Ein Kompromiss ermöglicht neue Richtlinien zur Förderung bezahlbarer Wohnungen in Berlin. Der Bau von jährlich 5.000 Sozialwohnungen soll dadurch ermöglicht werden.
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Text: Stephanie Engler
Der Hauptstadt fehlen tausende Sozialwohnungen. Nun soll eine Reform Mietern und Investoren entgegenkommen und somit mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Bis zu 5.000 neue Sozialwohnungen sind demzufolge jährlich geplant.
Bisher wurde in diesem Jahr noch keine einzige Förderung für eine Sozialwohnung beantragt. Dabei verliert die Stadt zugleich 5.000 Sozialwohnungen, da für die schon älteren Häuser die Verpflichtung ausläuft, die Wohnungen günstig zu vermieten. Bausenator Andreas Geisel (SPD) hatte die Spitzen der Koalitionsfraktionen daher zur Zustimmung der Richtlinien gedrängt.
Mindestmiete der Sozialwohnungen unter 7 Euro
Geisel plante im Vorfeld mit einer sozialen Miete von knapp sieben Euro. Diese Wohnungen werden nun jedoch nur 6,60 Euro pro Quadratmeter kosten (nettokalt). Der Preis soll jedoch jährlich um zehn Cent ansteigen.
Die Sozialwohnungen, die über den „zweiten Förderweg“ unterstützt werden, haben höhere Mieten von neun Euro pro Quadratmeter. Für sie darf nun nur 20 Prozent der Haushaltsmittel für den sozialen Wohnungsbau ausgegeben werden.
rot-grün-rote Koalition will Berlins Mieterinnen und Mieter schützen
Zurzeit ist es den Investoren möglich, Förderkredite vorzeitig abzulösen, um Sozialwohnungen als Eigentumswohnungen verkaufen zu können. Daher will die Koalition in ihrem „Maßgabenbeschluss“ nun dieses Problem angehen und die Mieter vor einer vorzeitigen Kündigung schützen.
Denn die vorzeitige Rückzahlung verkürzt die Dauer der günstigen Sozialmietbindung für die Wohnungen. Bisher ist es den Bauherrn möglich, die Bindung von 30 auf 23 Jahre zu verkürzen. Das soll zukünftig nicht mehr möglich sein.
Der Streit um Konditionen ist beigelegt
Der Streit über die Förderung konnte mit diesem politischen Kompromiss beendet werden. Dieser sollte am gestrigen Mittwoch beschlossen werden. In einem Jahr soll die neue Förderung „evaluiert“ und eventuell noch einmal korrigiert werden.
Geisel will dem Hauptausschuss im Abgeordnetenhaus zusätzlich noch seinen ursprünglichen Entwurf der Wohnungsbauförderung vorlegen. Korrekturen der Haushälter, politischer Geschäftsführer und der Bauverwaltung sollen dann mit eingearbeitet werden.
Forderungen von Linken und Grünen sind somit erfüllt
Acht Forderungen der beiden Parteien wurden mit diesem Kompromiss nun erfüllt. Dazu gehören die geringere Erhöhung der Sozialmieten sowie die Begrenzung der Haushaltsmittel für Sozialwohnungen des „zweiten Förderwegs“ mit höheren Mietgrenzen.
Dahingegen profitieren die Investoren nun von der Möglichkeit, für Projekte ausschließlich Mittel aus dem Topf für den zweiten Förderweg zu schöpfen – ohne die bisherige Voraussetzung, zugleich auch Sozialwohnungen des „ersten Förderweges“ bauen zu müssen.
Sozialwohnungen: Höhe der Miete war größter Streitpunkt
Damit Berlinerinnen und Berliner nicht an ihre finanziellen Grenzen stoßen, musste geklärt werden, wie hoch die Mieten von Sozial- und kommunalen Wohnungen sein dürfen. Angefacht wurde das Thema durch die kürzliche Bekanntgabe der Mieterhöhungen im Bestand der Landesfirmen.
Günstiger Wohnraum wird dringend gebraucht, denn eine stark steigende Zahl von Einwohnern mit geringem Einkommen sucht nach bezahlbaren Wohnungen. Darunter sind derzeit auch viele Flüchtlinge aus der Ukraine. Zusätzlich kommt die Energiekrise, die mit drastisch steigenden Heiz- und Nebenkosten belastende Auswirkungen haben wird.
Moderate Mieterhöhungen der Berliner Wohnungsbaugesellschaften
Der Tagesspiegel führte kürzlich eine Umfrage unter den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zu den geplanten Mieterhöhungen 2022 durch. Alle Erhöhungen scheinen im Rahmen zu bleiben. So erhöht die Stadt und Land um durchschnittlich 1,5 Prozent – etwa 0,08 Euro pro Quadratmeter im Monat. Die GESOBAU erhöht um 0,67 Prozent.
Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) erhöht um 0,08 Cent je Quadratmeter. Die kommunale Gesellschaft DEGEWO erhöht um 1,2 Prozent. Die landeseigene GEWOBAG erhöht um 4,83 Euro je Wohnung. Bei fast allen Wohnungsbaugesellschaften solle jedoch die Möglichkeit bestehen, individuell die Erhöhung abzuwenden – je nach Bedürftigkeit und Härtefall der Mieter.
Mieterhöhung in Spandau: GEWOBAG in der Kritik
Erst kürzlich geriet die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG in die Kritik: Im Neubauviertel Waterkant in Spandau wurde eine Erhöhung um vier Prozent gefordert. Die GEWOBAG äußerte sich dazu wie folgt: “Die Erhöhung der Grundmiete gilt für die frei finanzierten Wohnungen und entspricht der Kooperationsvereinbarung Leistbare Mieten”.
Dieser Vereinbarung mit dem Senat nach seien Mieterhöhungen von vier Prozent bei Neubauten alle zwei Jahre erlaubt. Laut der Firmenchefs könnten aufgrund der gestiegenen Grundstückpreise und Baukosten viele Neubauten nicht wirtschaftlich betrieben werden, weswegen höhere Mieten eingeführt werden müssten. Auch Geisel verteidigte diese Forderungen mit dem Hinweis auf die steigenden Kosten der Wohnungsbaugesellschaften.
Quellen: GEWOBAG, GESOBAU, WBM, Stadt und Land, Der Tagesspiegel
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2. November 2024