Ein Umbauprojekt, welches offenbar kein Ende nehmen will: In Kreuzberg wurde Anfang 2019 nach langen Jahren der Vorplanung endlich der Umbau des Mehringplatzes begonnen. Dieser sollte bereits vor rund zwei Jahren abgeschlossen sein, läuft aber immer noch.
Wie man die Umgestaltung eines vernachlässigten Stadtplatzes erfolgreich und zügig umsetzt, wurde nur wenige Fußminuten entfernt vom Kreuzberger Mehringplatz – ebenfalls im Sanierungsgebiet südliche Friedrichstadt – vorgemacht, und zwar am nahegelegenen Besselpark.
Das Areal wurde umfassend umgestaltet und modernisiert. Neue Parkwege und Sitzmöglichkeiten wurden angelegt, Bäume und Hecken wurden gepflanzt und Grünflächen erweitert. Neue Sichtachsen, Erholungs- und Sportflächen sind entstanden.
Die Planungen für den Umbau liefen seit 2014
Ähnliches hatte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg auch mit dem Mehringplatz vor. Doch schon die Vorlaufzeit für das verhältnismäßig überschaubare Projekt – knapp sechs Millionen Euro sollten ursprünglich in den Umbau investiert werden – war erstaunlich lang.
Ein erstes Workshopverfahren zur Neugestaltung des Platzes gab es bereits vor rund acht Jahren. Begonnen hat der tatsächliche Umbau des Platzes allerdings erst 2019, abgeschlossen werden sollte er im April 2020. Wer sich die Baustelle derzeit ansieht, erkennt jedoch schnell, dass selbst ein Abschluss des Projekts im laufenden Jahr 2022 nicht garantiert ist.
Wann der Umbau abgeschlossen werden soll, ist derzeit offen
Vom Bezirksamt selbst ist derzeit keine Prognose zu erfahren, wann der offenbar schwierige Umbau abgeschlossen werden kann. Der Platz präsentiert sich im Moment jedenfalls nicht in einem Zustand, in dem man das Projekt “auf der Zielgeraden” wähnen würde. Große Teile des Platzes sind aufgerissen, tiefe Baugruben und zahlreiche Baumaterialien und Fahrzeuge prägen das Bild. Der Platz kann seit langem nicht überquert werden.
Immerhin sind jedoch auch schon fertige Teile des neuen Platzes zu erkennen, neue Sitzgelegenheiten und frisch gepflasterte Flächen. Es ist vorgesehen, den inneren Kreis des Mehringplatzes zu begrünen, was einen deutlichen Kontrast zur bisherigen Platzgestaltung darstellen würde.
Der Platz soll grüner, angenehmer und moderner werden
Die Fußgängerzonen-Bereiche auf und neben dem Platz und der südlichen Friedrichstraße werden bis zur Franz-Klühs-Straße mit Natursteinen gepflastert. Ebenso erneuert werden Stadtmobiliar und Beleuchtung. Seit 2014 steht der Mehringplatz zudem unter Denkmalschutz, daher mussten im Entwurf der Landschaftsarchitekten Arge Lavaland/Treibhaus auch diese Aspekte berücksichtigt werden.
Der Mehringplatz, der das südliche Ende der Friedrichstraße markiert, gehört nicht unbedingt zu den begehrtesten Wohnvierteln der Hauptstadt. Die zunehmende Verwahrlosung des Platzes und der umliegenden Straßenzüge veranlasste den Berliner Senat vor über zehn Jahren dazu, das Projekt “Sanierung südliche Friedrichstadt” ins Leben zu rufen.
Das Projekt ist Teil der “Sanierung südliche Friedrichstadt”
Die Neugestaltung des Mehringplatzes ist das Herzstück dieses Vorhabens und mit Sicherheit auch das wichtigste Teilprojekt. Allein mit der Neugestaltung der Platzfläche wird es aber sicher nicht getan sein, denn auch die in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen Sozialbauten bedürften einer grundlegenden Sanierung und Modernisierung – und im Idealfall auch einer architektonischen Aufwertung.
Die Geschichte des Platzes ist, historisch betrachtet, ein Trauerspiel. Ein Platz, der heute als architektonisch völlig missraten gelten muss, gehörte bis 1945 zu den prachtvollsten und schönsten Plätzen Berlins.
Bis 1946 hieß der Platz “Belle Alliance Platz”
Von 1734 bis 1815 hieß der Platz wegen seiner runden Grundform Das Rondell. Am 22. Oktober 1815 wurde er umbenannt und hieß bis 1946 “Belle-Alliance-Platz”. Im Februar 1945 wurden der Platz und die umliegenden Straßenzüge fast vollständig zerstört. Dem Platz wurde dabei seine aus der Luft sehr gut erkennbare, runde Form und die Nähe zur Innenstadt zum Verhängnis.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Platz als „total zerstört“ eingestuft. Die ursprüngliche Verkehrsführung blieb zwar bis in die späten 1960er Jahre erhalten, sie verlief jedoch durch kahles, unbebautes Gelände.
Hans Scharoun plante die Entwicklung des Platzes neu und vollkommen anders
In der völligen Zerstörung dieses Stadtraums sahen Stadtplaner und Architekten allerdings auch eine reizvolle Chance, den urbanen Raum vollkommen neu zu definieren und zu entwickeln. Der Architekt Hans Scharoun gewann einen Wettbewerb für die Bebauung des Mehringplatzes (1962). Ab 1968 übernahm Scharouns Schüler, Werner Düttmann, die Entwicklung des Platzes.
Die stadtplanerischen Vorgaben hatten sich inzwischen grundlegend geändert. Der Platz sollte nun ein verdichtetes Wohngebiet nach den Maßgaben des sozialen Wohnungsbaus werden. Da die finanziellen Mittel knapp waren, musste mit stark schematisierten, vorgefertigten Wohnmodulen gearbeitet werden.
Um den Mehringplatz herum wurde sozialer Wohnungsbau realisiert
So wurden zwei konzentrische Ringe von Wohngebäuden mit vier und sechs Stockwerken errichtet, die den Platz umschließen – bis heute. Der Platz selbst wurde als als reine Fußgängerzone gestaltet, was wohl als beste Idee im Rahmen der Neugestaltung zu werten ist. Dennoch muss die Form des Wiederaufbaus aus heutiger Perspektive – zumindest aus architektonischer Sicht – als gescheitert betrachtet werden.
Wie groß der Einfluss der architektonischen Raum- und Gebäudekonzeption auf die Entwicklung des Kiezes zum sozialen Brennpunkt ist, die sich vor allem seit seit Anfang der 1990er Jahre verstärkt hat, ist schwer zu beurteilen.
Neue Ideen für eine Verbesserung der städtebaulichen Situation sind gefragt
Die nun laufende Umgestaltung des Platzes kann jedoch nur ein erster Schritt sein, um dem Platz und seinem Umfeld aus seiner schwierigen Situation herauszuhelfen. Um das zu erreichen, sind wieder einmal gute Ideen für den Mehringplatz gefragt.
Man sollte diese Situation – wie schon in den 1960er Jahren – als Chance betrachten, den bestehenden Stadtraum noch einmal neu zu definieren und begangene Fehler der letzten Jahrzehnte zu beheben. Es wäre dem Platz zu wünschen.
Wir haben dem Mehringplatz auf unserer “Story”-Seite eine fünfteilige Kurzgeschichte gewidmet.
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