Während die Ausrichtung zur Neukonzeption des nahegelegenen Rathausforums in Mitte gefunden scheint – keine historische Rekonstruktion der Berliner Altstadt – und der Wiederaufbau des Stadtschlosses im überwiegend historischen Gewand, aber mit modernen Elementen, abgeschlossen ist, bleibt die Frage nach der Zukunft der Schinkelschen Bauakademie weiter offen.
Denn beides – historisch korrekte Rekonstruktion oder modern interpretierter Neubau – ist an der Stelle, an der zwischen 1832 und 1836 das historische Gebäude nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel entstand, möglich. Dass das am 3. Februar durch Bombenangriffe schwer zerstörte Gebäude neu aufgebaut werden soll, ist nach jahrelanger Debatte mittlerweile beschlossene Sache und vom Bundestag entsprechend anschubfinanziert.
Wiederaufbau ist vom Bundestag beschlossen und finanziell unterstützt
Dennoch war und ist der Weg zum Wiederaufbau bislang ein außerordentlich steiniger. Vor allem das Hickhack um die Besetzung des Gründungsdirektor-Postens hatte das Projekt im vergangenen Jahr in arge zeitliche und inhaltliche Bedrängnis gebracht.
Nachdem die erste Wahl der Findungskommission, Florian Pronold, von Fachleuten und Architekten abgelehnt worden war und dieser letztlich von seinem Amt zurückgetreten war, wurde der Posten im März 2021 neu besetzt.
Neue Besetzung des Gründungsdirektor-Postens: Guido Spars übernimmt
Der Wuppertaler Architekturprofessor Guido Spars soll nun als Gründungsdirektor die Bundesstiftung aufbauen. Er tritt sein Amt allerdings erst im September dieses Jahres an. Bis dahin wird das Projekt aber mitnichten ruhen. Derzeit laufen intensive, archäologische Ausgrabungsarbeiten auf dem historischen Gelände der Bauakademie.
Bei den Grabungen wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche Dekorteile der einstigen Fassade, Teile von Fensterpfosten, Formziegel und weitere Fragmente von Terrakottareliefs entdeckt. Studierende des Aufbaustudiums Bauforschung und Baudenkmalpflege der Technischen Universität Berlin sind an den Ausgrabungs- und Forschungsarbeiten beteiligt.
Intensive Ausgabrungsarbeiten auf dem historischen Gelände
Derzeit steht noch nicht fest, in welcher Form und mit welcher Funktion das quaderförmige Gebäude wiederaufgebaut werden soll. Die derzeit tätigen Archäologen schlagen vor, die umfangreichen Funde im zukünftigen Gebäude prominent auszustellen und die Fundamente des einstigen Gebäudes sichtbar zu belassen.
Das Bauwerk galt nach seiner Fertigstellung in seiner Konstruktionsweise als revolutionär für das 19. Jahrhundert. Es handelte sich dabei laut Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, „um das erste maßgebliche profane Rohziegelgebäude in Preußen“.
Das Gebäude galt im 19. Jahrhundert als revolutionär
Das Stützenraster des Gebäudes hatte in jeder Richtung acht Achsen mit 5,55 Metern Abstand und gab so eine mathematisch exakte Gliederung vor. Die Vormauerung aus roten, unverputzten Ziegelsteinen beinhaltete aufwendig gestaltete Schmuckterrakotten. Schinkel selbst bewohnte in dem Gebäude eine 600 Quadratmeter große Dienstwohnung.
Trotz der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg sollte das Gebäude in der DDR wiederaufgebaut werden. Der Architekt Richard Paulick hatte einen Restaurierungs- und Wiederaufbauplan ausgearbeitet, sogar ein Richtfest wurde 1953 gefeiert. In den Folgejahren jedoch stockte das Projekt, die SED-Regierung wollte keine finanziellen Mittel mehr für das Projekt freigeben.
Die DDR plante erst den Wiederaufbau, riss die Überreste aber 1962 ab
Aufgrund des 1958 ausgeschriebenen Ideenwettbewerbs der DDR zur “Sozialistischen Umgestaltung des Stadtzentrums” wurde gemäß Beschluss des Leitungskollektivs zum Aufbau des Stadtzentrums am 13. März 1962 die Bauakademie abgerissen, um Platz zu schaffen für die Errichtung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR im Jahr 1966.
