Mit seinem Konzept “Holzmarkt Garden” zeigt Architekt Christoph Langhof, wie eine verkehrsberuhigte und grün dominierte Holzmarktstraße in Berlin-Mitte aussehen könnte. Sein Konzept einer naturbezogenen Quartierslandschaft, die auf Nachhaltigkeit setzt, könnte Vorbildcharakter für den Städtebau der Zukunft haben.

Die neue Holzmarktstraße? Architekt Christoph Langhof stellt die Natur in seinem gewagten und spannenden Quartiersentwurf in den Mittelpunkt. / © Visualisierung: LANGHOF®

© Visualisierungen: LANGHOF®
Text: Björn Leffler

 

Zu seinem 200-jährigen Jubiläum hat sich der AIV ein großes und über alle Maßen relevantes Thema ausgesucht, welches in Ausstellungen, Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen die Berliner Stadtgesellschaft bis Ende November begleiten und aktivieren soll. Berlins große Straßen sollen in den kommenden Monaten in den Fokus der Fachwelt sowie der Öffentlichkeit geraten.

Dafür haben zehn namhafte Büros Visionen für zehn Berliner Straßen entworfen, die aufzeigen, wie der Straßenraum von morgen aussehen könnte. Bewusst sind hierbei aber prominente Verkehrsachsen wie Kurfürstendamm, Friedrichstraße oder Unter den Linden außen vor gelassen worden.

“Holzmarkt Garden”: Christoph Langhofs mutige Vision für die Holzmarktstraße

Ziel war es vielmehr, Straßen zu wählen, die von den Berlinerinnen und Berlinern im Alltag genutzt werden und Teil ihres regelmäßigen Lebens sind. Eine davon ist die Holzmarktstraße in Berlin-Mitte. Der Name der Straße liegt in der Berliner Geschichte verborgen: Berlin suchte um 1685 neue Siedler und brauchte dafür Holz als wichtigen Rohstoff. Im Stralauer Viertel am Nordufer der Spree, im heutigen Friedrichshain, entstand deshalb ein Holzplatz, der der Straße ihren Namen gab.

Der Platz gehörte dem damaligen Magistrat und diente zur Lagerung von Bauholz, sowohl städtischem als auch königlichem. Im 19. Jahrhundert wird der Holzplatz aufgegeben. Heute ist die Holzmarktstraße eine laute und eher unattraktive Durchgangsstraße mit zwei Fahrspuren in jede Richtung, ohne Aufenthaltsqualität oder Charakter.

Das Straßenbild der Holzmarktstraße ist heute geprägt von DDR-Wohnhäusern und modernen Bürogebäuden

Das Straßenbild ist geprägt von DDR-Wohnhäusern und moderneren Bürogebäuden (unter anderem sitzt die BVG hier) und natürlich dem Holzmarkt-Areal am Spreeufer. Insgesamt ist die Stadtlandschaft rund um die Holzmarktstraße aber eher monoton und wenig einladend. Architekt Christoph Langhof hat sich im Rahmen der AIV-Initiative genau diesen Stadtraum vorgenommen, um einen gänzlich anderen, radikal naturbezogenen Entwurf für die Zukunft der Straße zu entwickeln.

Langhof hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach den Wunsch formuliert, mehr Mut zu zukunftsgerichteten Vorzeigeprojekten und spektakulärer Architektur zu zeigen – sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik. Denn in Berlin würden vor allem aufsehenerregende Projekte mittlerweile viel zu kritisch gesehen und insbesondere die Nachteile beleuchtet, anstatt deren Chancen herauszustreichen.

Christoph Langhof fordert schon länger den verstärkten Bau von Hochhäusern in Berlin

Langhof meint, dass man auch in Berlin den Bau von Hochhäusern gar nicht mehr aufhalten könne, da der Bedarf nach Wohn-, Verwaltungs- und Arbeitsflächen einfach enorm sei. Zudem sei das Bauen in die Höhe die Chance, so wenige Flächen wie möglich zu versiegeln. Denn vertikal könnten in einem Gebäude unterschiedliche Nutzungen inklusive Grünflächen in Form von “Pocket Parks” untergebracht werden.

Wie das zukünftig aussehen könnte, hat Langhof in seinem Konzept “Holzmarkt Garden” eindrucksvoll visualisiert. In eine grün dominierte Stadtlandschaft setzt der gebürtige Österreicher eine Vielzahl geschwungener Hochhäusern, in denen Gewerbe- und Wohnflächen realisiert werden können. Aus der heute mehrspurigen Verkehrsschneise wird in der Vision von Langhof eine verkehrsberuhigte – allerdings nicht gänzlich autofreie – Quartierslandschaft.

Christoph Langhof stellt die Natur ins Zentrum seines “Holzmarkt Garden”-Konzepts

Den starken Naturbezug seines Konzepts begründet das Langhof-Team mit der historischen Entwicklung der Städte insgesamt. In den letzten Jahrzehnten wurde die Natur demnach systematisch aus den Städten verdrängt. Die Gründe dafür seien vielfältig und haben sich im Laufe der Zeit entwickelt.

Viele Menschen sind diesem Trend mittlerweile freiwillig oder unfreiwillig in die umliegenden ländlichen Gebiete gefolgt. Für diejenigen, die zurückgeblieben sind, hat der verbliebene Stadtraum aus Sicht Langhofs häufig zu Unzufriedenheit geführt: immer mehr versiegelte, laute, heiße und staubige Viertel, ein Mangel an Identifikation und eine deutlich geringere Lebensqualität.

Die Natur soll zurück in die Städte geholt werden, um die Lebensqualität der Bewohner zu erhöhen

Es macht nach Langhofs Vorstellungen also Sinn, alles zu tun, um die Natur so weit wie möglich zurück in die Stadt zu bringen – so wie er es im “Holzmarkt Garden” vorschlägt. Was wäre also, wenn Gärten, Parks, urbane Wälder, Mini-Wälder und unterschiedliche Landschaften in den Mittelpunkt des stadtplanerischen Denkens und Planens gestellt werden und die Stadt, die Straßen und die Gebäude sich darum herum entwickelt werden?

Auf diese Weise könnten nach Langhofs Vorstellungen neue Maßstäbe für Berlins ökologischen Transformationsprozess setzen, der dringend notwendig ist. Das Konzept “Holzmarkt Garden” bezeichnet Langhof daher passend als urbanes “Experiment”, dessen Umsetzung von vielen bisherigen Entscheidungsträgern (vor allem in der öffentlichen Verwaltung) eine gänzlich neue Denk- und Herangehensweise erfordern würde. In jedem Fall ist Langhofs mutiger Entwurf “Holzmarkt Garden” mehr als nur ein utopisches Konzept, über das man schnell hinweggehen sollte.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

© Visualisierung: LANGHOF®

© Visualisierung: LANGHOF®

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© Open Street Map

Quellen: Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin-Brandenburg, LANGHOF®, Berliner Morgenpost, Wikipedia

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