Der Projektentwickler HB Reavis plant mit dem “Central Tower” ein markantes Hochhausprojekt an der Jannowitzbrücke in Berlin-Mitte, das nun wegen Diskussionen um die Gebäudehöhe auf der Kippe zu stehen scheint. Während der Investor auf 115 Meter Höhe setzt, fordern Denkmalschützer und Bezirk eine Reduktion auf 95 Meter, was die wirtschaftliche Realisierbarkeit nach Ansicht des Bauherrn gefährdet.

Projektentwickler HB Reavis möchte, wie vom Bezirk Berlin-Mitte gefordert, eine öffentliche Dachterrasse auf dem Sockel des geplanten Hochhauses “Central Tower” errichten. Doch Bezirk, Senat und Investor sind sich uneins über die geplante Höhe des Gebäudes. / © Visualisierung: Dorte Mandrup A/S

© Visualisierung Titelbild: Dorte Mandrup A/S
Text: Björn Leffler

 

Der international tätige Projektentwickler HB Reavis ist in Berlin bereits bekannt für sein mittlerweile fertiggestelltes Projekt am S-Bahnhof Landsberger Allee. Dort ist das Gewerbequartier “DSTRCT.BERLIN” entstanden, auf dem Gelände des ehemaligen städtischen Viehhofs.

Zwei weitere Vorhaben plant das Unternehmen einerseits am Berliner Ostbahnhof in Friedrichshain (hier soll das Projekt “PLTFRM.BERLIN” entstehen) sowie an der Jannowitzbrücke in Berlin-Mitte, wo das Hochhausprojekt “Central Tower” realisiert werden soll.

115-Meter-Hochhausprojekt “Central Tower” wurde Anfang 2024 vorgestellt

Zu Beginn des Jahres wurden die Pläne für den Neubau erstmals öffentlich, Bezirksstadtrat Ephraim Gothe präsentierte die Pläne des Investors, ein Hochhaus mit einer Gebäudehöhe zwischen 110 und 115 Metern am prominenten Standort unweit des Alexanderplatzes zu errichten, orientiert am vom Berliner Senat entwickelten Hochhausleitbild.

Gothe betonte im Rahmen des Pressegesprächs Anfang des Jahres die Wichtigkeit, die Stadtöffentlichkeit frühzeitig in die Planung von Hochhausprojekten einzubeziehen und erläuterte ausführlich, wie wichtig es sei, dass Gebäude mit solch einer Höhe nur an bestimmten, geeigneten Standorten entstünden.

Jannowitzbrücke als geeigneter Standort für ein Hochhausprojekt

Die Jannowitzbrücke soll ein solcher Standort sein, und Projektentwickler HB Reavis hat im Entwicklungsprozess der vergangenen zwei Jahre die Wünsche des Bezirks sowie der Anwohner berücksichtigt.

So soll es im neuen Gebäude eine Mischnutzung geben: 70 Prozent der Flächen sollen für Büros bereit stehen, 30 Prozent für Themen wie medizinische Versorgung, Sprach- und Musikschulen, Ateliers, Einzelhandel, Gastronomie und Wohnungen.

Mischnutzung und öffentliche Dachterrasse im “Central Tower” geplant

Die öffentlich nutzbare Dachterrasse, die ebenfalls Teil der Anforderungen war, hat der Projektentwickler auf Wunsch der Anwohner, die in mehreren öffentlichen Veranstaltungen informiert wurden, von der Gebäudespitze in die sechste Etage verlegt, auf das Dach des Gebäudesockels, um eine zu stark touristisch orientierte Nutzung der Terrasse auszuschließen.

Das Projekt wurde bereits mehrfach in der Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Mitte vorgestellt und fand dort die Zustimmung der anwesenden Fraktionen. Mittlerweile hat sich HB Reavis auch gestalterisch festgelegt, der Entwurf der dänischen Architektin Dorte Mandrup soll umgesetzt werden.

“Central Tower”: Berliner Senat kritisiert geplante Höhe von 115 Metern

Doch so einfach ist es nicht, denn nach der Vorstellung des Projekts im Berliner Baukollegium im Mai 2024 wurde vor allem die Höhe des geplanten Gebäudes kritisiert.

