Trotz der zahlreichen Baustellen, die in Berlin ins Stocken geraten sind, setzen viele Projektverantwortliche alles daran, ihre Vorhaben voranzutreiben und die Bauarbeiten wieder in Gang zu bringen. In diesem Überblick beleuchten wir den aktuellen Fortschritt und die Perspektiven einiger der bedeutendsten Bauprojekte der Hauptstadt.
© Foto Titelbild: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Text: Björn Leffler
Im Zuge der Immobilienkrise sind auch in Berlin zahlreiche Bauvorhaben ins Stocken geraten, ruhende Baustellen sind im Stadtbild mittlerweile keine Seltenheit mehr. Die Projektverantwortlichen arbeiten jedoch weiter daran, die Bauvorhaben zum Abschluss zu bringen, mit ganz unterschiedlichen Methoden und unterschiedlichem Erfolg. Wir geben einen Überblick über den Stand bei einigen der größten Stillstandprojekte in Berlin.
Bauvorhaben “FÜRST” am Kurfürstendamm
Das Um- und Neubauprojekt “FÜRST” wird auf dem Gelände des einstigen Kudamm-Karrees entwickelt und soll den architektonischen Mief der der 1970er Jahre, der das Quartier für lange Jahre geprägt hat, durch ein modernes und offenes Baukonzept ersetzen. Seit dem Sommer vergangenen Jahres waren auf der markanten Baustelle kaum noch Bauarbeiter zu sehen, wie mehrere Hauptstadt-Medien übereinstimmend berichteten.
Doch mittlerweile hat das prominente Bauvorhaben wieder deutlich Fahrt aufgenommen, was auch im Rahmen einer Baustellenbegehung deutlich zu sehen war. Etwa 50 Prozent der Bauarbeiten sind laut Dunstheimer bereits abgeschlossen. Seit Juli 2024 werden die Bauarbeiten mit voller Intensität fortgesetzt, sodass ab Ende 2025 oder Anfang 2026 weitere Nutzungsbereiche und Quartiersbausteine eröffnet werden sollen.
Aktuelle Informationen zum Projekt gibt es hier
Bauprojekt “JAHO” an der Jannowitzbrücke
An der Kreuzung Holzmarktstraße/Jannowitzbrücke planen die Unternehmen Art-Invest Real Estate und Cesa Group das Gebäudeensemble „JAHO“. Moderne Büroräume, ein Stadtplatz und mehrere, kleine Parkflächen („Pocketparks“) sollen neben einem 70 Meter hohen Büroturm künftig das Stadtbild am S-Bahnhof Jannowitzbrücke prägen.
Im vergangenen Jahr wurde vor allem der aufwendige Tiefbau vorangetrieben und letztlich erfolgreich abgeschlossen. Seit über einem Jahr steht die Baustelle am S-Bahnhof Jannowitzbrücke aber nahezu vollständig still, Baufahrzeuge oder Arbeiter sind nicht zu sehen. Stattdessen ist die Baugrube mit Regenwasser vollgelaufen.
Gehört das Projekt “JAHO” also zu den in Schieflage geratenen Berliner Bauprojekten, die im Zuge der Immobilienkrise auf Eis liegen? Diesem Eindruck möchte das Unternehmen Art-Invest Real Estate deutlich widersprechen. Ende August versicherte eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN, dass davon ausgegangen wird, dass der Bau noch in diesem Jahr fortgesetzt werde. Derzeit werde die Vergabe der Bauleistungen für die folgende Hochbauphase vorbereitet.
Wie das “JAHO” einmal aussehen soll, seht Ihr hier
Michaelkirchstraße: Wohn- und Gewerbeensemble “Elements”
Wer derzeit die Michaelkirchbrücke aus Friedrichshain kommend in Richtung Mitte überquert, kommt optisch nicht am riesigen Gebäudeskelett vorbei, welches auf der linken Straßenseite hoch aufragt. Auf dem gut 5.500 Quadratmeter großen Gelände soll ein Gebäude mit bis zu neun Geschossen und 30.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche entstehen. Der Name des Projekts: “Elements“.
In den oberen Etagen sind 15.000 Quadratmeter für Büroflächen und Studios geplant, weitere 5.000 Quadratmeter sind für Wohnungen reserviert. Dabei ist auf zwei Etagen betreutes Wohnen eines entsprechenden Trägers vorgesehen, doch seit dem vergangenen Jahr hat sich auf der raumgreifenden Baustelle wenig getan, das Projekt steht still.
Anfang September 2023 wurden für 16 Berliner Projektgesellschaften der Project Immobilien Gruppe Insolvenzanträge gestellt, letztlich war davon auch das 150-Millionen-Projekt “Elements” betroffen. Der aktuelle Bauherr, das Unternehmen Development Partner, hat aber angekündigt, dass wieder Bewegung in das Projekt gekommen sei. Demnach sind die Projektverantwortlichen zuversichtlich, dass das Projekt noch in diesem Jahr fortgeführt werden kann.
So soll das “Elements” nach seiner Fertigstellung aussehen
Treptow: Hochhausprojekt “Molecules”
Auch an der Fanny-Zobel-Straße in Treptow ist ein Bauvorhaben ins Stocken geraten, das Projekt “Molecules“. Auf einer Grundstücksgröße von etwa 7.000 Quadratmetern, zwischen dem „Treptower“ genannten Hochhaus (ehemals „Allianz Tower“, heute genutzt von der Deutschen Rentenversicherung) und den etwas kleineren „TwinTowers“ soll eine Wohn- und Hotelnutzung mit einer oberirdischen Geschossfläche von rund 39.000 Quadratmetern entwickelt werden.
