Im Südosten Berlins soll bis 2027 in Oberschöneweide das 10 Hektar große Gewerbegebiet “BE-U” entstehen. Der Bauherr, das Unternehmen DIE AG, arbeitet daran, ein nachhaltiges Konzept für die zukünftige Energieversorgung des neuen Quartiers zu entwickeln. Nun geht das ambitionierte Bauvorhaben in die nächste Phase.
© Visualisierungen und Fotos: DIE AG
Text: Wolfgang Leffler
Es sind große Pläne, die das Unternehmen DIE AG im Berliner Südosten vorantreibt. Gemeint ist das Gewerbeprojekt “BE-U”, welches rund um den historischen Peter-Behrens-Bau entstehen soll. Bereits im April 2022 hatten wir im Rahmen der 41. Metropolengespräche zum Projekt „Unvollendete Metropole“ über das geplante Modellprojekt im ehemaligen Industriegebiet Oberschöneweide berichtet.
Im Zentrum dieses Modellprojekts steht vor allem die zukünftige Energieversorgung des neuen Quartiers. Geplant ist mittels Erdwärme eine Stromerzeugung von bis zu 25 Gigawattstunden zu erreichen. Mit dieser Strommenge könnte das Behrens-Ufer und eine fünfstellige Anzahl von Haushalten versorgt werden.
Nachhaltige Energieversorgung für das Projekt “BE-U” geplant
Die entstehende Wärmeerzeugung wäre quasi inklusive und würde in die in unmittelbarer Nähe liegende Ostendstraße eingespeist werden. Die technischen Herausforderungen sind allerdings enorm, will man doch bis zu 4,5 Kilometer tiefe Erdbohrungen vornehmen, wo Temperaturen von rund 130 Grad herrschen.
Mittels der dort vorherrschenden Wärme soll Ammoniak verdunstet werden, welches wiederum Druckluftturbinen von General Electric antreiben soll, woraus dann der Strom gewonnen wird. Um berlinweit bei der Stromversorgung von Fremdeinspeisungen jedweder Art gänzlich unabhängig zu werden, müsste die Stadt insgesamt 15 Anlagen dieser Bauart installieren.
Geothermie: Die DIE AG investiert bis zu 100 Millionen Euro in das Modellprojekt
Die DIE AG rechnet bei dieser ersten Anlage mit realen Kosten in Höhe von 55 Millionen Euro, hat aber kaufmännisch vorsichtig mit einer Investitionssumme von ca. 100 Millionen Euro kalkuliert.
Zwei Kilometer vom S-Bahnhof Schöneweide und sieben Kilometer vom Bahnhof Ostkreuz entfernt soll das neue Quartier entstehen. Mehr als 1,1 Milliarden Euro werden in das rund 10 Hektar große, ehemalige Industrieareal investiert. Die bauliche Mischung aus historischen und neuen Gebäuden soll künftig insgesamt 234.000 Quadratmeter Mietfläche für Gewerbetreibende bieten.
Bauvorhaben “BE-U” soll auf einem 10 Hektar großen Industriegelände entstehen
Das weiträumige Gelände liegt in direkter Nachbarschaft zur Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Die geplanten, großzügigen Räume sollen besonders geeignet für Forschung und Entwicklung, Labore und Hightech-Produktionen sein. Als Wissens-Hub soll das Projekt mit dem Namen “BE-U” den Zukunftsort Schöneweide erweitern und Synergieeffekte mit dem naheliegenden Technologiestandort Adlershof ermöglichen.
Nach der Fertigstellung des Projekts soll das Gelände auch für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und auch eine jederzeit nutzbare Uferpromenade geschaffen werden. Auf dem gesamten Gelände und insbesondere entlang eben jener Uferpromenade sollen vielfältige Gastronomiekonzepte und Angebote für Freizeit, Erholung und Gesundheit entstehen. Auch die Errichtung einer Schule und einer Kita auf dem Areal sind vorgesehen.
Nächste Projektphase: Mehrere “BE-U innovation Labs” starten
Kürzlich informierte das Unternehmen, dass das Bauvorhaben nun in die nächste Projektphase getreten sei. Mit der Integration der sogenannten “BE-U innovation Labs” unterstützen künftig Expertenkreise die weitere Projektentwicklung und sollen somit bereits während der Bauphase zu einem belebten und aktiven Quartier beitragen, wie es offiziell heißt.
Als Experten zu bestimmten Themen bringen sich unter anderem der ehemalige Kulturstaatssekretär und jetzige Musikproduzent Tim Renner sowie der Architekt und Gründer des Vertical Farm Institute Wien, Daniel Podmirseg, ein. Diese “innovation Labs” sollen als Kommunikations- und Entwicklungsplattformen agieren und dafür sorgen, dass mit einem regen Knowhow-Austausch der Standort weiter vorangebracht und die Gesellschaft an den Entwicklungen des Projektes mit einbezogen wird.
