Das Kino “Colosseum” an der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg soll reaktiviert werden. Der neue Eigentümer, das Immobilienunternehmen “Values Real Estate”, hat dem Bezirk nun erstmals seine Pläne vorgestellt. Das Unternehmen will den historischen Kern des Kinos zwar erhalten, doch soll es mit einem modernen Anbau als Bürogebäude für Medienunternehmen dienen.

Der Umbau steht an: Das Unternehmen Values Real Estate will aus dem ehemaligen Kino einen Medien- und Gewerbestandort machen. Aber auch ein Kino soll weiterhin Teil des Gebäudekomplexes sein.

 

Text: Stephanie Engler

Das Kino “Colosseum” an der Schönhauser Allee soll mithilfe des neuen Eigentümers endlich wieder zum Leben erwachen. Das Unternehmen Values Real Estate will den historischen Kern des Kinos zwar erhalten, doch soll es mit einem modernen Anbau der Berliner Medienlandschaft als Bürogebäude dienen.

Schon zu Beginn der Corona-Pandemie musste das Kino in Prenzlauer Berg schließen. Danach folgte ein baupolitischer Eklat. Fast genau vor zwei Jahren gelangte ein Vorgang ans Licht, der die Öffentlichkeit aufschreckte: Erst kurz nach der Insolvenz 2020 stellte sich nämlich heraus, dass der Bezirk Pankow schon Monate zuvor einen Vorbescheid zum Abriss des Kinos genehmigt hatte.

Bezirk Pankow hatte den Abriss des Kinos schon vor der Insolvenz genehmigt

Das Problem an dem Vorgang war: Kein Bauexperte der politischen Fraktionen hatte Kenntnis von dem Vorgang. Lediglich die Adresse der einstigen Berlinale-Stätte (Schönhauser Allee 123) tauchte in einer Liste auf, aus der hervorging, dass das “Colosseum” zu großen Teilen abgerissen werden soll. Das Bezirksamt gab dazu aber keine Projektvorstellung im Pankower Bauausschuss. 

Der Umbau des Kinos zum Medien-Hub soll Ende nächsten Jahres starten und bis 2025 fertiggestellt sein. Der neue Eigentümer stellte am Mittwochabend erstmals die offiziellen Pläne vor. Die Zukunft des fast 100 Jahre alten Kultkinos sieht weiterhin einen Kulturbetrieb vor, aber auch eine Nutzung als Bürostandort.

Projekt „Schönhauser 123“ startet 2023

Geschäftsführer Thorsten Bischoff erklärte den geplanten, weitreichenden Abriss der alten Cineplex-Kino-Flächen aus den 1990er Jahren. Unter dem Arbeitstitel „Schönhauser 123“, abgeleitet von der Adresse des Kinos, soll an deren Stelle ein „Hub der Medienindustrie“ entstehen. 

Der Plan sieht vor, neue Büroflächen für Berliner Unternehmen mit Medienbezug zu schaffen. Der Neubau soll dann über dem denkmalgeschützten Kern des Hauses emporragen. Die alten Gebäudeteile sollen jedoch nicht vollends unter den neuen Büroetagen verschwinden. Das historische Atrium der Colosseum-Fläche aus dem Jahre 1924 soll weiterhin erhalten bleiben. Dort, im Alten Kern des Kinos, soll ein Film- und Kulturbetrieb entstehen. 

Ein moderner Bürokomplex über historischen Mauern

Das Ziel des Hamburger Investors ist es, die Erweiterungen des Kinos aus den 1990er Jahren zu entfernen. Der alte Grundriss von 1924 soll mit seinen Remisen wiederhergestellt werden. Die ersten Simulationen für den Umbau des “Colosseums” (die noch nicht veröffentlicht werden dürfen) zeigen das Atrium im Hof mit einem Glasdach. Diese Idee wird jedoch aufgrund zu starker Sonneneinstrahlung voraussichtlich wieder verworfen. 

Daher wird nun geprüft, ob ein festes Shed-Dach die Fläche überdachen wird. Solarzellen sollen dafür sorgen, dass sich der Bürokomplex selbst mit Energie versorgen kann. Geschäftsführer Bischoff regte zusätzlich an, mehrere Kleingärten auf dem Dach zu installieren. 

