Die Oderberger Straße im Pankower Stadtteil Prenzlauer Berg wurde zur Fahrradstraße umgestaltet. Die einstige Straße im Schatten der Berliner Mauer wird somit Bestandteil der Berliner Verkehrswende. Am vergangenen Donnerstag wurde die Eröffnung der Fahrradstraße gefeiert.
© Fotos: Björn Leffler / Wikimedia Commons
Text: Stephanie Engler
Die Oderberger Straße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg wurde nun endgültig zur Fahrradstraße umgestaltet. Autofahrerinnen und Autofahrer ohne triftiges Anliegen sollen bei der Durchquerung der Straße fortan 15 Euro Strafe zahlen müssen. Die einstige Straße im Schatten der Berliner Mauer wird somit Bestandteil der Berliner Verkehrswende.
Am vergangenen Donnerstag wurde in Prenzlauer Berg die Eröffnung der dritten Fahrradstraße des Pankower Stadtteils gefeiert. Dazu schnitt Pankows Verkehrsstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) vor dem Mauerpark die zeremonielle Eröffnungsschleife durch.
Oderberger Straße: Autos zukünftig nur noch zu Gast
Autofahrer müssen nun ein Anliegen vorweisen, um die Fahrradstraße im Tempo der Radfahrerinnen und Radfahrer befahren zu können. “Ins Restaurant gehen zählt dazu“, merkte die Stadträtin an. Vor allem der gefährliche, oft zu schnelle Durchfahrtsverkehr soll vermieden werden.
Flugblätter des Bezirksamts Pankow informierten die Anwohnerinnen und Anwohner über die neue Regelung. Damit die Umgewöhnung reibungslos vonstatten geht, wird auch hier wieder die Polizei helfen. Schon bei vorherigen Projekten wie der Ossietzkystraße sowie der Stargarder Straße unterstützte die Polizei vor Ort.
Keine Durchfahrt ohne triftigen Grund – Strafe: 15 Euro
Die Polizei kassierte daher sogar schon die ersten Verwarngelder in Höhe von 15 Euro ein. Polizistin Cindy Mühlisch sagte bei der Eröffnung: “Wir halten die Leute an und fragen am Seitenfenster nach dem Anliegen.” Bei Kontrollen werden die Autofahrer also künftig nach ihrem Anliegen gefragt. Wer keinen triftigen Grund vorweisen kann, in die Fahrradstraße einzubiegen, wird zur Kasse gebeten.
Die Grünen werfen der CDU-Politikerin trotz des abgeschlossenen Projekts in der Oderberger Straße vor, die Verkehrswende nur zögerlich voranzutreiben. Anders-Granitzki betonte hingegen bei der Eröffnungsfeier, dass man nicht darum herumkommen würde, den Straßenraum neu aufzuteilen. Sie relativierte jedoch sogleich, dass es an dieser Stelle nicht darum ginge, die Menschen umzuerziehen.
Umgestaltung der Oderberger Strasse in Rekordzeit: Bauzeit von vier wochen
Das wichtigste Anliegen bei der Umgestaltung der Oderberger Straße war jedoch die Zeit. Denn in weniger als vier Wochen war die Oderberger Fahrradstraße fertig. Besonders nach dem wenig gelungenen Vorgängerprojekt in der Stargarder Straße verkündete Anders-Granitzki nun stolz: “Wir können auch Fahrradstraße.“
Dabei war die Vorarbeit schon vor längerer Zeit getätigt worden: Schon lange wiesen Bodenmarkierungen deutlich auf eine Fahrradstraße hin. So wurden weniger als ein Monat nach Beginn der Markierungen in Höhe des Hotels im Stadtbad die letzten Piktogramme am anderen Ende der Straße kurz vor dem Mauerpark angebracht.
Verkehrsberuhigende Maßnahmen als Erfolgsfaktor
Was lediglich zur Freigabe fehlte, waren die Verkehrsschilder. Erst mit ihnen wird die Neuordnung des Verkehrs amtlich. Deren Enthüllung erfolgte schon einige Tage vor der offiziellen Eröffnung, stillschweigend sozusagen.
Zwei Faktoren begünstigten die schnelle Umgestaltung zudem deutlich: Die Baufirma war sofort einsatzbereit und die Oderberger Straße verfügte schon über einige verkehrsberuhigenden Maßnahmen wie Verengungen und bremsende Schwellen. So waren die Arbeiten zur Umgestaltung schnell abgeschlossen.
Im Schatten der Berliner Mauer
Die Oderberger Straße gehört zum geschichtlichen Erbe Berlins. Denn während der Teilung der Hauptstadt lag sie im Grenzgebiet zu West-Berlin. Die Mauer verlief quer über die Kreuzung Bernauer Straße und machte aus der Oderberger Straße und Eberswalder Straße Sackgassen.
Für Fußgängerinnen und Fußgänger waren beide Straßen nur über den nördlichen Gehsteig miteinander verbunden. Die Oderberger Straße lag am Rande Ost-Berlins und wurde daher durch die DDR-Grenztruppen streng bewacht.
Die DDR plante großflächigen Abriss in der Oderberger Straße
Die DDR plante in den 1980er Jahren Teile der Straße abzureißen und durch Plattenbauten zu ersetzen. Ungewöhnlich für die damalige Zeit war der offene Widerstand der Anwohnerinnen und Anwohner, der sich in einer Bürgerinitiative auf Basis des örtlichen Wohnbezirksausschusses (WBA) formierte.
Jener WBA schaffte es 1985, mehrere zusammenhängende Hofgrundstücke als Kieztreffpunkt Hirschhof nutzbar zu machen. Dieser ist von den Grundstücken Oderberger Straße 15 und Kastanienallee 12 über mehrere Hinterhöfe aus zugänglich. Dort wurden Kunstwerke ausgestellt, Theater gespielt, Filme vorgeführt und Feste gefeiert. Der Abriss konnte abgewendet werden.
Die Oderberger Straße nach der Wende
Als 1989 die Berliner Mauer fiel, wurde an der Ecke Eberswalder Straße ein Grenzübergang errichtet. Die Oderberger Straße in Prenzlauer Berg verlor ihre Randlage und rückte zentraler ins Stadtbild.
So entwickelte sie sich in den späten 1990er Jahren zu einem immer beliebteren Wohngebiet junger Menschen. Heute ist die Straße geprägt von aufwendig sanierten Gründerzeithäusern und einem vielfältigen Einzelhandels- und Gastronomie-Angebot. Gleichzeitig ist die Oderberger Straße seit Jahren ein vielgenutzter Zufahrtsweg zum beliebten Mauerpark-Areal.
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Quellen: Bezirksamt Pankow, Berliner Morgenpost, Prenzlauer Berg Nachrichten, Wikipedia
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