Mit 115 Metern entstehe an dieser prominenten Stelle der Innenstadt ein zu dominantes Bauwerk, welches einerseits die Sichtachsen auf den Fernsehturm und weitere historische Gebäude einschränke und sich nicht optimal in die direkte Umgebung einpasse, argumentierte im Mai das Berliner Landesdenkmalamt.

Landesdenkmalamt sieht eingeschränkte Sichtachsen und fordert 90 Meter Höhe

Berlins Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt bat daher den Bauherren HB Reavis, das Konzept noch einmal zu überdenken – eine “noch akzeptable Höhe” sieht das Landesdenkmalamt bei etwa 90 Metern. Obwohl auf dem Grundstück keine denkmalgeschützten Gebäude stehen, haben die Denkmalschützer zum Projekt eine sehr umfangreiche Stellungnahme abgegeben.

Diese Argumentation mutet tatsächlich etwas abenteuerlich an, da am nahegelegenen Alexanderplatz Baurecht für vier Hochhäuser mit einer Höhe von bis zu 150 Metern besteht, zwei dieser Hochhäuser sind bereits im Bau – und werden mutmaßlich auch in historischen Sichtachsen stehen.

Der Bezirk Mitte folgt der Einschätzung des Landesdenkmalamtes

Der Einschätzung des Landesdenkmalamtes folgt nun aber auch der Bezirk Mitte, der dem Projektentwickler eine Gebäudehöhe von rund 95 Metern empfiehlt, mit einer Büro-Nutzfläche von rund 20.000 Quadratmetern.

Bezirksstadtrat Gothe geht davon aus, dass das Gebäude auch in dieser Höhe wirtschaftlich zu realisieren sei. Dieser Einschätzung jedoch folgt Bauherr HB Reavis offenbar nicht, der von der Stellungnahme des Landesdenkmalamtes im Baukollegium nach eigener Aussage völlig überrascht wurde.

Gebäudehöhe von 95 Metern laut HB Reavis nicht wirtschaftlich

Bis dahin war die Größe des Projekts weder vom Berliner Senat noch von der BVV des Bezirks kritisiert worden, so die Grundstückseigentümer. Zudem seien im erarbeiteten Konzept, in das zwei Jahre Zeit und viel Geld geflossen seien, die Anforderungen des Berliner Hochhausleitbildes eingeflossen.

Die öffentliche, aufwendig gestaltete Dachterrasse, die Flächen für Wohnungen, Arztpraxen, Ateliers und unterschiedliche gemeinschaftliche Nutzungen müssten von HB Reavis finanziert werden – und sind nach der Einschätzung des Projektentwicklers mit einer Gebäudehöhe von 90 bis 95 Metern nicht zu stemmen.

Hochhaus “Central Tower”: Der Entwicklungsprozess ist in der Sackgasse

Was eingangs des Jahres als vielversprechendes Hochhausprojekt in der Berliner Innenstadt begonnen hatte, scheint nun in einer kommunikativen Sackgasse angekommen zu sein. Der Bezirk Mitte favorisiert die Höhe von maximal 95 Metern, der Investor verweist auf die fehlende Wirtschaftlichkeit, wenn das Gebäude nicht die ursprünglich geplante Höhe von 115 Metern erreichen wird.

Fraglich ist tatsächlich, wer letztlich die Entscheidungshoheit über das Projekt innehat, denn involviert sind mehrere öffentliche Institutionen. Neben der BVV des Bezirks und Bezirksstadtrat Ephraim Gothe haben auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, das Berliner Landesdenkmalamt sowie das Berliner Baukollegium ihre Meinung zum Projekt abgegeben.

Ein nächstes Treffen der Projektparteien soll im September stattfinden

Bezirk und Investor wollen sich Anfang September erneut zum Projekt austauschen, doch das Vorhaben scheint aufgrund der ablehnenden Haltung seitens der Berliner Verwaltung auf der Kippe zu stehen. Der Investor betont im Gespräch, dass sämtliche Anforderungen des Bezirks und der Anwohnerschaft in das jetzt bestehende Konzept eingeflossen seien und die Ablehnung für ein geplantes Invest von mehreren hundert Millionen Euro nicht verständlich sei.