Das Konzept ist bislang noch nicht in allen Einzelheiten ausgearbeitet

Die bisher von den Cineplex-Kinos verdeckten Remisen sollen laut Bischoff wiederhergestellt werden. Es sei schon mit Museen gesprochen worden, die sich in dem historischen Teil niederlassen könnten.

An der Seite zur Gleimstraße hin soll ein Bereich für Konferenzen oder ein zweiter Film-Vorführraum entstehen. Denn der alte Premieren-Kinosaal an der Gebäudefront zur Schönhauser Allee hin bleibt erhalten. Das neue Kino hätte dann zwei Kinosäle zur Verfügung.

Vielfalt der Berliner Medienwelt soll im neuen Gebäude sichtbar werden

Die Mieter der neuen Büros sollen die Vielfältigkeit der Medienlandschaft repräsentieren. So befindet sich Bischoff sowohl mit größeren Firmen als auch mit dem Berliner Medienboard in Gesprächen, um auch kleinere Unternehmen anzuwerben. 

Das Zukunftsmotto für das Projekt lautet „Spielend in die Zukunft“. Für den Umbau konnte das renommierte Architektenteam von Tschoban Voss Architkten aus Prenzlauer Berg gewonnen werden. Das Team hat in Berlin auch die Vattenfall-Zentrale neu entworfen. 

Die Berlinale findet 2023 wieder in ihrer alten Ausrichtungsstätte statt

Der neue Investor plant bis zum Beginn der Umbauten Ende 2023 eine umfangreiche Interimsnutzung des “Colosseums”. So sollen beispielsweise Pankows Familien das Kino für Einschulungsfeiern nutzen können. 

Dies sei schon mit dem Bezirksamt Pankow abgesprochen. Zudem sollen auch die Artspring und die Berliner Games Week 2022, die schon im September Fans der Computer-Spieleindustrie anlockt, im “Colosseum” stattfinden. Im Februar nächsten Jahres soll sogar die Berlinale in den alten Kinosaal zurückkehren. 

Fehler der Kulturbrauerei sollen sich nicht wiederholen

Die Baustadträtin Pankows, Rona Tietje (SPD), lobte den neuen Investor, da er mit dem Erhalt des historischen Kerns “guten Willen” zeigen würde, wie sie es nannte. Nun sei es jedoch wichtig, früh das Gespräch zu suchen und den Nutzungsmix zu besprechen. Es sei anhand des unklaren Geschäftsmodells nicht ersichtlich, womit Values eigentlich Geld verdienen will. 

Ein gescheitertes Beispiel sei ihrer Meinung nach die Kulturbrauerei, aus der gelernt werden müsse. Denn Kulturorte können sich ungünstig entwickeln, wenn die Nutzung der Büros für die Mieteinnahmen zunehmend wichtiger und auch lukrativer werde. 

Die Angst vor einem Identitätsverlust im Bezirk ist groß

Des Weiteren fürchtet Die Linke in Pankow einen Verlust eines Identitätspunkts für den Bezirk. Matthias Zarbock, Linken-Fraktionschef, betonte die Wichtigkeit des “Colosseums” und hob heraus, dass behutsam damit umgegangen werden müsse. Denn “der Ort hatte für jeden, der hier lebt, Bedeutung“.

Proteste gab es zudem vonseiten früherer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Haus zwischenzeitlich mit Protestplakaten schmückten. Eines zierte der Schriftzug „Nightmare on Gleimstreet“ und spielt auf einen bekannten Horrorfilm und die Schließung des Filmhauses an. 

Values Real Estate wird den Vorbescheid zum Abriss nutzen

Schon zu Beginn des Jahres ließ der neue Investor den Vorbescheid verlängern. Kurz darauf kaufte die Immobiliengesellschaft das “Colosseum” den Erben des Vorbesitzers Artur Brauner ab. Values wird daher vom Vorbescheid des Bezirksamts Pankow auch Gebrauch machen. 

Zur Verlängerung war Tietje Anfang 2022 gezwungen. Sie musste dem Vorgang zustimmen, da das Stadtentwicklungsamt den Abriss der neueren Kino-Teile bereits abgesegnet hatte. Nur der denkmalgeschützte Teil, das Atrium samt Kinosaal, darf dem Abriss nicht zum Opfer fallen und bleibt auch zukünftig erhalten.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Kulturinstitution im Herzen des Prenzlauer Berg: Das historische Kino “Colosseum” an der Schönhauser Allee. Auch zukünftig soll es hier einen Kinobetrieb geben. 

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