In seinem jüngst im Wasmuth & Zohlen Verlag erschienenen Buch legt Wilhelm von Boddien ein beredtes Zeugnis darüber ab, wie aus einer anfangs von Vielen belächelten Idee das größte Kultur-Bauvorhaben der deutschen Nachkriegsgeschichte werden konnte. Über den schwierigen Weg zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses berichtet Boddien in seinem Werk ausführlich – und hat einige amüsante und nachdenklich stimmende Anekdoten vorzuweisen.
© Foto Titelbild: Wasmuth & Zohlen Verlag
Text: Wolfgang Leffler
In seinem jüngst im Wasmuth & Zohlen Verlag erschienenen Buch legt Wilhelm von Boddien ein beredtes Zeugnis darüber ab, wie aus einer anfangs von Vielen belächelten Idee etwas Großes, Unvorstellbares und Nachhaltiges werden kann. Die Rede ist vom Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses in Berlins historischem Zentrum.
Als Sohn eines Hamburger Landmaschinenhändlers und Nichtarchitekten entwickelte er bereits in jungen Jahren großes Interesse an Kunst und Architektur. Speziell das 1950 abgerissene Berliner Schloss hatte es ihm angetan. Bereits während eines Berlin-Besuches im Jahr 1961, wo er als Abiturient eine Wandzeitung für seine Abiturklasse über die Berliner Mauer erstellen sollte, keimte in ihm der Gedanke zum späteren Vorhaben auf.
Stadtschloss: Bereits 1961 hatte Wilhelm von Boddien die Wiederaufbau-Idee
Dieses aus einer fixen Idee entstandene und bis zu seiner Realisierung größte Kultur-Bauprojekt der deutschen Nachkriegsgeschichte könnte als Blaupause dienen für künftige Generationen. Nicht unbedingt für weitere Rekonstruktionsprojekte, aber in Bezug auf Unternehmergeist, Durchhaltevermögen und Ideenreichtum – vor allem mit Blick auf ein mittlerweile gut 30 Jahre wiedervereinigtes Deutschland.
Wilhelm von Boddien schildert im Buch seine Idee für dieses Projekt, welches er anfangs als Einzelgänger und bis zum Schluss mit über 10.000 Mitstreitern umsetzte. Diese Mitstreiter kamen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem Ausland und hier im speziellen aus den USA.
Bundestagsbeschluss: Fassadengestaltung war rein über Spenden zu finanzieren
Ohne deren tatkräftige Unterstützung mittels Gelds, Arbeitskraft und nicht zuletzt durch ihre Stimmen bei politischen Abstimmungen wäre die Umsetzung dieses Bauvorhabens nie und nimmer möglich gewesen. Ganz zu schweigen von den eingeworbenen Spendengeldern, die zum Schluss mit einer Gesamtsumme von 110 Millionen Euro zu Buche standen und somit die Basis schufen für die Fassadengestaltung, die nach Beschluss des deutschen Parlaments ausschließlich über private Gelder zu finanzieren waren.
Dank seiner Beharrlichkeit und Kompromissfähigkeit verstand es Wilhelm von Boddien, die Idee der Rekonstruktion des Berliner Schlosses sowohl den Freunden aber auch den notwendigen Förderern schmackhaft zu machen. Und so gewann er sowohl das Vertrauen des deutschen Bundeskanzlers als auch des Berliner Bürgermeisters sowie weiterer Politiker und Institutionen.
Boddien kämpfte permanent gegen Anfeindungen und Beschuldigungen
Bemerkenswert sind seine Schilderungen zu den permanenten Anfeindungen und Beschuldigungen während der gesamten Projektlaufzeit und bis in die heutige Zeit nach Abschluss des Bauvorhabens. “30 Jahre lang haben sich die Widersacher mit viel Phantasie in den Medien an uns abgearbeitet,” so Boddien.
Erstaunlich sind auch seine Ausführungen darüber, wie schwierig es war, Belege und Dokumente zur historischen Genauigkeit der Rekonstruktion der Aufbaumaße als Basis für die Baupläne ausfindig zu machen. Ein größerer Fokus gilt dabei den Bildhauerarbeiten, ohne deren ausgewiesene Expertise die künstlerische Gestaltung nicht in dieser Perfektion zustande gekommen wäre.
Ohne das private Engagement zur Finanzierung des Vorhabens, vor allem zu Beginn des Projekts, wo Wilhelm von Boddien eine selbstschuldnerische Bürgschaft bei den Banken leisten musste, wäre dieses bemerkenswerte Vorhaben von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen.
Mit Geschick und Diplomatie erreichte Wilhelm von Boddien sein Ziel
Er selbst schreibt dazu: “Geld verlässt tanzend das Haus, aber es geht auf Krücken wieder ein.” Das Buch wird bei den meisten Lesern einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen und bietet all denen, die Interesse an historischer sowie moderner Architektur haben, viele Einblicke und detaillierte Hinweise zur Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses.
Es ist gleichzeitig aber auch ein unterhaltsames und teilweise nachdenkliches Buch, als authentisches Abbild darüber, wie man beim nicht immer einfachen Umgang mit der Politik durch Diplomatie, Geschick und Freundlichkeit seine Ziele erreichen kann. Für zukünftige Geschichtsschreiber sollte das Buch zu einem notwendigen Standardwerk werden, auch wenn die Erinnerungen Boddiens natürlich stark subjektiv gefärbt sind.
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Weitere Bilder zum Thema gibt es hier:
Das Berliner Schloss und ich
Eine unglaubliche Geschichte. Erinnerungen
Herausgeber: Wasmuth & Zohlen Verlag
Umfang: 192 Seiten, mit großformatigen Abbildungen (Farbe)
Ausstattung / Art: Buch / Hardcover, gebunden
Sprache: deutsch
ISBN: 978-3-8030-2370-4
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2. November 2024
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