In einem Interview mit der Berliner Morgenpost sprach Architekt Christoph Langhof über die Notwendigkeit, in Berlin mehr Hochhausprojekte zu realisieren. Und über den Wunsch, mehr Mut zu zukunftsgerichteten Vorzeigeprojekten und spektakulärer Architektur zu zeigen – sowohl in der Bevölkerung als auch in der Verwaltung.

Hochhaus-Vision für den “Stadteingang West” am Dreieck Funkturm von Christoph Langhof. In Sachen Hochhaus-Bau, sagt Langhof, muss Berlin “endlich vor die Welle kommen” – und das große Potenzial endlich erkennen. / © Visualisierung: Langhof Architekten

© Visualisierung: Langhof Architekten
Text: Björn Leffler

 

In einem Interview mit der Berliner Morgenpost sprach der österreichische Architekt Christoph Langhof ,der seit vielen Jahren in Berlin lebt, über die Notwendigkeit, in Berlin mehr Hochhausprojekte zu realisieren.

Zudem äußerte er den Wunsch, mehr Mut zu zukunftsgerichteten Vorzeigeprojekten und spektakulärer Architektur zu zeigen – sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik. Denn in Berlin würden vor allem aufsehenerregende Projekte mittlerweile viel zu kritisch gesehen und insbesondere die Nachteile beleuchtet, anstatt deren Chancen herauszustreichen.

Langhof kritisiert Regula Lüscher für einfallsloses und unkreatives Bauen

Im Gespräch mit Chefredakteurin Christine Richter ging Langhof, der in Berlin vor allem für sein Gebäude “Upper West” am Kurfürstendamm bekannt ist, auf verschiedene Aspekte der Berliner Stadtentwicklungspolitik ein. Dabei kam Regula Lüscher, Amtsvorgängerin von Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, nicht besonders gut weg.

Nach Ansicht Langhofs war sie in großem Maße dafür verantwortlich, dass in Berlin über Jahre hinweg mittelmäßige und wenig auffällige Architektur umgesetzt wurde. Langhof sagte, der Ansatz, durch Verzicht und Reduktion Probleme lösen zu wollen und Ordnung einzuführen, führe im  Ergebnis leider nur zu gestalterischer Banalität. Bestes Beispiel dafür sei in seinen Augen die neu entstehende “Europacity” nördlich des Hauptbahnhofs.

Langhof: Zukünftig müsse in Berlin viel innovativer und mutiger gebaut werden

Selbst das ebenfalls eher nüchterne Quartier rund um die Mercedes-Benz-Arena ist aus seiner Sicht aufgrund der verschiedenen, kreativ gestalteten Hochhausprojekte noch um einiges besser zu bewerten als die “Europacity”. Dennoch betont er, dass zukünftiges Bauen ganz anders aussehen müsse.

Damit meint Langhof jedoch nicht nur das Bauen in die Höhe, sondern auch das nachhaltige Bauen. Die massive Begrünung von Fassaden (als effektiver Schutz vor großer Hitze) oder die Integration von klimafreundlicher Energiegewinnung in Gebäuden, wie er es für ein Grundstück an der Eldenaer Straße in Prenzlauer Berg vorschlägt, müsste längst Standard im Bauen des 21. Jahrhunderts sein – ist es aber nicht.

Die öffentliche Berliner Verwaltung stehe fast jedem Projekt skeptisch gegenüber

Für derlei Vorschläge, insbesondere wenn eine Bebauung höher als 35 Meter gehe, gibt es durch die öffentliche Berliner Verwaltung fast durchweg nur ablehnendes oder ausgesprochen kritisches Feedback – wie nun auch für das geplante Projekt in Prenzlauer Berg.

Immerhin: Berliner Senat und Bürgermeisterin Franziska Giffey hätten mittlerweile erkannt, dass in dieser Art des Bauens viele Vorteile liegen, Aber vor allem in den Bezirksämtern gäbe es noch viel zu viele Vorurteile gegenüber Bauprojekten, die sich visuell und inhaltlich deutlich von ihrer Umgebung absetzen.

Langhof betont, dass Berlin zurückkehren müsse zu architektonischer Vielfalt

Das sei laut Langhof eines der größten Problem der Stadt: das Credo, dass sich ein Gebäude oder ein Projekt so unauffällig wie möglich in die umgebende Bebauung einpassen müsse. Dabei habe es in Berlin gerade in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eine ungeheure Fülle architektonischer Stilrichtungen gegeben, die wunderbar nebeneinander funktioniert hätten.

Den Mut, eine solche architektonische Diversität wieder stärker und bewusst zuzulassen, vermisst Langhof im heutigen Berlin. Und natürlich betonte er im Laufe des Gesprächs erneut, dass Berlin um das Thema Hochhausbau in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht herumkommen werde, wenn es nicht in die Breite wachsen möchte.

Hochhausbau in Berlin: “Wir müssen vor die Welle kommen.”

Der Architekt sagte dazu wörtlich: “Wir müssen vor die Welle kommen.” Was er damit meint, sei die Tatsache, dass man auch in Berlin den Bau von Hochhäusern gar nicht mehr aufhalten könne, da der Bedarf nach Wohn-, Verwaltungs- und Arbeitsflächen einfach enorm sei. Dies hätte auch Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel längst eingesehen.