Doch die Baustelle ruht seit vielen Monaten, es gibt kaum Bewegung in der riesigen Baugrube. Der Bauherr, das Unternehmen AGROMEX Invest GmbH, versichert jedoch, dass es bei dem Hochhausprojekt zeitnah weitergehen soll. Die Fertigstellung der Baugrube sei demnach für Ende 2024 geplant.
Ab Mitte Oktober 2024 sollen etwa 15.000 Kubikmeter Erde durch die beauftragte Erdbaufirma entsorgt werden. Verzögerungen entstanden wohl vor allem durch umfangreiche Beprobungen des Erdreichs aufgrund der neuen Ersatzbaustoff-Verordnung. Die letzten Arbeiten an der Baugrube werden aus wirtschaftlichen Gründen erst nach der Vergabe des Roh- oder Hochbaus beginnen, wie das Unternehmen mitteilt. Aktuell laufen fortgeschrittene Vergabegespräche mit mehreren potenziellen Partnern für diese Bauphasen.
Hier seht Ihr, wie das Bauvorhaben “Molecules” nach seiner Fertigstellung aussehen soll
Hochhausprojekt “Upside Berlin” an der East Side Gallery
Nicht weit entfernt vom Projekt “Molecules” wird unweit der Uber-Arena ein ähnlich gelagertes Bauvorhaben realisiert. Die Rede ist vom Projekt “Upside Berlin” (ehemals “Max und Moritz”), in dem ausschließlich Wohnungen entstehen sollten, vornehmlich Eigentumswohnungen.
Bislang wurden aber lediglich die Sockelgebäude fertiggestellt und zum Teil auch schon bezogen. Doch in den Zwillingstürmen wird weiterhin nicht gebaut, jedenfalls nicht in großem Stil. Zuletzt wurden wieder vereinzelte Baumaßnahmen auf der Baustelle gesichtet, aber eine offizielle Information seitens der Bauherren haben wir bislang nicht erhalten.
So soll das “Upside Berlin” künftig aussehen, wenn es denn fertiggestellt wird
Steglitz: Wohnhochhaus “Überlin” an der Schloßstraße
Der geplante, 120 Meter hohe Wohnturm “Überlin” sollte eigentlich bis Ende 2024 rund 330 Eigentumswohnungen und verschiedene Läden im Sockelgebäude beherbergen. Doch fehlende Baugenehmigungen, Rücktritte von Kaufverträgen über Eigentumswohnungen und gerichtliche Auseinandersetzungen haben diesen Zeitplan längst in weite Ferne rücken lassen.
Mit der ursprünglichen Planung hätte der neue Wohnturm wohl ein Wahrzeichen des Bezirks Steglitz-Zehlendorf werden können. Nun steht das Projekt vielmehr als Symbol für ein mittlerweile enorm ins Straucheln geratenes Bauvorhaben und einen Bauherrn – die Adler Group – der offenkundig mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen hat.
Rein optisch hat sich an dem mittlerweile entkernten Hochhaus seit mehreren Jahren nur wenig verändert, und dass die Adler Group das Projekt noch selbst fertigstellt, wird mittlerweile von Immobilien-Experten nicht mehr erwartet. Laut einem Bericht der Berliner Morgenpost soll das Projekt durch die Adler Group derzeit zum Verkauf angeboten werden – bislang aber offenbar ohne Erfolg. Eine Prognose, ob das Projekt tatsächlich jemals abgeschlossen wird, ist äußerst schwierig abzugeben.
Mehr Informationen zum Projekt findet Ihr hier
Schöneberg: Ehemaliges Signa-Projekt “Femina-Palast”
Der österreichische Immobilienkonzern Signa war Ende 2023 in finanzielle Schieflage geraten und musste schließlich Insolvenz anmelden. Viele Bauprojekte in Deutschland und Europa standen damit auf einen Schlag still, mehrere davon in Berlin. Auch bereits laufende als auch geplante Bauvorhaben gehörten dazu, unter anderem die Großbaustellen am KaDeWe in der Passauer Straße sowie das benachbarte Projekt “Femina Tanzpalast”, als auch das Projekt “Glance” in der Charlottenburger Franklinstraße.
Laut Immobilien Zeitung soll es für das Projekt “Femina Tanzpalast”, welches im ehemaligen Hotel Ellington realisiert werden soll, nun einen Käufer geben. Laut Marktinformationen hat der Insolvenzverwalter der Projektgesellschaft das Objekt für 64,5 Millionen Euro veräußert. Der Käufer soll der israelische Investor Vivion sein.
Zukünftig soll in dem langgezogenen Gebäude mit der charakteristischen Fassade eine Mischnutzung aus Büros, Gastronomie, Kultur und Eventflächen untergebracht werden. Auch ein historischer Ballsaal soll wieder auferstehen, er soll das Herzstück des neu konzipierten Gebäudes werden. Dort, wo in den “Goldenen Zwanzigern” Paul Godwin mit seinem Orchester dem Publikum den neuesten Jazz und Swing darbot und nach dem Krieg Musik-Legenden wie Louis Armstrong, Ella Fitzgerald oder Duke Ellington auftraten, soll auch künftig wieder gefeiert werden.
Über 1.000 Quadratmeter groß und zwei Etagen umfassend soll der neue Ballsaal werden, bei einer Deckenhöhe von zehn Metern. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Saal zerstört. Das Interior des Ballsaals, des Restaurants sowie der Office-Lobby wird von den Designexperten des David Collins Studio gestaltet – wenn denn der neue Investor diese Pläne genau so umsetzen möchte.
Hier seht Ihr die Pläne für das Projekt “Femina Tanzpalast
Weitere Bilder zum Thema findet Ihr hier:
Quellen: Berliner Morgenpost, Immobilien Zeitung, Adler Group, AGROMEX Invest GmbH, Art Invest Real Estate, Development Partner
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2. November 2024