Themen wie Energie, Esskultur, Lebensmittel und Kultur werden behandelt
Schwerpunkte dieser geplanten “Labs” sollen die Themen Energie, Esskultur, Lebensmittelversorgung, Kunst und Kultur sowie Innovative Standort- und Stadtentwicklung sein. Die Leitung der einzelnen “Labs” sollen nach Auskunft der DIE AG erfahrene und versierte Fachleute übernehmen, die sich themenspezifisch aus Vertretern von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft rekrutieren.
Auch zukünftige Mieterinnen und Mieter, die als Firmen und Institutionen in das neue Areal einziehen werden, sollen in die “BE-U innovation Labs” mit einbezogen werden, die also als integraler Bestandteil der Projektentwicklung am Behrensufer funktionieren sollen.
Behrensufer: Auch zukünftige Mieter sollen an den “Labs” teilnehmen
Die Aufgabe der “Labs” soll vor allem darin bestehen, gestalterische, technologische und prozessuale Ansätze bei der weiteren Projektumsetzung mit einfließen zu lassen und mittels thematischer Publikationen und Veranstaltungen die Öffentlichkeit am Vorhaben teilhaben zu lassen.
Der Vorstand der DIE AG, Robert Sprajcar, führte dazu aus, dass das Projekt Behrensufer zeigen soll, wie “zukunftsfähige und nachhaltige Quartierentwicklung bei intelligenter und allumfassender Planung funktionieren kann“. Das dabei erworbene Wissen wolle man weitergeben und so neue Standards setzen. Die jeweiligen “Labs” werden also folgende Themenscherpunkte setzen:
Tiefengeothermie als neue Energiequelle
Beim “new energy LAB” geht es um die ganzheitliche und nachhaltige Konzeption zur Energieversorgung des Quartiers. Das Thema Tiefengeothermie spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle, da hier eine mögliche grundlastfähige Energieressource mit unerschöpflichen Energiequellen erschlossen werden könnte. Eine in unseren Breitengraden völlig neue Technologie, die als Best-Practice-Beispiel das Pilotprojekt für weitere Bauvorhaben dienen könnte. Sollte dieses Energieprojekt umgesetzt werden, könnten damit ganze Stadtteile mit Strom, Wärme und Kälte versorgt werden.
Urbane Lebensmittelproduktion
Das “food LAB” widmet sich der grundsätzlichen Herausforderung einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung in großstädtischen Ballungsräumen. Auch hier geht es um die Gestaltung eines Entwicklungszentrums, also ebenso ein Pilotprojekt, für innovative Unternehmen aus der Lebensmittelbranche. Ziel ist es, eine urbane Lebensmittelproduktion aufzubauen und diese mit den Verbrauchern im neu errichteten Areal miteinander zu verbinden. Man spricht dabei von einer ganzheitlichen Kreislaufwirtschaft. Aktuell läuft bereits eine Machbarkeitsstudie zur Umsetzung im Quartier unter der Regie des ‚vertical farming‘.
Fokussierung auf Bedürfnisse des Menschen
Als Innovationszentrum für soziale und digitale Veränderungen soll das “development LAB” agieren, wobei das Hauptaugenmerk auf die Fokussierung des Menschen und seine Bedürfnisse gelegt wird.
Die Experten dieses “Labs” konzentrieren sich auf die Schaffung eines vielfältigen und inspirierenden Angebots für die Menschen im Quartier. Gestaltet werden sollen Räume für Kreativität, Produktivität und Ruhe, ebenso Räume für Ausgeglichenheit, Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden unter Einbeziehung des Außenbereichs inklusive der Dächer.
Kunst und Kultur
Das “arts & culture LAB” hat sich zum Ziel gesetzt, das Behrensufer als neuen Hotspot der Berliner Kunst- und Kulturszene zu etablieren, denn neben Arbeitsräumen werden auch Räume für Kunst, Kultur und Freizeit errichtet. Geplant ist dabei eine Vernetzung zwischen der Berliner Kulturszene mit den neuen Angeboten des “BE-U arts & culture” – Areals.
Die DIE AG nimmt die ganzheitliche Quartiersentwicklung also allem Anschein nach sehr ernst und beginnt frühzeitig damit, die zukünftig geplanten Elemente des Gewerbequartiers zu entwickeln. Es wird spannend zu beobachten sein, wie die tatsächliche Entwicklung des Quartiers letztlich aussehen wird.
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Quellen: DIE AG, Architektur Urbanistik Berlin, Wikipedia, Berliner Woche, AIV, Geoforschungszentrum Potsdam, Der Tagesspiegel
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