Nach der tödlichen Amokfahrt eines psychisch kranken Autofahrers in der Nähe des Breitscheidplatzes in der vergangenen Woche steht die Verkehrsplanung rund um den Platz wieder stärker im Fokus. Die Pläne zu Änderungsmaßnahmen sind nicht neu.
Text: Henriette Schubert
Am Vormittag des 8. Juni 2022 ereignete sich in der Nähe der Gedächtniskirche in Berlin-Charlottenburg ein tödlicher Vorfall, bei dem eine Lehrerin verstarb. Insgesamt 32 Menschen, darunter einige hessische Schüler einer zehnten Klasse, wurden bei der Tat verletzt, als ein Mann mit seinem Auto über die Gehwege des Kurfürstendamms und der Tauentzienstraße raste.
Ein derartiger Vorfall ist in diesem Teil der westlichen City Berlins leider nicht neu. Schon im Februar 2016 starb hier ein Mann auf der Kreuzung der Tauentzien- und der Nürnberger Straße wegen eines illegal durchgeführten Autorennens. Im Dezember desselben Jahres schließlich ereignete sich eine weitere, tödliche Tat, als ein islamistischer Terrorist mit einem Sattelzug in den im Fußgängerbereich aufgebauten Weihnachtsmarkt rund um die Gedächtniskirche steuerte und dabei 13 Menschen in den Tod riss.
Keine Fußgängerzone für die Tauentzienstraße
Bereits seit diesem Anschlag wird über eine Umgestaltung des Bereiches diskutiert. Der am 15. Februar 2021 geplante Senatsbeschluss sei jedoch bis heute nicht umgesetzt worden, so der Verkehrs-Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Die Grünen). Dabei sei genau dies sehr wichtig, um beginnen zu können. Er sieht in der Schaffung einer Fußgängerzone in diesem Bereich jedoch keine umfassende Lösung.
Im Oktober 2020 erreichte das Bündnis „Stadt für Menschen“ eine kurzzeitige Umnutzung der Tauentzienstraße in eine Fußgängerzone – für rund drei Stunden. Der damalige Pfarrer der Gedächtniskirche, Martin Germer, sah darin klare Vorteile. Es werde dem Platz gerecht, den Bereich für Fußgänger auszuweiten und zeitgleich für den Autoverkehr zu reduzieren.
Oliver Schruoffeneger jedoch betont die Notwendigkeit von Hauptverkehrsadern wie der Tauentzienstraße, um den Autoverkehr konzentrieren und durch die City West lenken zu können. Die dauerhafte Einrichtung einer Fußgängerzone sei daher nicht dienlich. Eine Verengung der benachbarten Budapester Straße hingegen hält er für möglich.
Veränderte Straßenführung soll zukünftig Rasereien verhindern
Um die Wegeführung für Fußgängerinnen und Fußgänger attraktiver zu gestalten, richtet der Verkehrs-Stadtrat die Aufmerksamkeit auf die Zusammenführung des Hardenberg- und des Breitscheidplatzes. Auch die Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Kirstin Bauch (Die Grünen), begrüßt diesen Vorschlag. Debatten diesbezüglich würden jedoch zu einem späteren Zeitpunkt geführt.
Offenkundig bleibt indessen, dass das Rasen über die Budapester Straße oder den Kurfürstendamm zum Platz rund um die Gedächtniskirche in Zukunft nicht mehr möglich sein soll. Vor allem als Reaktion auf die Amokfahrt der vergangenen Woche nimmt die geplante Straßenverengung auf beiden Seiten des Platzes Gestalt an. Das schnelle und geradlinige Fahren solle hierdurch verhindert werden.
Erweiterter Fußgängerbereich statt geradliniger Fahrbahn
Es sei nun notwendig, die bereits lange bestehenden Sicherheitskonzepte umzusetzen, um mithilfe eines Kraftfahrzeuges durchgeführte Straftaten signifikant zu reduzieren, sagte die Bezirksbürgermeisterin. Kirstin Bauch erachtet eine allgemeine Beruhigung des Platzes als wichtig.
Das Konzept hierfür sieht eine Entfernung der beiden südlichen Fahrstreifen der Budapester Straße vor. Künftig sollen diese vielmehr als Fußgängerbereich genutzt werden können. In jede Richtung würde dann jeweils eine Spur bis zur Kreuzung Joachimsthaler Straße führen. Eine geradlinige Fahrt sei jedoch nicht mehr möglich.
Die Kantstraße wiederum soll zu einer Sackgasse werden, sodass der Breitscheidplatz von hieraus nicht mehr zugänglich ist. Eine Sperrung mithilfe einer Platzkante würde die Weiterfahrt in diesem Bereich verhindern, so Schruoeffeneger.
Verkehrsberuhigung für mehr Sicherheit
Des Weiteren steht auch die Südseite des Breitscheidplatzes im Fokus der geplanten Änderungen. Der Plan der Senatsverwaltung für Inneres sieht die Etablierung eines Zickzackkurses vor. Kurz vor dem Knotenpunkt an der Gedächtniskirche soll diese Straßenführung am Nordende der Rankestraße den Bereich beruhigen und schnelle Fahrten verhindern.
Zeitgleich soll ein durchgezogener Mittelstreifen das Erreichen des Breitscheidplatzes von der Rankestraße aus verhindern. Dies würde jedoch auch bedeuten, dass das Linksabbiegen auf den Kurfürstendamm nicht mehr möglich wäre.
Umgestaltung des Breitscheidplatzes bereits in Planung
Darüber hinaus sind weitere Änderungen in diesem Bereich denkbar. So könnten auch Poller verhindern, dass Kraftfahrzeuge ungehindert auf den Gehweg gelangen. Oliver Schruoffeneger sieht darin die Möglichkeit, die bisherigen und unansehnlichen Sperrungen auf dem Breitscheidplatz zu ersetzen. Stattdessen würden in Zukunft massive Betonkübel mit Bepflanzung, Poller sowie möglicherweise auch Straßenbahngleise zu mehr Sicherheit beitragen.
Die nach dem Attentat auf den Weihnachtsmarkt provisorisch errichteten Poller-Befestigungen sollen somit einem dauerhaften Verkehrskonzept weichen. Die aktuell nicht zufriedenstellende Lösung soll durch diesen Vorschlag die städtebauliche Lage rund um den Platz erheblich verbessern.
Notwendige Umbaumaßnahmen ab Herbst möglich
So soll der eigentlich sehr populäre Breitscheidplatz wieder an Beliebtheit gewinnen und mit einer verbesserten Aufenthaltsatmosphäre überzeugen. An oberster Stelle steht hierbei, den Platz wieder zu einem offenen Ort für die City West und ihre Gäste werden zu lassen.
Der schnelle Beginn von umfassenden Lösungs- und Umbaumaßnahmen hinsichtlich der Gestaltung von Verkehr und Städtebau wird nach der neuerlichen Amokfahrt im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf nach oben priorisiert und könnte bereits im Herbst dieses Jahres beginnen.
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2. November 2024