Nach dem überraschenden Rücktritt von Manja Schreiner als Verkehrssenatorin wird VBB-Chefin Ute Bonde als Nachfolgerin gehandelt. Diese ist nicht nur ein großer Fan des Berliner Magnetbahnprojekts. Bürgermeister Kai Wegner steht vor der Aufgabe, die desorientiert wirkende Verkehrsverwaltung wieder auf Kurs zu bringen.
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Text: Björn Leffler
Die Nachricht über den Rücktritt von Manja Schreiner (CDU) vom Posten der Berliner Verkehrssenatorin kam in der vergangenen Woche ausgesprochen überraschend und nicht wenige fragen sich, ob ein Rücktritt aus dem Regierungsteam aufgrund der bestehenden Plagiatsvorwürfe gegenüber Schreiner wirklich notwendig war.
Franziska Giffey, ehemalige Bürgermeisterin der Hauptstadt und derzeit Wirtschaftssenatorin, sah sich vor einigen Jahren mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert, zog sich aber deswegen nicht aus der Politik zurück.
Nutzte Schreiner die Plagiatsvorwürfe, um aus der Schusslinie zu kommen?
So bleibt zumindest der Verdacht, dass Schreiner nicht nur aufgrund ihrer beanstandeten Doktorarbeit zurückgetreten ist, sondern die Gelegenheit womöglich sogar genutzt hat, um sich selbst aus der Schusslinie zu nehmen. Denn die Verkehrspolitik, die Schreiner gleich kurz nach ihrem Dienstantritt begonnen hatte umzusetzen, war weder gut vorbereitet noch wirklich nachvollziehbar.
Da sollten im Handstreich zahlreiche Radwegprojekte einkassiert werden, in die jahrelange Planungszeit und auch viel Geld investiert worden war – auch Fördermittel des Bundes. Von Beginn an war Schreiner auf Konfrontationskurs mit den Bezirken, die an ihren Verkehrsprojekten aber hartnäckig festhielten – und sich in den meisten Fällen durchsetzen konnten.
Eine der ersten Amtshandlungen Schreiners war es, die Friedrichstraße wieder für den Autoverkehr zu öffnen. Ein umfassendes Verkehrs- und Raumkonzept unter Berücksichtigung aller Betroffenen wollte Schreiner entwickeln und dabei die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer und Anrainer berücksichtigen.
Ein Verkehrskonzept Schreiners für die Friedrichstraße gab es bislang nicht
Ob an diesem Vorhaben intern tatsächlich gearbeitet worden ist, ist schwer zu sagen – eine öffentliche Statusmeldung zu diesem Vorhaben gab es jedenfalls nicht. Dafür wurde die Friedrichstraße sehr schnell wieder für den Autoverkehr geöffnet – und kommt heute genauso uninspiriert daher wie während des von vielen Bürgern und Händlern so hart kritisierten Modellversuchs als Fahrradstraße und Fußgängerzone.
Es ist nicht das einzige Projekt, bei dem Schreiner einen losen Faden hinterlassen hat. Auch ihr Vorhaben, einen Großteil der bestehenden Tempo-30-Zonen wieder einzukassieren, um auf diesen Strecken wieder Tempo 50 zu erlauben, sorgte vielerorts für Kopfschütteln – und ist bis dato unvollendet geblieben.
Schreiner wollte Politik für alle Verkehrsteilnehmer machen
Gleichzeitig setzte sich Schreiner in öffentlichkeitswirksamen Social-Media-Posts für sicherere Schul- und Radwege ein – ein Paradoxon. Während sie zur Anbindung der großen Pankower Wohnquartiere gleich den Bau mehrerer neuer U-Bahnlinien in Angriff nahm, sollte die seit Jahrzehnten geplante Tramstrecke zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz gestrichen werden, da Schreiner fürchtete, die Autos hätten durch die neue Tramtrasse zu wenig Platz auf der Leipziger Straße.
Dies hatte zur Folge, dass mehrere Mitarbeiter aus ihrer eigenen Senatskanzlei die Expertise ihrer Senatorin anzweifelten und darauf hinwiesen, dass die für das Projekt angestellten Verkehrsanalysen etwas völlig anderes prognostizierten.