Die neu gegründete Bauakademie wird sich nach dem Amtsantritt ihres Gründungsdirektors aber erst einmal inhaltlich finden und aufstellen müssen, bevor Details des neuen Gebäudekörpers überhaupt diskutiert werden können. Zudem muss ein Bauprogramm entwickelt und ein Architektenwettbewerb zur Unterbringung der Institution im wiederaufgebauten Schinkel-Gebäude ausgelobt werden.
Ein Architektenwettbewerb zum Wiederaufbau wird ausgelobt
Welches die zukünftigen Aufgaben der Bauakademie sind und wie sich von der ähnlich aufgestellten Bundesstiftung Baukultur abgrenzt, wird ab Herbst 2021 ausgelotet werden. Auch eine Zusammenlegung dieser beiden Institutionen samt Unterbringung in der Schinkel-Rekonstruktion wird immer wieder diskutiert.
Aufgrund der zahlreichen Variablen und Unwägbarkeiten, die das Projekt derzeit noch begleiten, ist die zukünftige Gestalt des Gebäudes noch vollkommen offen. Anhänger der historischen Form, wie etwa der Förderverein Bauakademie, fordern den Wiederaufbau in seinen korrekten, historischen Ausmaßen und Ausstattungsmerkmalen.
“Förderverein Bauakademie” fordert originalgetreuen Wiederaufbau
Aber, wie auch der Wiederaufbau des Humboldt Forums gezeigt hat, können auch hier gänzlich andere, modernere Ansätze in die Konzeption einfließen. Abhängig ist das von der Zusammensetzung der letztlich entscheidenden Jury und natürlich vor allem davon, wie das Gebäude zukünftig genutzt werden soll.
Das Beispiel Humboldt Forum hat einerseits gezeigt, dass auch ein langer, steiniger Weg letztlich erfolgreich bestritten werden kann. Aber es ist auch ein Beispiel dafür, dass es für das Gesamtprojekt durchaus hinderlich sein kann, wenn das Gebäude letztlich “zu viel” leisten soll und eine sehr große Zahl von Kompromissen eingegangen werden muss. Es bleibt abzuwarten, ob das Projekt “Wiederaufbau Bauakademie” von diesen Erfahrungen wird profitieren können.
Der Schinkelplatz selbst wurde in den vergangenen Jahren bereits neu beubaut.
In unmittelbarer Sichtweite zur Bauakademie wird derzeit das Einheits-Denkmal errichtet.
Ein Verein fordert den Wiederaufbau des Anhalter Bahnhof in Kreuzberg. Hier gibt es mehr Informationen dazu.
Weitere Projekte in Mitte gibt es hier.
© Grafiken / Fotos: Förderverein Bauakademie
Modell der historischen Bauakademie
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2. November 2024
Ich plädiere auf jeden Fall für den Stahlskelettbau, den Schinkel von seiner Reise nach England zurückbrachte
Etwas Besseres als das Original gibt es nicht!
Warum gibt es hier keinen Newsletter zum Bestellen?
1 x monatlich mit einem kurzen Update würde ja reichen, um sich immer wieder dann hier mal umzuschauen. So vergisst man in der heutigen Informationsflut diese (und auch manche andere lohnenswerte) Seite leider wieder schnell.
Newsletter ist ein Tool zur Leserbindung ;-)
Mit besten Grüßen
Michael Holzinger
Hi Michael, danke Dir für die Anregung – wir arbeiten schon daran und es wird voraussichtlich im Oktober einen Newsletter geben! :)
Grüße aus der Redaktion
Für die Wiederherstellung des Originals im äußeren Erscheinungs-bild gibt es keine Alternative!
Alles Andere wäre eine Beleidigung dieses größten preußischen
Baumeisters !
Der Förderverein Bauakademie, die Architekten Abri und Raabe und die Ziegelei GOLEM haben die bisher stehende Ecke gebaut und gezeigt, der historische Skelettbau ist möglich.
Für einen zeitgemäßen(modernen) und auch historischen Bau werden sich wohl zahlreiche Architekten finden.
Dann können dort auch wieder Bauschaffende, Architekten und Bilhauer ausgebildet werden.
[…] Derzeit gibt es noch allerdings noch keinen Zeitplan für einen Realisierungswettbewerb für das Gebäude, welches erst im Jahre 1962 tatsächlich vollständig abgerissen wurde, im Zuge der Neuplanung des Zentrums von Ost-Berlin. […]