entwicklungsstadt berlin

Jede Zeit baut ihre Stadt.

Verkehrswende: Bezirke nutzen Fördermittel für Radverkehr kaum

Mobilitäts- und Radwegprojekte sind in Berlin ein vieldiskutiertes Thema. Um die Verkehrswende baulich voranzutreiben, stehen den Berliner Bezirken umfangreiche Fördermittel zur Verfügung. Diese werden bislang jedoch nur von einem einzigen Bezirk genutzt. 

Berlin braucht neue, klimaschonende Verkehrskonzepte. Zur Verfügung stehende Fördermittel jedoch werden von der Mehrzahl der Bezirke nicht wahrgenommen.

Text: Celine Hellriegel

 

Die angestrebte Verkehrswende ist ein häufig behandeltes Thema auf ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, aber nicht nur hier. Mit dem Beginn des 2021 verabschiedeten Koalitionsvertrages der Berliner Regierungskoalition werden vermehrt Projekte, Programme und Planungen darauf ausgelegt, die Mobilitätswende in der Hauptstadt voranzutreiben.

Doch erstaunlicherweise wird das Förderprogramm des Bundes, Klimaschutz durch Radverkehr, lediglich von einem Berliner Bezirk angenommen. In diesem von der Bundesregierung angestoßenen Förderprogramm soll es darum gehen, das Radfahren in urbanen Räumen attraktiver und sicherer zu machen.

Bislang haben lediglich das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, sowie die Freie Universität Berlin Entwürfe für eventuelle Vorhaben eingereicht. Beteiligen können sich aber auch Kommunen, Hochschulen oder Unternehmen. Die Projekte, die das Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums unterstützt, sind Maßnahmen oder Instrumente beziehungsweise Kombinationen aus Einzelprojekten, die gemeinsam zu einem Anstieg des Fahrradaufkommens führen sollen.

Charlottenburg-Wilmersdorf hat 4,5 Millionen Euro Förderung beantragt

Wichtig ist dabei, so das Ministerium, dass die Vorhaben einen „regionalen Modellcharakter“ aufweisen sollen und an den jeweiligen Bezirk, das Stadtquartier oder den Kiez angepasst sind. Als Vorreiter in diesem Fördervorhaben geht in Berlin nun also Charlottenburg-Wilmersdorf voran. Der Bezirk im westlichen Zentrum Berlins hat seinen Fokus vor allem auf die Verbesserung des Fahrradparkens gelegt.

Zukünftig sollen also mehr und sicherere Fahrradstellplätze entstehen, darunter auch ein Fahrradparkhaus direkt am S-Bahnhof Charlottenburg. Für diese Vorhaben beantragte das Bezirksamt Fördermittel in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro.  

Die Freie Universität plant ein Projekt für rund 900.000 Euro

Die Freie Universität in Steglitz-Zehlendorf versucht hingegen, die gesamte Radinfrastruktur zu verbessern. Dazu gehört der Ausbau von Radwegen sowie das Sicherstellen dieser und die Einführung von Fahrradstraßen. Hier laufen noch die Überprüfungen der Projektunterlagen durch das Ministerium, um den geforderten Bedarf von knapp 900.000 Euro zu bewilligen. 

Warum aber werden die Förderprogramm, die von dem Bund zur Verfügung gestellt werden, nicht ausgeschöpft? Denn das Programm Klimaschutz durch Radverkehr ist nicht das einzige Fördermittel, welches in Berlin kaum genutzt wird. Ebenso ungenutzt sind die Fördermittel aus dem Programm Stadt und Land. Hier liegt Berlin weit hinter anderen Bundesländern zurück, was die Beanspruchung an Fördergeldern anbelangt.

Fehlendes Personal, viele bereits laufende Projekte

Beide Bundesfördermittel laufen nun schon seit rund eineinhalb Jahren und werden in allen anderen Bundesländern deutlich besser angenommen und ausgeschöpft. Gründe für Berlins Hinterherhinken sind laut einer Sprecherin der Senatsmobilitätsverwaltung, dass Berlin und seine Bezirke Radwege bereits deutlich ausbauen würde und daher weniger Kapazitäten für förderfähige Projekte habe.

Das Bezirksamt Neukölln benennt fehlendes Personal und Geld als Grund für die Nichtnutzung des Programms Klimaschutz durch Radverkehr. In Neukölln beispielsweise war im vergangenen Jahr eine der zwei Radverkehrsplanungsstellen unbesetzt. Daher wurden nur die bereits laufenden Projekte betreut und keine neuen Vorhaben zugelassen.

In Treptow-Köpenick waren die Fördermittel nicht bekannt

Doch auch mit der mittlerweile besetzten zweiten Stelle der Radverkehrsplanung ist es nicht möglich, zusätzliche Vorhaben zu betreuen, geschweige denn ins Leben zu rufen, so die Angaben des Radverkehrsamtes.

Personalprobleme hat jedoch nicht nur der Bezirk Neukölln, auch Pankow, Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf verweisen auf Personalsorgen. Zusätzlich bekennt sich der Bezirk Pankow dazu, den Eigenanteil von 25 Prozent nicht selbst zahlen zu können. Der Bezirk Treptow-Köpenick erklärt, dass er nicht einmal etwas vom Förderaufruf mitbekommen hätte. 

Kritik an der Nichtabnahme von Fördermitteln

Für die Nichtabnahme der Fördermittel hagelt es, naturgemäß, reichlich Kritik. So äußert sich FDP-Verkehrsexperte Felix Reifschneider: “Es ist ein Unding, dass Land und Bezirke Fördergelder des Bundes für den Radverkehr liegen lassen. Der Senat muss die Bezirke befähigen und auffordern, vorrangig Bundesmittel zu beantragen“. Weiter betont er: “Die aktuellen Haushaltsberatungen zeigen, wie eng es in den Haushalten des Landes und der Bezirke ist“. 

Die Lösung für das Problem soll nun eine Stelleneinrichtung bei der Senatsmobilitätsverwaltung sein. Aufgaben dieser neu zu schaffenden Position soll es sein, künftig die Aktivierung von Fördermitteln zu koordinieren, zu fördern und als Ansprechpartner und Berater für die Bezirke zu agieren. Eine hoffentlich wirkungsvolle Maßnahme.

Weitere Projekte in Charlottenburg-Wilmersdorf findet Ihr hier

 

Weitere Artikel zu ähnlichen Projekten findet Ihr hier:

Hardenbergplatz: Umbau zum Verkehrskreuz, ohne Hochhäuser

Neues Mobilitätskonzept für die Kantstraße: Parkplätze fallen weg

Charlottenburg: Bau des Fahrradwegs „Opernroute Nord“

Stadtautobahn: Neubau der Rudolf-Wissell-Brücke soll 2025 starten

Weiter Beitrag

Zurück Beitrag

Antworten

© 2024 entwicklungsstadt berlin

Thema von Anders Norén