Über die zukünftige Gestaltung der Friedrichstraße in Berlin-Mitte wird weiter leidenschaftlich debattiert. Ein Vorschlag des Büros CKSA plädiert dafür, das Thema größer zu denken und die Friedrichstraße mit dem Gendarmenmarkt zusammenzulegen, das Gelände anspruchsvoll zu gestalten und den Fahrrad- und Autoverkehr aus diesem Areal herauszuhalten.

Vorschlag des Büros CKSA: Friedrichstraße und Gendarmenmarkt sollen gemeinsam gedacht werden. Zudem sollen Auto- und Fahrradverkehr aus diesem Areal fernbleiben. / © Visualisierung: CKSA | Christoph Kohl Stadtplaner Architekten

© Visualisierungen: CKSA | Christoph Kohl Stadtplaner Architekten
© Foto Friedrichstraße: depositphotos.com

Text: Björn Leffler

 

Auch nach der Wahl ist und bleibt das Thema Friedrichstraße ein emotional behaftetes Thema. Die noch amtierende Verkehrssenatorin Bettina Jarasch – die womöglich auch in diesem Posten verbleibt – hatte vor der Wahl einen Architekturwettbewerb angekündigt, um die zukünftige Ausgestaltung der Fußgängerzone zu ermitteln.

Längst gibt es jedoch proaktive Vorschläge, wie die Friedrichstraße zukünftig aussehen könnte. Einen dieser Vorschläge zeigen wir hier in enger Abstimmung mit dem Büro Christoph Kohl Stadtplaner Architekten, welches uns sein Konzept und die dazugehörigen Visualisierungen freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Den Vorschlag des Büros veröffentlichen wir hier ungekürzt.

Ideen zur Neugestaltung der Friedrichstraße vom Büro CKSA

Die Friedrichstraße ist aufgrund ihrer Geschichte eine der bekanntesten Straßen Berlins. Trotzdem sind nur wenig Berliner wirklich stolz auf sie. Viele empfinden vor allem den mittleren Teil unterhalb Unter den Linden als irgendwie unangenehm, oder zumindest nicht so toll wie ihr Ruf eigentlich verspricht.

Die Friedrichstraße ist grau, die Fußgänger sind an den Rand gedrängt und die Straße ist zum Radfahren ungeeignet. Die Aufenthaltsqualität ist miserabel und zugleich können Geschäfte und Gastronomie in Anzahl und Vielfalt nicht mit dem Kurfürstendamm und Tauentzien mithalten.

“Die Sperrung für den Autoverkehr war ein spannender Schritt nach vorne.”

Die Sperrung für den Autoverkehr war ein spannender Schritt nach vorne. Die temporäre Gestaltung mit dem aufgemalten Radweg, die Holzmöbel und den Gewächshäuschen war allerdings komplett in der Optik der alternativen Linken gehalten.

Das muss für Teile des Berliner rechten Lagers so ausgesehen haben, als ob die Kreuzberger Szene die Friedrichsstraße besetzt hätte. Die Friedrichstraße mit Autoverkehr so zu belassen wie sie ist, kann aber keine Lösung für das eigentliche Problem sein.

“Wer das coole Berlin sucht, wird in der Friedrichstraße nie fündig”

Die wichtigste Zielgruppe der Friedrichsstraße ist nicht das grüne oder alternative Publikum. Die Friedrichstraße wird mit den wichtigen Straßen in den Szenekiezen nie mithalten können, wenn es um alternative Läden, Altbauten und vielfältige und bezahlbare Gastronomie geht. Wer das international hoch angesehene, coole Berlin sucht, wird in der Friedrichstraße nie fündig.

Der Grund warum Unternehmen wie Lafayette sich in den Neunzigern gegen die City West und für die Friedrichsstraße entschieden haben ist das barocke Berlin des Gendarmenmarktes, es sind die vielen Bauten des 17ten und 18ten Jahrhunderts in der Umgebung. Hierzu fühlen sich die wichtigsten Zielgruppen der Friedrichstraße angezogen, es sind die Menschen, die gerne in einer schicken Umgebung einkaufen und es sind Besucher die sich für das ältere Berlin interessieren.

Die Friedrichstraße sollte passend zum Gendarmenmarkt gestaltet werden

Die Friedrichstraße soll dazu passend gestaltet werden, also edel und repräsentativ wie die ursprüngliche Friedrichstadt. Die beispielhafte Visualisierung, die die Senatsverwaltung dafür hat anfertigen lassen, passt dazu nicht. Die Friedrichsstraße sollte Natursteinpflaster statt gewöhnlichen Gehwegbelag erhalten, mit Kunstobjekten statt mit Holzmöbeln ausgestattet werden und mit einer repräsentativen Vorzone für Edelgastronomie und Geschäfte statt mit Hochbeeten.

Trotzdem besteht dann aber die Gefahr, dass die Friedrichstraße wie eine typische West-Deutsche Fußgängerzone aussehen wird. Man muss größer denken. Der Gendarmenmarkt ist der Kern des barocken Berlins und die Friedrichsstraße hat die Chance, sich damit zu einem Quartier zu verbinden.

Querstraßen zwischen Gendarmenmarkt und Friedrichstraße sollten autofrei sein

Dazu sollen die Querstraßen zwischen Friedrichstraße und Gendarmenmarkt auch autofrei und im gleichen Naturstein als Aufenthaltsraum gestaltet werden. Eventuell soll auch die Mohrensraße als Verbindung zur Mall of Berlin mit einbezogen werden.

Die Neugestaltung des Gendarmenmarktes geschieht mit kleineren, aber deswegen befahrbaren Pflastersteinen im gleichen bestehenden quadratischen Muster. Dieses simple aber schöne Muster kann wie ein Teppich über das ganze Quartier gelegt werden und von Lieferverkehr befahren werden.

Die Friedrichstraße soll fahrrad- und autofrei werden – und ohne Bordstein

Nur in der Charlottenstraße wird das Muster subtil unterbrochen um die übergeordnete Fahrradroute zu markieren. Die Friedrichstraße selber wird Fahrrad- und Autofrei. Wichtig ist auch eine Vorzone vor den Häusern ohne Bordstein, die ein Übergang zwischen privaten und öffentlichen Raum schaffen.

Einzelne große Bäume, sowie besondere Kunstobjekte oder Wasserelemente stärken die Aufenthaltsqualität des Quartiers in der Friedrichstadt.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Mit Autos, ohne Autos, oder als hypbrides Modell? Wie die Zukunft der Friedrichstraße in Berlin-Mitte aussehen soll, darüber gehen die Meinungen der Berliner Bevölkerung stark auseinander. / © Foto: depositphotos.com

Wir hatten unsere Leserinnen und Leser im November 2022 gefragt, wie sie das Pilotprojekt bewerten und wie die Friedrichstraße zukünftig aussehen soll. / © Visualisierung und Erhebung: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

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Quellen: CKSA | Christoph Kohl Stadtplaner Architekten, Berliner Morgenpost, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN

 

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