Zudem wäre das Projekt “Central Tower” das erste Hochhausprojekt, bei dem das gültige Hochhausleitbild, entwickelt Ende der 2010er Jahre von der damaligen Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher und ihrer Senatsbaudirektorin, Regula Lüscher, tatsächlich Anwendung finden würde.

Wenn das Projekt scheitert, steht der Entwicklungsprozess wieder am Anfang

Sollte das Projekt nicht zustande kommen, würde das Grundstück an der Jannowitzbrücke, eingefasst von der Stadtbahntrasse, der Holzmarktstraße sowie der Alexanderstraße, mutmaßlich weitere Jahre unbebaut bleiben. Ein reiner Wohnungsbau ist an dieser Stelle übrigens aufgrund der hohen Lärmbelästigung nicht möglich.

Der heute gültige Bebauungsplan erlaubt im Prinzip nur die Bebauung des Geländes mit einem Hotel. Da sich diese Pläne jedoch zerschlagen hatten, wollten Bezirk und Investor auf dem Grundstück eigentlich gemeinsam das Projekt “Central Tower” realisieren.

Sollte dieses gemeinsame Projekt nun scheitern, stünde die Entwicklung des Grundstücks nach zweijähriger Planungszeit wieder am Anfang, und die unansehnliche Brache unweit des Berliner Alexanderplatzes bliebe weiterhin unbebaut. Umso mehr wäre es zu wünschen, dass die Projektparteien einen tragfähigen Kompromiss finden.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Höhenvergleich: Der Kollhoff-Tower am Potsdamer Platz (links) und das geplante 115-Meter-Hochhaus, welches an der Jannowitzbrücke entstehen soll. / © Visualisierung: Bezirk Mitte

Hochhaus mit 115 Metern und einer gemischten Nutzung samt nachbarschaftlicher Angebote und öffentlicher Dachterrasse: So stellt sich Projektentwickler HB Reavis das Projekt “Central Tower” vor. / Visualisierung: HB Reavis

© Open Street Map

Quellen: Bezirksamt Mitte, HB Reavis, Architektur Urbanistik Berlin,  Müller Reimann Architekten, Dorte Mandrup A/S, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Landesdenkmalamt Berlin

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12 Comments

  1. Marcel S. 22. August 2024 at 07:28 - Reply

    Typisch, nichts geht voran in dieser Stadt weil genau solche Flachpfeifen ständig alles verhindern. Jahrelang wird alles kaputt diskutiert und die Stadt sieht dann trotzdem bescheiden aus. Aus welcher Perspektive wird denn welches wichtige historische Gebäude verdeckt oder welche Sichtachse wird unterbrochen? Und wieso wird die Sichtachse mit 95 m nicht unterbrochen? Was ich auch nicht nachvollziehen kann ist, dass angeblich wegen der Lärmbelastung keine Wohnungen realisiert werden können. Genau gegenüber stehen doch Unmengen an Wohnhäusern. Und wäre es dann nicht auch sinnvoll noch höher zu bauen, dann könnte man ja die Wohnungen in den oberen Etagen realisieren und hätte mit Lärm kein Problem mehr.

    • Claudia Nier 23. August 2024 at 12:40 - Reply

      Schon mal was davon gehört, wie sich Schall /Lärm ausbreitet? Oder in Physik nicht aufgepasst?

      • Sandra_Böck 23. August 2024 at 16:55 - Reply

        >>Schon mal was davon gehört, wie sich Schall /Lärm ausbreitet? Oder in Physik nicht aufgepasst?<<

        Man will also deswegen Menschen verbieten, dort zu wohnen? Lieber gar nicht wohnen? Und von schallsicheren Fenstern hat man wohl auch noch nicht gehört? Auch Flüsterasphalt auf der Straße wäre möglich.

        Hotelgäste können dort schlafen, aber Mieter/Eigentümer nicht? Merkwürdig.

