Auf dem ehemaligen Güterbahnhof an der Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg möchte ein Investor gern Wohnungen und eine Schule errichten. In Pankow wird das Projekt sehr unterschiedlich bewertet und von Teilen der Bezirkspolitik bekämpft. Dennoch hat das Projekt nun eine weitere Hürde genommen.

So könnte die Bebauung auf dem ehemligen Güterbahnhof an der Greifswalder Straße einmal aussehen. Investor Christian Gérôme plant ein Quartier mit Wohnungen, Schule und Gewerbe. In der Pankower Bezirkspolitik wird das Vorhaben ambivalent bewertet. / © Visualisierung: Christian Gérôme

© Visualisierungen: Christian Gérôme
Text: Björn Leffler

 

Eines der meistdiskutierten Entwicklungsvorhaben im Bezirk Pankow ist die mögliche Bebauung des ehemaligen Güterbahnhofs Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg. Der Disput zwischen dem Bezirksamt Pankow und dem Investor Christian Gérôme beschäftigt die politischen Gremien des Bezirks bereits seit über zehn Jahren.

Den vom Investor geplanten Bau von 500 Wohnungen auf dem einstigen, heute in großen Teilen brach liegenden Güterbahnhof-Areal wollen vor allem die Fraktionen der Linken sowie der SPD verhindern.

SPD, Linke und eine Bürgerinitiative bekämpfen das Bauvorhaben seit Jahren

Christian Gérôme will das historische Bahnhofsgebäude des Güterbahnhofs nach eigener Aussage in jedem Falle bewahren und die historischen Gebäude sanieren. Er plant, das Gebäudeensemble als Eventlocation zu betreiben.

Den angrenzenden Thälmannpark will er nicht nur um rund 500 Wohnungen erweitern, auch eine neue Schule für rund 600 Kinder soll Teil des Bauvorhabens sein. Während SPD und Linke das Projekt ablehnen, sind CDU, FDP und Grüne für das Bauvorhaben, da sowohl Wohnungen als auch Schulplätze dringend benötigt werden.

CDU, FDP und Grüne betonen, dass die neue Schule dringend gebraucht werde

Christian Gérôme selbst bekräftigte in einem Interview mit den Prenzlauer Berg Nachrichten, dass im Rahmen des Projekts keine Luxuswohnungen oder Penthäuser entstehen sollen. Er umschreibt das Bauvorhaben so: “Wir wollen Wohnraum für Familien schaffen, für Senioren, einen gesunden Mix in einer grünen Lage.

Gérôme weist vor allem auf den Status Quo des potenziellen Baufeldes hin: “Jetzt haben wir eine betonierte Fläche. Die wollen wir mit einem bezahlbaren Wohnraum bebauen, von dem alle etwas haben, in klassischer Architektur, die in den Kiez passt. Kein Schuhkarton. Eine grüne Gartenstadt.

In der Pankower BVV haben die Pläne des Investors eine politische Mehrheit

Eine derartige Umsetzung des Projekts streben auch CDU, FDP und Grüne an. Am Mittwochabend stimmten alle drei Fraktionen im Rahmen der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) für das Projekt und formulierten damit einen klaren Auftrag an das Pankower Stadtentwicklungsamt, mit dem Investor eine Lösung für das geplante Quartier zu entwickeln.

CDU-Fraktionsvorsitzende Denise Bittner appellierte im Rahmen der Sitzung an die Verantwortlichen in den Bezirksgremien: “Es geht nicht darum, wer hier Investor ist und ob man den sympathisch findet. Es geht darum, dass wir an diesem Standort so schnell wie möglich eine Schule brauchen (…).

FDP schlägt vor, den Investor am teuren Schul-Neubau zu beteiligen

FDP-Fraktionschef Thomas Enge verwies darüber hinaus auf die Möglichkeit, dass der Investor in einer Form von Public Private Partnership die neue Oberschule für den Bezirk mit errichten könnte. Aus Enges Sicht ein sinnvolles Modell, zumal die Finanzierung für den Lernort aus Berliner Landesmitteln bislang fehle.

Neben dem Schulprojekt sowie den geplanten Wohnungen möchte Gérôme auf dem Güterbahnhofsgelände auch Büro- und Gewerbeflächen etablieren und kann sich den Bau von zwei bis drei Hochhäusern mit einer Etagenzahl von maximal 19 Geschossen vorstellen.

Die Linke sieht ein “knallhartes Immobiliengeschäft” und lehnt dies ab

SPD und Linke bleiben jedoch bei ihrer ablehnenden Haltung zum Projekt, obwohl es auch im direkt angrenzenden Wohngebiet bereits mehrere Hochhäuser gibt. “Hier geht es um ein knallhartes Immobiliengeschäft, das eingetütet wird” sagte beispielsweise Fred Bordfeld, der bei der Pankower Linken-Fraktion federführend für Wohnungsbauprojekte ist.

