In den nächsten Tagen soll sich entscheiden, ob die Initiative „Berlin autofrei“ den nächsten Schritt gehen kann und der eingebrachte Antrag auf die Einleitung eines Volksbegehrens zulässig ist. Schon jetzt erfährt das Vorhaben internationale Aufmerksamkeit.
Es ist schon jetzt ein Vorhaben, welches die Stadtbevölkerung Berlins in mehrere Lager spaltet. Die Initiative „Volksbegehren Berlin autofrei“ hatte Anfang August 2021 über 50.000 Unterschriften an die Landeswahlleitung Berlin übergeben, und zwar deutlich früher als erforderlich. Die notwendigen 20.000 Unterschriften wurden deutlich übertroffen.
Die Initiative „Volksbegehren Berlin autofrei“ hofft auf eine Umwidmung des öffentlichen Straßenraums auf einer rekordverdächtigen Fläche von rund 88 Quadratkilometern. Ziel der Initiative ist es, innerhalb des S-Bahnrings deutlich weniger Autoverkehr zu produzieren.
Die “zukunftsfähige Stadt” soll innerhalb des S-Bahnrings entstehen
Die Initiative fordert für die “zukunftsfähige Stadt” vor allem mehr Raum für Radfahrende, Fußgängerinnen und Fußgänger sowie eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs.
Neben einer großen Zustimmung für die Initiative, vor allem in den Innenstadtbezirken der Hauptstadt, gibt es aber auch großen Widerstand, der sich gegenüber dem Projekt formiert. Ob das Ringen um die Zukunft der Berliner Innenstadt aber überhaupt in die nächste Runde gehen kann, wird in den den kommenden Tagen der Berliner Senat entscheiden – genauer die Senatsinnenverwaltung.
Juristische Prüfung bei der Senatsinnenverwaltung läuft
Derzeit läuft dort die juristische Prüfung, ob der Antrag auf die Einleitung eines Volksbegehrens zulässig ist. Die Prüffrist ende Anfang März, heißt es aus der Innenverwaltung. Überprüft wird insbesondere, ob der Gesetzesentwurf, den die Initiative vorgelegt hat, mit höherrangigem Recht vereinbar wäre und ob das Land Berlin auch tatsächlich über die Kompetenz verfügt, ein solches Gesetz überhaupt zu beschließen. Schließlich befinden sich im besagten Gebiet auch Bundesstraßen, die von einer Umsetzung der Initiative ebenfalls betroffen wären.
Erlaubt sein soll innerhalb des Berliner S-Bahnrings nach Plänen der Initiative neben Fuß- und Radverkehr nur noch der öffentliche Personennahverkehr sowie Kfz-Fahrzeuge von Polizei, Rettungsdiensten, Feuerwehr oder Müllabfuhr. Ausnahmen sind zudem für Taxen und den Wirtschafts- und Lieferverkehr vorgesehen, ebenso wie für Menschen, die aus Mobilitätsgründen auf ein Auto angewiesen sind.
Private Autofahrten durch die Innenstadt nur noch zwölf Mal pro Jahr
Für alle anderen Berlinerinnen und Berliner sollen Autofahrten nur noch mit Genehmigung möglich sein, die maximal zwölf Mal im Jahr für jeweils 24 Stunden erteilt wird. Im Anschluss an die Prüfung muss der Senat dem Abgeordnetenhaus mitteilen, wie er das Vorhaben beurteilt.
Die neue Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Die Grünen) hatte allerdings schon mehrfach erklärt, dass sie zwar einen Großteil der Ziele der Initiative befürworte, es aber für den falschen Weg halte, die Innenstadt per Gesetz zum autofreien Gebiet zu erklären.
Initiatoren planen die nächste Unterschriftensammlung
Im Anschluss wird das Berliner Abgeordnetenhaus vier Monate Zeit haben, sich mit der Initiative „Berlin autofrei“ zu beschäftigen und zu entscheiden, ob das Anliegen im Wesentlichen übernommen wird. Damit ist natürlich nicht zu rechnen, auch die Initiatoren des Vorhabens gehen nicht davon aus. Sie bereiten sich hingegen auf die nächste Unterschriftensammlung vor.
„Um die nächste Sammelphase zu meistern, haben wir die Initiative vergrößert und arbeiten inzwischen in elf Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Aufgaben“, hieß es kürzlich in einem Newsletter. Derzeit würden überall in Berlin Stadtteilgruppen gegründet. Für einen Volksentscheid müssten innerhalb von vier Monaten – voraussichtlich spätestens ab Juli 2022 – 175.000 Unterschriften gesammelt werden.
Das Vorhaben wird schon jetzt international beachtet
Unabhängig von der juristischen Prüfung des Senats hat das Vorhaben schon jetzt auch international Aufmerksamkeit erregt. Das Magazin Common Edge verglich kürzlich in einem Essaye die unterschiedliche Entwicklung US-amerikanischer und europäischer Großstädte. Während in den USA die Entwicklung der Innenstädte vernachlässigt werde und der Autoverkehr auf einem permanent hohen Level verbleibe, würden in Europa in zahlreichen Städten Initiativen verfolgt, die das Leben in den zentralen, urbanen Räumen der Stadt lebenswerter machen sollen.
So werden Initiativen in Städten wie Paris, Madrid, Mailand oder Oslo hervorgehoben. Vor allem aber das Vorhaben, die Berliner Innenstadt autofrei zu gestalten, findet hier ein großes Feedback. Beeindruckt sind die Autoren vor allem davon, dass die Fläche, um die es im Rahmen der Initiative geht, größer wäre als die des New Yorker Stadtteils Manhattan.
Das Thema wird Berlin langfristig begleiten
Auch weitere Online-Portale und Seiten wie etwa das Yale Environment oder das YES! Magazine thematisieren das Berliner Vorhaben und betonen die Sammlung der erforderlichen Unterschriften in erstaunlich kurzer Zeit. Beeindruckend sind für Beobachter von außen also derzeit nicht unbedingt die Erfolgsaussichten der Initiative, sondern der Wille eines großen Teils der Bevölkerung, die aktiv oder passiv für die Umsetzung der Pläne votieren.
Auch der britische Independent berichtete ausführlich über das Vorhaben und verglich Berlins Bestrebungen mit denen Londons. Das Thema bewegt also nicht nur die hiesige Stadtbevölkerung, sondern ist in vielen europäischen Metropolen ein permanentes Thema. Unabhängig vom Ausgang des Volksbegehrens wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch präsentes Thema bleiben. Nicht nur in Berlin.
50.333 Unterschriften: Volksbegehren “Berlin autofrei” erfolgreich
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Weltweite Aufmerksamkeit: Das Thema findet in zahlreichen, internationalen Medien Beachtung.
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