgermeister des Bezirks Mitte. Seit 2022 gibt es nun die Aktion in Zusammenarbeit mit der BSR, in der Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bekommen, kostenlos ihren nicht benötigten Hausrat abzugeben.
Die sogenannten Sperrmülltage finden an ausgewählten Tagen und unterschiedlichen Orten im Jahr statt. Vor Ort wird ein BSR-Sammelfahrzeug für den Sperrmüll zur Verfügung gestellt. Finanziert wird die ganze Aktion aus dem Programm „Sauberes Berlin“ des Berliner Senats.
Größere Mülleimer, häufige Leerung, zusätzliche Mülltonnen im Sommer
Neben vielen weiteren Initiativen und Müllentsorgungsaktionen fordern viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt jedoch schlichtweg eine häufigere Entleerung von Mülleimern, die schnell voll sind und daher keinen Müll mehr aufnehmen können. Vor allem in den Sommermonaten ist dies ein Problem, insbesondere in den Grünflächen der Stadt, aber auch auf den Straßen und Gehwegen.
Zudem sind die Müllbehältnisse häufig zu klein. Vor allem in den warmen Monaten des Jahres, an denen die Menschen ihre Tage und Nächte gern in den Parks verbringen und auch Touristen die Stadt bevölkern, müssten zusätzliche und größere Müllbehältnisse aufgestellt werden. Hier sollte die BSR, falls die eigenen Kapazitäten nicht ausreichen, mit privaten Unternehmen zusammenarbeiten. Zur Finanzierung könnten auch anliegende Einzelhändler und Gewerbetreibende motiviert werden.
Reinigungsroboter sollen ab 2023 zum Einsatz kommen
Die BSR setzt im Kampf gegen die Vermüllung der Stadt aber auch auf motorisierte Hilfe. Autonom fahrende Reinigungsroboter könnten bereits ab dem nächsten Jahr auf Berliner Grünflächen zum Einsatz kommen.
Die BSR arbeitet gemeinsam mit dem Münchner Start-up Angsa Robotics an Maschinen, die vor allem kleinteiligen Müll wie Zigarettenstummel, Kronkorken oder Plastikschnipsel entfernen sollen. “Der Plan mit der BSR sieht vor, dass innerhalb des nächsten Jahres erste Testroboter für die BSR in Berlin zum Einsatz kommen“, sagte Angsa-Robotics-Mitgründer Bilal Tariq.
BSR reinigt seit 2016 Grünflächen und Parks in Berlin
Die Berliner Stadtreinigung reinigt in Berlin erst seit 2016 ausgewählte Parks und Grünflächen. Anders als auf asphaltierten Flächen können in den Grünanlagen keine konventionellen Kehrmaschinen eingesetzt werden. Die BSR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter müssen deswegen mit Greifzangen und ähnlichem Gerät agieren, was zeitaufwendig und körperlich anstrengend ist.
BSR-Angaben zufolge kooperiert das Berliner Landesunternehmen seit dem vergangenen Jahr mit dem Start-up aus München. Die Maschinen sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihrer Arbeit auf den Grünflächen der Stadt unterstützen, diese aber nicht ersetzen, wie das Unternehmen betont. Denn bedient und eingestellt werden müssen die Reinigungsroboter noch immer vom Menschen.
Gleis-Staubsaugerzug nach 23 Jahren in Ruhestand
Die Idee, automatisierte Staubsauger zur Müllbekämpfung einzusetzen, ist nicht gänzlich neu. Bahnsteige und Bahnhöfe gehören ebenfalls zu den Müll-Magneten der Stadt. Daher war seit 23 Jahren ein Staubsaugerzug (Oldtimer-Triebwagen Bauserie 1928-31) im nächtlichen Putzeinsatz auf den Gleisen Berlins unterwegs.
Der Vorteil des Sauberzugs war, dass die Stromschienen nicht abgeschaltet und auch keine Sicherheitsposten platziert werden mussten. Dieser rollende Zugstaubsauger, der pro Schicht acht Bahnsteiglängen von Abfall (Dosen, Spritzen, Pappbecher, Zigarettenstummel) mit einem Tempo von drei Kilometern pro Stunde befreite, ist bedauerlicherweise aufgrund irreparabler Schäden ausrangiert worden.
Stationärer Sauger “Vakmobile” reinigt Bahngleise und Bahnhöfe
Derzeit steht kein Ersatzputzzug zur Verfügung. Frühestens 2025 soll ein neuer Zugstaubsauger auf den Gleisen unterwegs sein. Bis dahin arbeitet vorübergehend das „Vakmobile“, ein stationärer Sauger aus Frankreich, auf den Bahnhöfen und Gleisen. Doch diese alternative Lösung ist zeit- und kostenintensiver als der ursprüngliche Staubsaugerzug.
An vielen Stellen Berlins wird also gegen die Vermüllung des Stadtraums, welche durch Bewohnerinnen und Bewohner aber auch Gäste der Stadt verursacht wird, angekämpft. Genauso wichtig wie die tatsächliche Beseitigung des Mülls wird es jedoch sein, ein entsprechendes Bewusstsein in den Köpfen der Menschen zu schaffen, dass der Müll nicht auf die Straße, sondern in Mülleimer, Mülltonnen oder in die Wertstoffhöfe der Stadt gehört.
Berlin braucht eine grosse Kampagne gegen das Müllproblem in der Stadt
Eine groß angelegte, prominente und breit beworbene Kommunikationskampagne des Berliner Senats könnte das Problem stärker im Bewusstsein der Bevölkerung verankern, auch wenn noch immer die Corona-Pandemie das dominierende Thema in den Medien und der Berliner Verwaltung darstellt.
Die Bekämpfung der “Egal”-Mentalität im Umgang mit Müllentsorgung wird ein zentrales Thema sein, um ein Umdenken der Menschen zu erreichen. Einfach wird dies sicher nicht, aber das heißt nicht, dass die Behörden vor dem Thema kapitulieren sollten. Ganz im Gegenteil.
Zum ersten Teil der Mini-Reihe gelangt Ihr hier
Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier:
Müssten häufiger geleert werden und größer sein: Mülleimer der BSR in Berlin.
Weitere Artikel zu ähnlichen Projekten findet Ihr hier:
Newsletter
Abo-Modell
Neue Artikel
2. November 2024
[…] Mögliche Wege aus Berlins Müll-Problem – Mini-Reihe, Teil 2 von 3 […]