SPD-Fraktionschef Roland Schröder wies darauf hin, dass dem Eigentümer durch Billigung einer solchen “Grundstücksspekulation” eine Verdreifachung seines Gewinns in Aussicht stehen könnte, was der Bezirk Pankow nicht unterstützen dürfe.

Auch die Bürgerinitiative zeigt sich enttäuscht von der BVV-Abstimmung

Auch eine Bürgerinitiative, die das Projekt gemeinsam mit SPD und Linken seit Jahren bekämpft, zeigte sich enttäuscht vom Abstimmungsergebnis. Andreas Höpfner, der Sprecher der Initiative, nannte die Pläne des Investors in einer offiziellen Stellungnahme einen “Gentrifizierungsturbo, der die Gegend umkrempeln wird“.

Höpfner und seine Mitstreiter befürchten durch das Projekt eine “touristisch-kommerziell geprägte Gegend” und damit einhergehend eine entstehende Schieflage im Kiez durch die erwarteten Luxuswohnungen.

Güterbahnhof: Hohe Kosten für Bebauung des 28.000 m²-Geländes erwartet

Gérôme jedoch bleibt dabei, dass auf dem 28.000 Quadratmeter großen Areal keine Luxuswohnungen geplant seien, allerdings eine Mischung aus Miet- und Eigentumswohnungen. Er sagte dazu: “Es ist ein Mix aus kleineren Wohnungen mit zwei, drei Zimmern und familienfreundlichen Wohnungen mit drei, vier Zimmern geplant. Wir fangen bei 40 Quadratmeter an und gehen bis 90, 95 Quadratmeter hoch.

Gleichzeitig unterstrich der Investor die Komplexität des Bauvorhabens auf dem alten Gütergelände: “Das Grundstück ist komplett betoniert, die Entsorgungskosten sind immens hoch. Das wird ein Millionenbetrag sein. Außerdem liegt es nicht nur an der S-Bahn, sondern auch an der Schnelltrasse. Auch damit sind enorme Kosten verbunden, für eine Lärmschutzwand.

Der Bezirk Pankow steht juristisch offenbar mit dem Rücken an der Wand

Neben der nun angestrebten Verhandlungslösung hat Gérôme aber noch andere Trümpfe in der Hand, denn noch immer sind mehrere Gerichtsverfahren anhängig, in denen der Investor das Baurecht auf juristischem Wege gegen den Bezirk durchzusetzen versucht – und dem Bezirk scheint eine gerichtliche Niederlage zu drohen.

Dass Grüne, CDU und FDP mit ihrem Antrag auf den Grundstückseigentümer zugehen wollen, geschieht also wohl auch in der Absicht, eine rechtzeitige Kooperation mit dem Investor einzugehen, bevor die Verhandlungsposition des Bezirks noch schwächer wird.

Hochhausprojekt am Güterbahnhof: das Bezirksamt Pankow ist nun gefragt

Der Bezirk Pankow ist nach einem über ein Jahrzehnt andauernden Hickhack nun gefragt, eine Lösung im verfahrenen Streit um die Entwicklung des Güterbahnhofsgeländes zu finden. Denn das Projekt fügt sich ein in eine ganze Reihe ähnlich zäher Projektvorhaben im Bezirk, wie etwa das über viele Jahre mühsam erarbeitete Umbaukonzept für den Jahnsportpark oder das in der Bezirkspolitik ebenfalls sehr kritisch bewertete Bauvorhaben an der Eldenaer Straße.

Um die Gestaltung des Quartiers der heutigen Ernst-Thälmann-Siedlung wurde allerdings schon häufiger gestritten. Auf dem Gelände der heutigen Wohnsiedlung standen bis in die 1980er Jahre hinein noch mehrere Gasspeicher. Über ein Jahrhundert speicherten diese Gasometer das Gas eines naheliegenden Gaswerks.

Ernst-Thälmann-Siedlung: Wohnungsbau ab 1984 trotz Anwohner-Protesten

Nach dessen Stilllegung im Jahr 1981 kamen dann viele Ideen zur kulturellen Weiternutzung der Anlage auf. Unter anderem wurde eine Verwendung der nun leerstehenden Gasometer als Planetarium oder Ausstellungsräume in Betracht gezogen. Die DDR-Regierung aber hatte andere Pläne. Die Speicherbehälter sollten gesprengt werden, was in Prenzlauer Berg eine Protestbewegung auslöste.

Denn die Menschen wollten die Gebäude erhalten. Die Proteste blieben jedoch erfolglos, da die Gasometer trotz des starken Widerstands auf Anordnung der Partei- und Staatsführung der DDR am 28. Juli 1984 gesprengt wurden. Anschließend wurde die heute bekannte Wohnsiedlung in Plattenbauweise errichtet.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

So könnte das Areal rund um den ehemaligen Güterbahnhof Greifswalder Straße künftig aussehen. / © Visualisierung: Christian Gérôme

© Visualisierung: Christian Gérôme

© Visualisierung: Christian Gérôme

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Quellen: Prenzlauer Berg Nachrichten,

 

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