Die zur Fahrradstraße erklärte Friedrichstraße in Berlin-Mitte muss temporär wieder für den Autoverkehr freigegeben werden. Das verfügte das Berliner Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung. Bürgermeisterin Franziska Giffey fordert eine zügige Umsetzung des Urteils.

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Text: Stephanie Engler

 

Die zur Fahrradstraße erklärte Friedrichstraße im Berliner Bezirk Mitte muss nun temporär wieder für den Autoverkehr freigegeben werden. Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung. Franziska Giffey forderte sogleich eine zügige Umsetzung des Urteils.

Gegen die Sperrung in der Friedrichstraße klagte Anja Schröder. Sie ist Inhaberin eines Weinladens in der parallel verlaufenden Charlottenstraße. In ihrem Eilantrag bekam sie jetzt Recht, da es aus Sicht des Gerichts keine Voraussetzungen für eine Straßensperrung geben würde.

Teileinziehungsverfahren soll Kfz-Verkehr von der FriedrichStraße ausschließen

Ursprünglich endete die Sperrung im Rahmen eines Verkehrsversuchs schon im Oktober 2021. Es läuft derzeit ein Teileinziehungsverfahren, welches die Autos dauerhaft von der Friedrichstraße verbannen soll. Bis zum Abschluss des Verfahrens plante die Verkehrsverwaltung, die Friedrichstraße weiterhin nur von Radfahrern und Fußgängern nutzen zu lassen. 

Der Erlass zur Sperrung würde “eine konkrete Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs voraussetzen“. Das Gericht bemängelt jedoch, dass es daran in der Friedrichstraße fehle und  kein “auf städtebaulichen Gesichtspunkten basierendes Verkehrskonzept” vorläge.

Straßensperrung hat laut Verwaltungsgericht kein Verkehrskonzept

Der Bezirk Mitte hätte die Entscheidung zur Sperrung zudem nur auf die Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Friedrichstraße als Geschäftsstraße gestützt. Dafür fehlt es in der Straßenverkehrsordnung jedoch an einer entsprechenden Rechtsgrundlage.

Daher scheide laut Gericht die weitere Sperrung aus. Berlin muss nun die Anordnungen betreffenden Verkehrszeichen innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung entfernen. Gegen den Beschluss kann aber noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Bürgermeisterin Giffey erwartet schnelle Urteilsumsetzung

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erinnert daran, dass das Modellprojekt zur autofreien Friedrichstraße längst beendet worden sei und fordert daher Konsequenzen: “Es ist jetzt ein Urteil gefallen, und ich erwarte, dass dieses Urteil zügig umgesetzt wird.

Es ist immer nicht so schön, wenn das Land verurteilt wird für etwas, was es offensichtlich nicht korrekt gemacht hat“, so Giffey. Denn ihr sei bewusst, dass viele Geschäftsleute in der Friedrichstraße die Klage als letztes Mittel gesehen haben.

So fügte sie hinzu: “Ich bin dafür, dass wir aus der Friedrichstraße eine attraktive Straße machen, die dem Charakter einer Weltmetropole auch gerecht wird. Dazu braucht es ein gutes und kluges Gesamtkonzept. Und solange dieses kluge Gesamtkonzept nicht auf dem Tisch liegt, kann man nicht einfach am Status quo festhalten und sagen, wir lassen das laufen.

SPD: Gewerbetreibende sollten in Entscheidungen einbezogen werden

Weitere Politiker sprachen sich für die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts aus. So auch Berlins Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos für SPD): “Gerade in der Friedrichstraße haben Gewerbetreibende seit Jahren mit verschiedenen Herausforderungen gleichzeitig zu kämpfen, angefangen von der Coronapandemie über Baustellen und Sperrungen und aktuell auch Auswirkungen der Energiekrise.

Daher sei es laut Schwarz wichtig, die Gewerbetreibenden einzubinden, ihre Lage und Bedürfnisse im Blick zu haben, um weitere Belastungen zu vermeiden.

Friedrichstrasse: verkehrsverwaltung prüft nun das Urteil

Die Senatsverkehrsverwaltung teilte mit, dass sowohl die Eilentscheidung als auch eine mögliche Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht geprüft werden soll. Denn das grundsätzliche Ziel sei und bleibe es, die Friedrichstraße in eine Fußgängerzone umzuwandeln.

Denn Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Die Grünen) erklärte, dass das Urteil keinen Einfluss auf das Vorhaben habe, die Friedrichstraße dauerhaft für den Autoverkehr zu sperren und zu einer Fußgängerzone zu machen. Das Verfahren würde “unabhängig von der heutigen Gerichtsentscheidung” weiterlaufen.

Das Gericht entschied mit dem Urteil, dass der Zeitraum zwischen dem Verkehrsversuch und der dauerhaften Umwandlung zu lang sei. Die Begründung der Verwaltung, dass der Prozess zwischenzeitlich neu gestartet wurde, um Verbesserungsvorschläge mit aufzugreifen, wurde somit nicht anerkannt.

Reaktionen aus der Politik fallen mehrheitlich zugunsten des Urteils aus

So forderte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja ein Gesamtkonzept für die Friedrichstraße, welches die Aufenthaltsqualität erhöhe und für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorge. Zudem sagt er: “Wenn die eigene Ideologie dazu führt, dass einem offensichtliche Rechtsvorschriften und die Anliegen der Menschen vor Ort egal sind, dann ist das zutiefst problematisch.

Der Verein „Die Mitte“, der sich aus insgesamt 90 Unternehmen und Institutionen aus dem Umfeld der Friedrichstraße zusammenschließt, fordert eine internationale Ausschreibung für die historische Mitte unter verkehrspolitischen sowie städtebaulichen Aspekten.

Friedrichstraße: Kai Wegner (CDU) spricht von “Rennstrecke für Fahrradfahrer”

Kai Wegner, Vorsitzender der CDU-Fraktion, sagte: “Diese Klatsche für den rot-grün-roten Senat war absehbar. Die Geschäftsleute in der Friedrichstraße und den Nebenstraßen mussten deutliche Einbußen hinnehmen. Die Straße verkam zur Rennstrecke für Fahrradfahrer.” Auch er fordert ein nachhaltiges Verkehrskonzept für die historische Mitte Berlins.

Robert Rückel, Vizepräsident der IHK Berlin, kritisierte, dass es trotz des Urteils nicht gelungen sei, “offene Fragen rund um die Entwicklung der Friedrichstraße zu klären“. So sagte er: “Viele Gewerbetreibende vor Ort sind unzufrieden mit der Sperrung der Straße und ihrer Gestaltung. Zur ehrlichen Analyse eines Versuchs gehört dabei auch, dass dieser ohne zufriedenstellendes Ergebnis nicht fortgeführt werden kann. Die Entscheidung sollte ein Startschuss für eine neue Qualität des Dialogs sein, bei dem gemeinsam mit allen Beteiligten tragfähige Lösungen für das gesamte Gebiet rund um die Friedrichstraße und den Gendarmenmarkt entwickelt werden.

 

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