Zudem sei das Bauen in die Höhe die Chance, so wenige Flächen wie möglich zu versiegeln. Denn vertikal könnten in einem Gebäude unterschiedliche Nutzungen inklusive Grünflächen in Form von “Pocket Parks” untergebracht werden.

In die Höhe bauen bedeutet auch, weniger Flächen versiegeln zu müssen

Langhof betonte im Gespräch, dass vergleichbare Städte wie Paris, Wien oder London vier- bis fünfmal dichter bebaut seien als Berlin und die Scheu vor Hochhausbauten einfach nicht angebracht sei, wenn man ein Wachstum in die Breite mit all seinen Nachteilen – er nannte Los Angeles als abschreckendes Beispiel – vermeiden will.

Attraktive Hochhausstandorte in Berlin sieht Langhof vor allem am Kurfürstendamm, rund um die Urania sowie am Potsdamer Platz, da an diesen Standorten eine hohe Wertschöpfung zu erreichen sei. Den Alexanderplatz sieht er aufgrund des Umfeldes eher kritisch, trotz der bereits laufenden Hochhausprojekte. Um wirklich attraktiv für Investoren zu werden, müsse der Alexanderplatz in den kommenden Jahren aus seiner Sicht städtebaulich weiter aufgewertet werden.

Langhof: Berliner müssen mehr Chancen als Risiken in Zukunftsprojekten sehen

Schlussendlich plädierte Langhof dafür, in Berlin grundsätzlich mehr Chancen als Risiken und das Glas eher halbvoll als halbleer zu sehen. So sehr er nach eigener Aussage die Berliner Grantigkeit liebe, so störend sei aus seiner Sicht der Hang der Bevölkerung, die Sicht auf das Positive zu verweigern und verstärkt die Nachteile in den Vordergrund zu stellen.

Christoph Langhof wurde am 16. September 1948 in Linz, Österreich, geboren und lebt heute in Berlin-Mitte. Mitte der 1970er Jahre kam Langhof nach Berlin und beendete hier sein Architektur-Studium. 1978 gründete er in Berlin das Architekturbüro Langhof Architekten.

Zu seinen wichtigsten Bauten gehören neben dem oben bereits erwähnten “Upper West” die Zentrale der Berliner Wasserbetriebe, das Classicon am Leipziger Platz sowie das Horst-Korber-Zentrum am Berliner Olympiapark.

 

Weitere Bilder zum Thema findet Ihr hier: 

Auf einer Parkplatzfläche an der Eldenaer Straße, direkt an der Grenze zwischen Prenzlauer Berg und Friedrichshain, sollen nach der Vorstellung von Architekt Christoph Langhof und der ARGO Properties Gruppe zwei pyramidenartige Hochhäuser entstehen, in denen eine gemischte Nutzung etabliert werden soll. Im Bezirk Pankow wird das Projekt überwiegend skeptisch gesehen. / © Visualisierung: Christoph Langhof / ARGO Properties / Eldenaer Investment GmbH

Quellen: Berliner Morgenpost, Christoph Langhof, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, Wikipedia

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2 Comments

  1. schmidt karl 9. Januar 2023 at 16:46 - Reply

    wenn sie für CO2 reduziertes – was ja auch irgendwie grün wäre – bauen sind dann sollten sie das Verbauen von Hohlkörpern in Betondecken forcieren. Weil dadurch werden ca 35 % Beton und somit aliquot Zement und CO2 gespart. Ohne dass die Bausubstanz leidet. Die wird dadurch vielmehr sogar besser weil weniger Eigengewicht erlaubt lichte Weiten von bis zu 19 m – in Verbindung mit Vorspanntechnik. Und es gibt neben den leider teuren Kugeln auch die preiswerteren Würfel von Daliform namens UBOOT die aber aus nicht nachvollziehbaren Gründen von manchen Prüfstatikern abgelehnt werden – obwohl sie weltweit erfolgreich verbaut werden. siehe https://www.daliform.com/de/

  2. Dani 5. Juni 2023 at 19:08 - Reply

    Wie lange soll man in Berlin noch auf “richtige” Hochhäuser/ Wolkenkratzer – mit auch über 200/300 m Höhe – warten müssen?
    Etwa bis alle dt. “Mini-Metropolen” – Hamburg, Köln, Düsseldorf und Co. – damit “versorgt” sind, kommt dann auch das noch immer durch Max.-100-m-Plattenbauten geprägte Berlin dran oder selbst dann nicht- damit Berlin bloß kein ernsthafter Konkurrent um Konzernzentralen wird, damit die Provinz weiter glänzt und Berlin weiter verkommt, damit sich die aus Frankfurt/M., Stuttgart und München zugezogenen “Aussteiger” – deren Eltern in führenden Positionen bei Ur-Berliner Konzernen wie Deutsche Bank und Allianz in den “übersaturierten Teilungsgewinnlerstädten” arbeiten – im “billigen” Berlin weiter maximal-wohlfühlen?:)

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