Manja Schreiner kämpfte von Beginn an gegen interne Widerstände an
Dass Schreiner als CDU-Senatorin von Beginn an gegen ihre eigene Behörde ankämpfte, wurde schnell deutlich. Denn der Großteil der Verkehrsprojekte, die dort geplant und umgesetzt wurden, hatten das Ziel, den motorisierten Individualverkehr einzudämmen und ÖPNV, Fahrradwege und Fußgängerbereiche auszubauen.
Schreiner beteuerte zwar, dass sie eine Verkehrspolitik für alle Berlinerinnen und Berliner machen wolle, doch es drängte sich mehr und mehr der Eindruck auf, dass sie ganz klar eine Klientelpolitik verfolgte, die vor allem darauf abzielte, die autogerechten Strukturen zu erhalten, anstatt diese einzudämmen.
Ob für Schreiner die Widerstände aus dem eigenen Ressort zu groß wurden oder sie sogar selbst die Vorgaben ihrer eigenen Partei nicht mehr mittragen wollte, bleibt Spekulation. Vielleicht ist Schreiner tatsächlich aufgrund der Posse um ihre 2007 fertiggestellte Doktorarbeit zurückgetreten – wirklich nachvollziehbar wäre das aber nicht.
Kai Wegner muss nun liefern: Folgt Ute Bonde auf Manja Schreiner?
Bürgermeister Kai Wegner steht nun unter Druck, für den Senatorenposten des Verkehrsministeriums eine Nachfolge zu finden, die von Beginn an fachlich überzeugen kann und eine Politik verfolgt, die an eine klare Verkehrsvision gekoppelt ist.
Mit der Wahl Manja Schreiners hat Wegner dieses Ziel in jedem Fall verfehlt und kann sich einen weiteren Fehltritt in diesem wichtigen Ressort eigentlich nicht leisten. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll die derzeitige VBB-Chefin Ute Bonde die Nachfolge von Manja Schreiner antreten.
Ute Bonde gilt als ausgewiesener Fan des Magnetbahn-Projekts
Mit Bonde hätte Wegner tatsächlich eine vielversprechende Kandidatin an der Hand, die als ausgewiesene Fachexpertin auf den Posten der Verkehrssenatorin kommen würde – und langjährige Erfahrung bei der Planung und Umsetzung großer und komplexer Verkehrsprojekte mitbringt.
Dass Bonde einen großen Schwerpunkt auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs setzen wird, ist keine sehr gewagte Prognose. In der Vergangenheit hat sie sich zudem öffentlich als großer Fan des Magnetbahn-Projekts gezeigt – und wird die Idee als neue Verkehrssenatorin sicher mit Nachdruck weiterverfolgen.
Wie gut passt Ute Bonde in die Verkehrspolitik der CDU?
Wie sich Bonde in die autofixierte Ausrichtung der Berliner CDU einpassen wird, bleibt hingegen abzuwarten – sie ist aber selbst CDU-Mitglied und würde rein von der parteilichen Ausrichtung her passen.
Noch hat Bonde schließlich nicht offiziell zugesagt, doch es wäre durchaus überraschend, wenn sie die Möglichkeit auslassen würde, die Verkehrspolitik der Hauptstadt von höchster Stelle aus koordinieren zu können. Was das für die Berliner Verkehrsplanung der kommenden Jahre bedeutet, darf mit Spannung erwartet werden.
Quellen: Der Tagesspiegel, Berliner Zeitung, VBB, Berliner Morgenpost, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, CDU Berlin
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2. November 2024
Sie soll es machen .Sie hat Erfahrungen. Sie war beim U 55 /U5 dabei .Sie weiss wie der ÖPNV funktioniert und was er braucht .Ich wünsche ihr viel Glück wenn sie Verkehrssenatorin werden sollte
[…] einer möglichen Verlängerung zu untersuchen, strebt die Berliner Senatsverkehrsverwaltung, nun unter Leitung von Schreiner-Nachfolgerin Ute Bonde (CDU), die Durchführung einer Grundlagenuntersuchung […]