Den ersten Architekturwettbewerb für den Bau eines Archäologischen Hauses am Petriplatz in Berlin-Mitte gab es bereits 2012, aber erst jetzt wurde der Neubau abgeschlossen. Ab 2025 soll das “PETRI Berlin” Ausgangspunkt für eine Archäologische Promenade durch die alte, historische Mitte Berlins werden.

Am Petriplatz in Berlin-Mitte ist das Archäologische Haus entstanden und soll ab 2025 seine Gäste begrüßen. Nun wurde die feierliche Schlüsselübergabe gefeiert. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

© Visualisierung Titelbild: Florian Nagler Architekten
Text: Björn Leffler

 

Für Bauprojekte am historischen Petriplatz in Berlin-Mitte braucht man ganz offensichtlich einen langen Atem. Das wissen nicht nur die Bauherren, welche den Neubau des “House of One” sowie die Quartiersplanung an der Breiten Straße vorantreiben.

Beide Projekte kamen bislang eher in Tippelschritten vorwärts, was an einem der ältesten Plätze Berlins offenbar wie selbstverständlich dazu gehört. Auch der nun fertiggestellte Bau des Archäologischen Hauses hat eine lange Vorlaufgeschichte.

Archäologisches Haus in Berlin-Mitte mit langem Vorlauf

Bereits 2012 war der Architekturwettbewerb für den Neubau eines Archäologischen Hauses am Petriplatz entschieden worden, aber erst im Jahr 2019 hatten die Bauarbeiten begonnen – ein mühseliges und langwieriges Projekt.

Das Archäologische Haus soll nach Plänen des Berliner Senats Ausgangspunkt für eine Archäologische Promenade durch die alte, historische Mitte werden. Zu den Stationen, welche die Besucher durchlaufen und erfahren können, zählen die Marienkirche sowie der Schloss-Neubau, die Rekonstruktion in Form des Humboldt Forums.

2012 wurde der Architekturwettbewerb für das Projekt entschieden

Der Ruf nach dem nun fertiggestellten archäologischen Besucherzentrum wurde nach dem großen Interesse an den Ausgrabungen am Petriplatz, am Roten Rathaus und am Schlossplatz laut, die bereits Anfang der 2010er Jahre öffentlich zugänglich gemacht wurden.

Von außen betrachtet werden die künftigen Besucherinnen und Besucher jedoch nicht umgehend auf die Idee kommen, dass es sich bei dem kantigen Gebäude um einen archäologischen Showroom handeln könnte. Zu unspektakulär und unaufgeregt kommt das neue Gebäude daher, welches im kommenden Jahr offiziell eröffnet werden soll.

“PETRI Berlin”: Schaustelle archäologischen Arbeitens in Berlin-Mitte

Im Innern soll das Projekt seine künftigen Gäste aber überzeugen. Das siebengeschossige Gebäude soll hier, am historischen Gründungszentrum Berlins, zu einer Schaustelle archäologischen Arbeitens werden. Nun wurde die feierliche Schlüsselübergabe für das Projekt gefeiert.

Das Landesdenkmalamt Berlin und das Museum für Vor- und Frühgeschichte werden künftig als Betreiber des neuen Gebäudes fungieren. Der Name des Gebäudes ist “PETRI Berlin”. Neben den geplanten Ausstellungen sollen im Neubau auch professionelle Arbeitsplätze für Archäologinnen und Archäologen in den Obergeschossen bereitgestellt werden sowie Einblicke in ihre Tätigkeit gewährleistet werden.

35 Millionen Euro hat der Neubau am Petriplatz gekostet

Rund 35 Millionen Euro investierte der Berliner Senat in den Bau des Gebäudes und die Gestaltung der Freiflächen. Ab 2025 soll das “PETRI Berlin” dann seine Arbeit aufnehmen und ein neuer touristischer Anziehungspunkt im Berliner Zentrum werden.

Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) zeigte sich hocherfreut: “Als Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen freue ich mich, heute an diesem besonderen Ort den Schlüssel des PETRI Berlins an die zukünftigen Nutzenden zu übergeben. Mit dem neuen Besucherzentrum wird Berlins Geschichte lebendig. Das Haus bietet Ausstellungen, Seminarräume und modernste Werkstätten für archäologische Arbeiten. Besucherinnen und Besucher, besonders Kinder und Jugendliche, können ab 2025 archäologische Methoden erleben und selbst aktiv werden.”

Architektonisch war der Neubau eine große Herausforderung

Architekt Florian Nagler sprach in seiner Rede über die Schwierigkeiten während des Baus: “Ein großes, massives Haus, ein Depot-, Werkstatt- und Ausstellungsgebäude über fragilen, fast zarten Fundamentresten zu bauen und diese dabei nicht nur zu erhalten, sondern auch zeigen zu können, war eine echte Herausforderung.

Der Neubau ist über einer bisherigen Grabungsstätte entstanden, so dass Besucherinnen und Besucher im “PETRI Berlin” zukünftig die Fundamente der Cöllnischen Lateinschule von 1350 im untersten Geschoss hautnah erleben können.

Ausgrabungsstücke vom Molkenmarkt werden künftig im “PETRI Berlin” gezeigt

Eine der prominentesten Ausgrabungsstätten der Hauptstadt befindet sich nicht weit entfernt vom neuen Archäologischen Haus, am Molkenmarkt. Viele der dort gefundenen Objekte werden künftig im Neubau am Petriplatz untersucht und ausgestellt werden.

Der Petriplatz in Berlin-Mitte gehört zu den Stadtarealen Berlins, dessen ursprüngliches Gesicht durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und die anschließende, städtebauliche Neuplanung heute quasi nicht mehr erkennbar sind.