  2. Max 22. August 2024 at 09:12 - Reply

    Wenn der Fernsehturm das grösste Problem ist, einfach abreissen und durch einen 600 m hohen Freedom-Tower ersetzen. Viel kriegen wir Trump dazu den zu sponsern, als Symbol wenn er den Ukrainekrieg beendet.

    • Maxi 23. August 2024 at 12:42 - Reply

      Einfach abreißen, so so.
      Was wird der Eigentümer dazu sagen?
      Um in Paris mehr Bauland zu schaffen, werden die Franzosen bestimmt auch bald auf die Idee kommen, den Eiffelturm abzureißen, der steht eben im Weg.

  3. M. Hillen 22. August 2024 at 10:05 - Reply

    Berlin ist einfach nur unfähig. Da lässt man einen Investor zwei Jahre lang viel Geld, Zeit und Arbeit in die Planung eines für die Stadt wichtigen Projektes investieren, und dann kommt man plötzlich mit der Änderung der gewünschten Höhe um die Ecke. Das ist Berlin: geballte Unfähigkeit an jeder Ecke der Verwaltung.
    Während sich alle anderen mittelosteuropäischen Hauptstädte seit dem Fall des Eisernen Vorhangs wunderschön entwickelt haben, sieht es in der historischen Berliner Innenstadt so öde und unattraktiv aus, als sei die Mauer erst gestern gefallen. Selbst unter den Linden hat man alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Ödnis und Leere und Reizlosigkeit, wohin man schaut. Und wie schön könnte es sein! Stattdessen ist Berlin in seinem Zentrum mit Abstand die unattraktivste und ödeste Hauptstadt Europas.

    • Hille 23. August 2024 at 12:44 - Reply

      kein Kommentar!

  4. Philipp 22. August 2024 at 10:44 - Reply

    Wie kann man diese lächerliche Diskussion ob nun 90 oder 115 Meter überhaupt führen. Es ist wirklich surreal, was sich in der Politik abspielt. Der Vorschlag für einen höheren Bau, kam ja initial sogar von einem Politiker. Das ganze ist wirklich eine Farce die an Lächerlichkeit nicht zu überbieten ist. Was soll denn bitteschön an diesem Platz Denkmal sein? Die Reste der Berliner Innenstadt, die man aber auch wieder nicht historisch korrekt aufbauen will? Man könnte wirklich lachen, wenn es nicht so traurig wäre…

  5. anda tirpitz 22. August 2024 at 14:17 - Reply

    Für einen der wesentlich höhere Gebäude plant, ist das wieder einmal eine Slapstick-Nummer vom Allerfeinsten! Absolut lächerliche Diskussion. Politik versteht sich heute nur noch ans Verhindern. Kommt etwas aufs Tableau kann man drauf warten, bis alle Reichsbedenkenträger vor die Tür treten und ins Horn stoßen. Man kann es förmlich riechen, wie sie mit permanenter Ungeduld und Brastigkeit nur drauf warten, in was auch immer reingrätschen zu dürfen. Wie ich an anderer Stelle mal erwähnte, empfinde ich die Ankündigung der Politik das Bauen zu vereinfachen mittlerweile als verpackte Drohung. Die Ankündigung eines SBG wirkt gerade, wie es dieser Fall exemplarisch nicht besser zeigen könnte, nur noch wie ein Hohnstück allererster Güte….Wenn sie alle Investoren dereinst vertrieben haben, dann werden sie sich ihre kranken Verordnungen und Gesetze nur noch mit Sahne garniert zum siegreichen Kaffeekränzchen servieren lassen können….

    • Andi 23. August 2024 at 12:45 - Reply

      Sie sind offensichtlich eine Expertin.

  6. Realist 22. August 2024 at 18:49 - Reply

    Hauptsache im Westteil Berlins klappt es mit den Hochhäusern.Es ist immer wieder das gleiche Problem. Im Ostteil der Stadt werden die Investoren vergrault,durch fadenscheinige Probleme die es nur im Ostteil der Stadt gibt.

  7. […] dem Projekt steht der Projektentwickler HB Reavis, der an der Jannowitzbrücke sowie am Ostbahnhof zwei weitere Projekte in Berlin entwickeln möchte. Entgegen ursprünglicher […]

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