Seit Jahren gibt es Konzepte zur Umgestaltung des Hardenbergplatzes, doch realisiert wurde bisher nichts. Der Berliner Senat verweist auf den geplanten Bau mehrerer Tramlinien zum Bahnhof Zoo und will die Neugestaltung des Hardenbergplatzes bis dahin auf Eis legen. Für diese neuen Tramstrecken wurden bislang aber weder eine Machbarkeits- noch eine Variantenstudie in Auftrag gegeben. Am lieblosen Hardenbergplatz wird sich also auf absehbare Zeit weiterhin nichts tun.
© Foto Titelbild: IMAGO / Stefan Zeitz
Während zahlreiche Bauprojekte in der Berliner City West mit Nachdrucke vorangetrieben werden, liegt eine lange angekündigte und immer wieder neu angeschobene Umgestaltung seit Jahren auf Eis, obwohl bereits mehrfach eine Modernisierung angekündigt worden ist.
Die Rede ist vom Hardenbergplatz am Bahnhof Zoologischer Garten, einem der meistfrequentierten Stadtplätze rund um Tauentzien und Kurfürstendamm, der jedoch nicht mehr als ein unwirtlicher Verkehrsumschlagsplatz ist – und eine große, wenig einladende Parkplatzfläche. Wer den in die Jahre gekommenen Platz heute sieht, merkt schnell: Das Areal hätte eine zeitgemäße Umgestaltung bitter nötig.
Christoph Langhof schlug 5 Hochhäuser für den Hardenberglatz vor
Eine solche hatte Architekt Christoph Langhof im Februar 2023 für den Hardenbergplatz proaktiv publiziert. Langhof schlug ein vollkommen neues Nutzungskonzept für den Vorplatz des Bahnhofs vor und würde auf der Fläche fünf 70 Meter hohe Gebäude errichten und zeitgleich den Autoverkehr vom Platz verbannen.
Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf unter Federführung des Bezirksstadtrats für Ordnung, Umwelt, Straßen und Grünflächen, Oliver Schruoffeneger (Die Grünen), hat für den Platz jedoch ganz andere Pläne, die bereits lange bekannt sind.
Der Bezirk hat gänzlich andere Pläne für den Hardenbergplatz
Der Platz, der vielen Berlinerinnen und Berlinern sowie auch Gästen der Stadt lediglich als Vorplatz des Bahnhofs Zoo und große Parkfläche bekannt ist, präsentiert sich seit Jahrzehnten als eher unrühmliches Eingangstor zur City West.
Entstanden ist der Platz im Jahre 1958, als der zwischen Hertzallee und Hardenbergstraße befindliche Teil der Joachimsthaler Straße in Hardenbergplatz umbenannt und zu einem solchen umgebaut wurde. Benannt ist er – wie auch die Hardenbergstraße – nach dem preußischen Staatsmann Karl August von Hardenberg.
Das Thema Mobilität soll den Hardenbergplatz der Zukunft prägen
Hochhäuser, wie von Langhof vorgeschlagen, kommen in den Planungen des Bezirks allerdings nicht vor. Denn das Thema Mobilität soll in den kommenden Jahren das bestimmende Thema auf dem Hardenbergplatz werden, für den es allein in den vergangenen zehn Jahren verschiedenste Umbaukonzepte gegeben hat – realisiert wurde bislang keines.
Oliver Schruoffenegers Ziel ist es, den Platz moderner und digitaler zu gestalten. Dies soll im Rahmen eines Modellprojekts erfolgen. Demnach soll der Hardenbergplatz als typischer Bahnhofsvorplatz mit hoher Nutzung “smart und flexibel” umgestaltet werden. Was immer das konkret heißen soll, ist bislang unklar geblieben. Denn der Hardenbergplatz präsentiert sich weitgehend unverändert.
Hardenbergplatz: Pläne für den Bau von Tramlinien verhindern Umgestaltung
Und das wird wohl auch in den kommenden Jahren so bleiben, denn wie aus einem Bericht der Berliner Morgenpost hervorgeht, steht einer Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes die geplante Verlängerung mehrerer Tramlinien bevor. Umgehend fragt man sich, welche Tramlinien einen Umbau des Hardenbergplatzes behindern sollten, doch der Berliner Senat meint es offenbar ernst.
Der Berliner Senat zieht nach eigener Aussage in Betracht, die City West an das Straßenbahnnetz anzubinden. Dies geht aus einer Anfrage des Abgeordneten Stefan Häntsch (CDU) an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen hervor. Neu ist diese Idee erstmal nicht: Bereits im Nahverkehrsplan Berlin 2019–2023 war zumindest die Strecke zwischen Potsdamer Platz und Zoologischem Garten aufgeführt.