Ursprünglicher Petriplatz ist heute quasi vollkommen verschwunden

Dabei war ausgerechnet die Petrikirche, die auf diesem Platz stand, gemeinsam mit der Nikolaikirche, das älteste, urkundlich erwähnte Gotteshaus der Stadt. Tatsächlich aber war der Platz auch in den vergangenen Jahrhunderten schon geprägt von fortwährender Veränderung.

Mehrere Kirchenbauten waren es nämlich, die sich auf diesem Platz befanden. Nachdem 1809 die schon dritte Petrikirche, ein barock gestalteter Sakralbau, abbrannte, wurde erst 40 Jahre später an gleicher Stelle eine neue Kirche errichtet. Architekt dieser letzten Petrikirche war  Johann Heinrich Strack.

1964 wurde die Ruine der Petrikirche abgerissen und nicht wieder aufgebaut

Doch auch diese Kirche sollte nur wenig mehr als 100 Jahre Bestand haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Großteil der Bebauung am Platz, einschließlich der Kirche auf dem Platz, zerstört. Lediglich der Erweiterungsbau des Kaufhauses Rudolph Hertzog an der Ecke Brüderstraße blieb erhalten.

Die Ruine der Petrikirche wurde bis 1964 letztlich abgetragen und nicht wieder neu aufgebaut. In den 1960er Jahren wurden nördlich des Petriplatzes, an der Scharrenstraße, Wohnhäuser in Plattenbauweise und das Bürogebäude für das Ministerium für Bauwesen der DDR errichtet.

8 Spuren: Ausbau der Gertraudenstraße veränderte den Stadtraum vollends

Mit dem Ausbau der Gertraudenstraße zu einer achtspurigen Verkehrstrasse änderte sich der einstige Charakter des Quartiers vollends. Die unbebauten Flächen des einstigen Petriplatzes zwischen Breiter Straße und Kleiner Gertraudenstraße wurden als Parkplatz angelegt.

So endete einer der historisch relevantesten Orte Berlins als Abstellfläche für Autos. Durch die Wiedervereinigung ergab sich dann aber die Möglichkeit, die Zukunft des Petriplatzes neu zu denken. Aber im Zuge des Zusammenwachsens beider Stadthälften gab es Anfang der 1990er Jahre in der noch jungen Hauptstadt dringlichere Themen als den Wiederaufbau des historischen Zentrums.

Erst 2006 wurde der Wiederaufbau des Petriplatzes beschlossen

So dauerte es bis 2006, bis der Berliner Senat im Rahmen des sogenannten “Planwerks Innenstadt” den Wiederaufbau des Petriplatzes beschloss. Archäologische Untersuchungen Anfang der 2000er Jahre waren Bestandteil der Vorbereitungen zur Wiederbebauung des Platzes.

Die neu entstehende Stadtlandschaft rund um den Petriplatz wird ein völlig neues, urbanes Bild des historischen Quartiers zeichnen und überwiegend moderne Gesichtszüge haben, wie auch das nun fertiggestellte “PETRI Berlin”.

Es darf wohl dennoch als städtebaulicher Gewinn bewertet werden, dass der Platz, der jahrzehntelang zu einem Parkplatz und einer ungenutzten Brachfläche degradiert worden war, wieder in einen öffentlich zugänglichen Bereich im Herzen Berlins umgewandelt wird – auch wenn von seinem ursprünglichen Charakter kaum noch etwas sichtbar sein wird.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

© Open Street Map

Quellen: Landesdenkmalamt Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte, Berliner Woche, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Florian Nagler Architekten

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2 Comments

  1. Böhme 16. Juli 2024 at 11:59 - Reply

    “Von außen betrachtet werden die künftigen Besucherinnen und Besucher jedoch nicht umgehend auf die Idee kommen, dass es sich bei dem kantigen Gebäude um einen archäologischen Showroom handeln könnte. Zu unspektakulär und unaufgeregt kommt das neue Gebäude daher, welches im kommenden Jahr offiziell eröffnet werden soll.”

    Eine reichlich euphemistische Beschreibung. Architektonisch ist das Gebäude völlig unbefriedigend. Man muss mal fragen, mit welchem Ehrgeiz die Architekten ihren Beruf ausüben? Berlin hatte nach der Wende aufgrund der noch vorhandenen kriegsbedingten Freiflächen stadtplanerisch wie architektonisch unglaubliche Chancen – alle weitestgehend vertan! Und dieses Beharrungsvermögen der Berliner Politik und der Planungsverwaltung im Schlechten scheint trotzig verteidigt zu werden. Regula Lüscher als vorletzte Senatsbaudirektorin hatte noch lange vor ihrem Amtsantritt über das, was unter Stimmann an Architektur genehmigt wurde, sinngemäß gesagt, dass Berlin mit der Architektur Gefahr laufe, genauso gesichtslos wie Washington D.C. zu werden. Genau das ist es, wenn es dann unter ihr auch nicht besser wurde.

  2. Kirk 5. August 2024 at 13:25 - Reply

    So ein furchtbarer Bunker! Die armen Menschen, die in den (Gott sei Dank) erhalten gebliebenen alten Häusern daneben wohnen oder arbeiten, müssen fortan auf eine fensterlose Wand schauen. Wenn es wenigstens nicht so hoch wäre! Das House Of One hätte doch gereicht als Platzbebauung.
    Die DDR-Stadtplanung war eine Katastrophe, aber wenigstens konnte man von der Breiten Straße über die Auto-Parkplätze hinweg, die alten Häuser sehen (neogotisches Hochzeitshaus und das barocke Haus daneben).
    Unsensibel und charakterlos, diese Planung!

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