Auf dem Areal des einstigen Rangierbahnhofs Pankow soll ein neues Stadtquartier entstehen. Der Streit um bedrohte Tierarten, die auf dem Gelände leben, verzögert das Projekt jedoch seit Jahren. Nun soll eine Entscheidung der Senatskommission Wohnungsbau die Umsiedlung der bedrohten Kröten und Echsen ins Berliner Umland ermöglichen.

Ambitioniertes Bauvorhaben im Herzen Pankows: Das Projekt “Pankower Tor” soll unter anderem den Bau von rund 2.000 Wohnungen ermöglichen. Einziges noch verbliebenes Hindernis ist jedoch der Schutz seltener Kröten und Echsen. / © Visualisierung: Nöfer Architekten

© Visualisierungen: Nöfer Architekten
Text: Björn Leffler

 

Bereits im August 2021 hatte eine Expertenjury entschieden, dass das städtebauliche Konzept der Büros Nöfer Architekten und Christoph Kohl Stadtplaner Architekten als Grundlage für die Erstellung eines Masterplans dienen sollte, um das bislang brachliegende Gelände unweit des S- und U-Bahnhofs Pankow zu gestalten.

Auf dem Areal des einstigen Rangierbahnhofs Pankow soll ein neues Stadtquartier entstehen. Das Gebiet erstreckt sich vom S- und U-Bahnhof Pankow entlang der Bahntrasse und der Granitzstraße, von der Mühlenstraße im Westen über die Berliner Straße hinaus bis zum S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf und der Prenzlauer Promenade im Osten.

Auf dem Areal des Rangierbahnhofs Pankow sollen 2.000 Wohnungen entstehen

Das neue Quartier wird kooperativ von der Eigentümerin Krieger Handel SE, dem Bezirk Pankow sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen entwickelt. Auf dem Gelände soll der Bau von 2.000 Wohnungen, Einzelhandelsflächen, Gastronomie, Grünflächen, Büros und ein Möbelhaus realisiert werden.

Je nachdem, wie sich die Baukosten entwickeln, soll rund eine Milliarde Euro in die Entwicklung des Areals investiert werden. Investor Krieger, seit über einem Jahrzehnt Eigentümer des Areals und seines Zeichens Unternehmer und Chef von über 80 Möbelhäusern und Fachmärkten, hatte anfangs gehofft, neben dem Möbelhaus auch ein Einkaufszentrum und mehr Flächen für Gewerbe auf dem Gelände errichten zu können.

Auf dem Gelände soll ein begrüntes und autofreies Quartier entstehen

Im erarbeiteten und nun auch verabschiedeten Entwurf steht allerdings das urbane Wohnen deutlich im Vordergrund. Zum Westen hin soll etwa ein neuer Stadtplatz an der Berliner Straße entstehen, als offener und attraktiver Eingang zum geplanten, autoarmen Quartier.

Dennoch ist der konkrete Baustart für das Großprojekt noch ungewiss. Denn ungeklärt ist noch das Schicksal zweier bedrohter Tierarten, die sich auf dem Gelände des „Pankower Tors“ heimisch fühlen. Dies sind die Zauneidechse sowie die Kreuzkröte. Seit vielen Jahren wird um die Zukunft dieser beiden Arten zwischen Projektverantwortlichen und Tierschützern gerungen.

Senatskommission Wohnungsbau ermöglicht Zugang zum “Ökokonto”

Nun allerdings soll es einen entscheidenden Durchbruch in den schwierigen Verhandlungen gegeben haben. Die Senatskommission Wohnungsbau hat nach Angaben der Berliner Stadtentwicklungsverwaltung ein Lösungsszenario für den verfahrenen Konflikt gefunden.

Laut einer Mitteilung der Senatsbauverwaltung soll nun auf das sogenannte „Ökokonto“ zurückgegriffen werden. Dieses soll helfen, ökologische Ausgleichsmaßnahmen für stadtpolitisch bedeutsame Bauvorhaben bereitzustellen, sofern sie nicht vor Ort ausgeglichen werden können. Und das ist beim Projekt “Pankower Tor” der Fall.

“Pankower Tor”: Wohnprojekt mit gesamtstädtischer Bedeutung?

Mit der Umsetzung des Bebauungsplans entstehe ein umfangreicher Bedarf an Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des Plangebiets, erklärte die Senatsverwaltung. So erfülle das Projekt “Pankower Tor” aufgrund seiner gesamtstädtischen Bedeutung, der zeitlichen Dringlichkeit und des hohen Anteils an gemeinwohlorientiertem Wohnungsbau die Voraussetzungen für einen Zugang zum “Ökokonto”.

Auch der geplante Bau von Schulen und Kitas auf dem Areal, der so wichtig für den weiterhin stark wachsenden Bezirk Pankow ist, wird als Begründung für die Aktivierung des “Ökokontos” herangezogen. Wenn sich in den Berliner Bezirken kein geeigneter Lebensraum bietet, erlaubt die Regelung eine Lösung im Berliner Umland.

Ausgleichsflächen dürfen nun im Berliner Umland gesucht werden

Genau so soll es nun laut der Senatskommission im Fall der Kröten und Eidechsen am “Pankower Tor” durchgeführt werden. Es hätten sich nach einer Analyse keine Umsiedlungsgebiete innerhalb Berlins gefunden. Um dennoch eine Realisierung des wichtigen Vorhabens und eine zügige Fortsetzung des Verfahrens zu ermöglichen, werden nun Areale außerhalb Berlins untersucht.

Mit diesem beschleunigten Verfahren setzt sich der Senat allerdings ganz klar über die großen Bedenken des Naturschutzbunds NABU hinweg, der eine Lösung für den Verbleib der Kreuzkröten auf dem Baugelände östlich des Bahnhofs Pankow gefordert hatte, da die Kröten einen Umzug möglicherweise nicht überleben würden.

NABU befürchtet, dass die Kreuzkröten einen Umzug nicht überleben würden

Um die Flächen zur Umsiedlung der geschützten Tierarten zu gewähren, sei nun ein Ausweichen nach Brandenburg möglich, weil es im Berliner Stadtgebiet die erforderlichen Ausweichflächen schlicht und ergreifend nicht gibt.

Um die konkreten Flächen muss sich nun der Bauherr kümmern, ebenso um die Umsiedlung selbst. Dass dies aber überhaupt geschehen, wurde nun durch die Entscheidung der Senatskommission ermöglicht.

NABU hatte bereits im Juli 2021 gegen die Einstufung des Bauprojekts geklagt

Der NABU hatte bereits im Juli 2021 dagegen geklagt, dass der Senat das Bauprojekt „Pankower Tor“ als ein Bauvorhaben von zwingend öffentlichem Interesse eingestuft hatte. Denn nur mit dieser Einstufung ist die Umsiedlung der streng geschützten Tiere rechtlich überhaupt möglich. Die Klage ist noch vor dem Verwaltungsgericht anhängig.

Ob die jetzt erfolgte Entscheidung der Kommission tatsächlich den von den Projektverantwortlichen herbeigesehnten Baubeginn beschleunigen kann, ist allerdings noch nicht wirklich sicher. Zudem könnte es sich bei der von Franziska Giffey und Andreas Geisel forcierten Senatsentscheidung um ein Wahlkampf-Manöver handeln. Das letzte Wort scheint am “Pankower Tor” also noch längst nicht gesprochen zu sein.

 

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© Visualisierung: Nöfer Architekten

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Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Senatskommission Wohnungsbau, Berliner Morgenpost, Der Tagesspiegel

 

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