Auf der Fischerinsel in Berlin-Mitte, direkt angrenzend an den vielbefahrenen Mühlendamm, läuft der lange diskutierte Bau von 210 neuen, landeseigenen Mietwohnungen. Kein einfaches Projekt, da der Baugrund zahlreiche archäologische Funde zutage gefördert hat.
© Visualisierungen & Fotos: WBM
Nicht nur auf dem Grund des historischen Molkenmarktes finden die Archäologen Berlins derzeit zahlreiche Überreste vergangener Epochen, auch bei einem nicht weit entfernten Wohnungsbauprojekt der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) mussten erst einmal mehrere, historische Funde gesichert und abtransportiert werden, bevor mit dem Wohnungsbau begonnen werden konnte.
Die Grabungen auf dem Gelände liefen über mehrere Jahre und wurden auch öffentlich gemacht. Für alle Interessierten bot die WBM ab 2019 zweimal im Monat kostenfreie Führungen über den Ausgrabungsbereich an. Bis ins vergangene Jahr hinein liefen die Ausgrabungsarbeiten, bis mit dem Bau des Wohnhauses im Sommer 2021 dann letztlich begonnen werden konnte.
Überreste aus dem Mittelalter wurden gefunden und gesichert
Gefunden haben die Stadthistoriker Mauerreste und jahrhundertealte Gebäudestrukturen, auch Keramikfunde waren dabei. Eine ehemalige Latrine aus dem 14. Jahrhundert wurde vollständig freigelegt und anschließend abtransportiert, um sie für eine mögliche spätere, museale Nutzung zu sichern.
Nach der Vergangenheit folgt nun die Zukunft auf dem Baugrund, welcher direkt am Mühlendamm liegt. Nicht weit vom Spittelmarkt entfernt sollen bei dem derzeit laufenden Bauprojekt laut Wohnungsbaugesellschaft bis Dezember 2023 „bezahlbare Mietwohnungen für alle Generationen“ entstehen.
210 Mietwohnungen entstehen im Zuge des Neubauprojekts
Der Entwurf für den Neubau, der nun umgesetzt wird, stammt vom Architekturbüro Blauraum. Dieses kam allerdings erst im zweiten Anlauf zum Zuge – nach einer breiten Bürgerbeteiligung, die nach Protesten am ursprünglichen Entwurf durchgeführt worden war. Denn den eigentlichen Wettbewerb für den Bau der Wohnungen im Jahr 2015 hatte zunächst das Architekturbüro DMSW gewonnen. DMSW plante einen 58 Meter hohen Wohnturm an dieser Stelle.
Dagegen jedoch regte sich schnell Widerstand: bei Mieterinnen und Mietern aus der Nachbarschaft sowie Vertretern von Bezirkspolitik und Vereinen, die sich mit der Stadtgeschichte Berlins kritisch auseinandersetzen.
Der jetzt geplante Bau ist deutlich kleiner als der ursprüngliche Siegerentwurf
Klarer Wunsch dieser Gruppen war es, dass nicht noch ein weiteres Hochhaus an die vielbefahrene Magistrale gesetzt wird, sondern ein Neubau, der sich in Höhe und Gestaltung eher an der historischen Bebauung orientieren sollte – und nicht an der DDR-Bauästhetik, die die Straße Mühlendamm/Leipziger Straße an dieser Stelle heute dominiert.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verteidigte zunächst die Planung, lenkte aber später ein und unterstützte die Bürgerbeteiligung, die zum neuen Konzept führte, welches nun umgesetzt wird. So gab es reichlich Diskussionen um einen eigentlich recht unspektakulären Wohnungsneubau – und jahrelange Verzögerungen des Projekts.
10.800 Quadratmeter Wohnfläche entstehen in nüchterner Architektur
Der Neubau, der nun realisiert wird, kommt denn auch eher sachlich daher. Die historische Gebäudehöhe mag das neue Gebäude haben, weitere architektonische Bezüge zur historischen Vergangenheit des Stadtareals sind aber keine zu finden.
10.800 Quadratmeter Wohnfläche entstehen in dem Wohngebäude. Neben Ein- bis Vierzimmerwohnungen sind 49 möblierte Apartments geplant, von denen sieben als Studenten-WG’s angeboten werden sollen. Insgesamt 210 neue Mietwohnungen entstehen bei dem Projekt.
Die Hälfte der Wohnungen werden als Sozialwohnungen angeboten
Im Erdgeschoss sind fünf Gewerbeeinheiten und eine Kita vorgesehen, selbst an einen Concierge-Service für die Bewohnerinnen und Bewohner wurde gedacht. 50 Prozent der Wohnungen sollen mit Förderung des Landes als Sozialwohnungen entstehen und für eine Kaltmiete ab 6,50 Euro je Quadratmeter angeboten werden.
Es ist nicht das einzige Bauprojekt, welches derzeit auf der Fischerinsel umgesetzt wird. So soll der Uferbereich im Nordosten der Insel neu gestaltet werden. Ein moderner Uferpark mit Spielflächen und Erholungsbereichen soll für 2,3 Millionen Euro soll im Zuge des Projekts entstehen.
Nahegelegene Brückenbauprojekte werden noch intensiv diskutiert
Im direkten Umfeld der Fischerinsel sollen in den kommenden Jahren zudem zwei Brückenbauprojekte realisiert werden, die allerdings derweil noch heiß diskutiert werden. Der Berliner Senat möchte Mühlendammbrücke und Neue Gertraudenbrücke abreißen und in ihren bisherigen Dimensionen neu bauen lassen.
Dagegen hegt sich Widerstand von Architekten- und Bürgerinitiativen, die sich deutlich kleinere, weniger auf den Autoverkehr fokussierte Brückenbauwerke wünschen. Der Ausgang dieser Diskussion ist derzeit noch offen. Das Wohnungsbauprojekt der WBM hingegen soll bis Ende 2023 fertiggestellt werden.
Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier:
Auf der Fischerinsel in Berlin-Mitte werden derzeit mehrere Umbauvorhaben geplant und umgesetzt.
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2. November 2024