Berliner Senat möchte mehrere Tramlinien bis zum Hardenbergplatz am Bahnhof Zoo führen
Darüber hinaus verweist die Senatsverwaltung auf weitere potenzielle Verbindungen vom Virchow-Klinikum, aus Westend und vom Theodor-Heuss-Platz zum Bahnhof Zoo. Doch ob und wann diese Strecken tatsächlich umgesetzt werden, bleibt jedoch vollkommen ungewiss – vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Einsparungen des Berliner Senats und der Konzentration aller finanziellen Mittel auf das Großprojekt „TVO“ im Berliner Südosten, für das der Senat voraussichtlich rund 350 Millionen Euro selbst aufbringen muss – und dies auch tun möchte.
Als direkte Folge dieser Verkehrsstrategie wurde erst kürzlich das seit mehr als zwei Jahrzehnten geplante Tramprojekt zwischen dem Alexanderplatz und dem Potsdamer Platz ersatzlos aus dem Vorhabenplan der Senatsverkehrsverwaltung gestrichen, ohne merkliche Proteste der verantwortlichen Verkehrssenatorin Ute Bonde. Wenn also nicht einmal eine so simple Tramverbindung in den kommenden Jahren zustande kommen soll – deren Trasse bereits fertig geplant war – woher sollen dann mehrere Tramlinien kommen, die durch Berlins City West fahren?
Für den Bau neuer Tramlinien durch die City West gibt es weder Machbarkeitsstudie noch Zeitplan
Nach Angaben des Senats wurden bislang weder eine Machbarkeits- noch eine Variantenstudie in Auftrag gegeben. Entsprechend existieren auch keine belastbaren Planungsgrundlagen oder Aussagen zu Zeit- und Kostenrahmen. Solange nicht geklärt ist, welchen Platz die neuen Tramlinien benötigen würden, soll demzufolge aber auch die Neugestaltung des Hardenbergplatzes am Bahnhof Zoo auf Eis liegen – was dem Berliner Senat in den kommenden Jahren viel Geld sparen wird.
Der Hardenbergplatz soll künftig eine Endhaltestelle aufnehmen – doch ohne klare Planungen bleibt dieses Vorhaben ausgesprochen vage. Der Bau einer oder mehrerer neuer Tramlinien bis zum Bahnhof Zoo wird, wenn man das Tempo von Berliner Bahn- und Tramprojekten der vergangenen Jahre zugrunde legt, viele Jahre dauern, voraussichtlich mindestens ein Jahrzehnt. Eine so langfristige Verkehrsplanung, die noch nicht einmal im Ansatz begonnen wurde, als Argument heranzuziehen, den Hardenbergplatz noch weitere 10 bis 15 Jahre im Status Quo verharren zu lassen, kommt einer städtebaulichen Bankrotterklärung gleich.
Der triste Hardenbergplatz wird sich selbst überlassen, anstatt innovative städtebauliche Lösungen zu finden
Denn der Hardenbergplatz ist für viele Besucher das Eingangstor zur westlichen Berliner Innenstadt, immerhin ist der Bahnhof Zoo mittlerweile wieder zur ICE-Haltestelle aufgestiegen. Das jedoch scheint beim offenbar heillos überforderten Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und der wenig interessierten und noch weniger ambitionierten Verkehrsverwaltung kein Anlass dafür zu sein, eine Umgestaltung des Platzes in Angriff zu nehmen – unter Berücksichtigung dessen, dass bestimmte Bereiche des Platzes für eine spätere Tramnutzung vorgehalten werden.
Letztlich wird am Hardenbergplatz auch in den kommenden Jahren nichts oder nur sehr wenig passieren, den fantasievollen Ankündigungen von Oliver Schruoffeneger zum Trotz. Der Hardenbergplatz reiht sich damit ein in die unrühmliche und rückwärtsgewandte Verkehrs- und Freiraumplanung der Berliner City West – und ist damit in gewohnt uninspirierter Gesellschaft.
An anderen Stellen in Berlin werden Verkehrsprojekte umgesetzt, die City West verharrt im veralteten Bestand
Während an anderer Stelle im Berliner Zentrum, etwa beim aufwendigen und mittlerweile abgeschlossenen Umbau der Grunerstraße am Alexanderplatz längst Tatsachen geschaffen wurden, verharrt die Senats- und Bezirkspolitik in der City West in fragwürdiger Tatenlosigkeit. Am Potsdamer Platz hingegen wurde in nur wenigen Jahren ein Teilbereich des riesigen Areals in eine reine und ansprechend gestaltete Fußgängerzone umgewandelt, ohne großes Aufheben – allerdings von einem privaten Investor.
Ähnliche Projekte werden für die Südseite des Humboldt Forums, im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg oder rund um den Hackeschen Markt vorangetrieben, wo eine verkehrsbefreite Zone eingerichtet werden soll. In Berlins City West wird man auf solche Konzepte auch in den kommenden Jahren noch vergeblich warten. Für diese Prognose muss man wohl kein großer Prophet sein.
Quellen: Berliner Morgenpost, BVG, Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Der Tagesspiegel