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“Metropolengespräch”: Die Zukunft der Berliner Industriekultur

Die Themen Industriekultur und Denkmalpflege standen im Zentrum einer Veranstaltung des Berlin-Brandenburger Architekten- und Ingenieurvereins, die am 24. März im Behrensufer-Areal in Oberschöneweide stattfand. Wie zahlreiche Zeugnisse dieser  Kultur für neue soziale, kulturelle und ökonomische Nutzungen wiederbelebt werden, wurde präsentiert und diskutiert.

Eines von sechs vorgestellten Projekten im Rahmen der Veranstaltung: Die Sanierung und Weiterentwicklung des Quartiers an der Alten Mälzerei in Lichtenrade. / © Visualisierung: UTB Projektmanagement GmbH

Text: Wolfgang Leffler

 

Der Architekten-und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg e.V. (AIV) hatte zu zwei Veranstaltungen eingeladen, die das Projekt „Unvollendete Metropole“ begleiten sollen. Bedingt durch die fast zweijährige Pandemie, die dieses Projekt vorübergehend ausbremste, fand am 24. März 2022 das erste Event im Behrensufer-Areal in Berlin-Oberschöneweide erstmalig wieder vor Publikum statt.

Eingeladen waren sowohl die Fachwelt als auch interessierte Bürgerinnen und Bürger aus der Region. Die Veranstaltung fand großen Anklang und gereichte dem Namensgeber des Areals alle Ehre, hatte doch der Architekt und Designer Peter Behrens im frühen 20. Jahrhundert mit seinen Entwürfen für die AEG (Häuser, Lampen, Tische, etc.) der neuen Industriekultur in Berlin einen prägenden Stempel der Moderne aufgedrückt.

Thema der Veranstaltung: Denkmalpflege und Industriekultur

Im Zentrum der Veranstaltung stand das Motto „Denkmalpflege und Industriekultur als Zukunftsaufgabe in Berlin und Brandenburg“ und wurde inhaltlich mit sechs Fachvorträgen zu in Planung befindlichen oder bereits realisierten Projekten inhaltlich untermauert.

Prinzipiell ging es dabei um den Erhalt von Gebäudeensembles und Bauten der Industriekultur Berlin und Brandenburg, die der heutigen Metropole ein prägendes Gesicht verleihen. Hervorzuheben ist, dass seit Jahren mit Hilfe der Verfahren des Denkmalschutzes neue soziale, kulturelle und ökonomische Nutzungen wiederbelebt werden.

Wichtige Aufgaben des Denkmalschutzes

Das ist durchaus ein Aspekt, der dabei nicht unerwähnt bleiben sollte, da man die Rolle des Denkmalschutzes in der Vergangenheit oft in einem anderen, nicht selten kritischen Licht gesehen hat. Vergessen darf man auch nicht zu betonen, dass für solche aufwendigen Projekte ein entsprechender „Käufermarkt“ vorhanden sein muss.

Bei den fachlich gut strukturierten und kompakt gehaltenen Präsentationen wurden insgesamt sechs bauliche Vorhaben vorgestellt:

Behrensufer in Berlin-Oberschöneweide (ehemals Werk für Fernsehelektronik)

Rekonstruktion des Areals und multifunktionale Nutzung der Hallen für Kunst und Kultur. Die Fertigstellung ist für 2027 oder 2028 geplant.  In den Ausstellungsräumen im Behrens-Bau können Details zum vorgesehenen Projekt eingesehen werden.

Borsighalle in Eberswalde

Hierbei handelt es sich um die Rekonstruktion einer aus Moabit (Borsigwerke, Baujahr 1848) im Jahr 1889 nach Eberswalde transferierten Produktionshalle mit frei tragender Konstruktion. Nach Abschluss des Projekts soll die Halle als Kultureinrichtung genutzt werden. So ist beispielsweise die Nutzung als Familiengarten vorgesehen. Projektbeginn und Fertigstellungstermin sind zeitlich aber noch nicht fixiert.

Bärenquell-Gelände in Niederschöneweide

Das in der Schnellerstraße 137 seit Jahrzehnten brach liegende Brauerei-Areal, dessen Abriss schon mehrfach anstand, soll in einen Arbeits-und Wohnkomplex umgestaltet werden. Ein sehr anspruchsvolles Projekt, was für die Planer und Architekten durchaus herausfordernd ist hinsichtlich machbarer Lösungsansätze für den Erhalt der Altbausubstanz in Verbindung mit eventuellen Neukonstruktionen verbunden ist. Die hier anstehende Aufgabe zur Um- und Neugestaltung des Areals könnte jedoch Vorbildcharakter für weitere brach liegende, einstige Industriebauten der Region Berlin-Brandenburg haben.

Alte Mälzerei in Lichtenrade

Dieses bereits realisierte und in Nutzung befindliche Projekt ist ein gelungenes Beispiel für ein städtebauliches Konservierungs- und Umnutzungsprojekt. Die multifunktionale Nutzung kann bereits jetzt durch die Bevölkerung wahrgenommen werden. Die Sanierung des historischen Gebäudes soll als Zugpferd für das gesamte Quartier funktionieren, denn rund um die Alte Mälzerei soll in den kommenden Jahren ein vollkommen neues, gemischt genutztes Stadtquartier entstehen.

Tuchmacherfabrik in Wittstock-Dosse

Die alte Tuchmacherfabrik soll zu einem Bildungscampus umgestaltet werden, was allerdings aufgrund des momentanen, baulichen Zustands eine große Herausforderung darstellt. Denn erst muss das Dach abgedichtet werden, um eine eventuell weitere Verschlechterung des Baukörpers zu verhindern. Die Fertigstellung des Projektes ist terminlich daher noch nicht eingrenzt.

Wilhelmhallen in Reinickendorf

Das in der Kopenhagener Straße 68 angesiedelte Areal, ehemals Eisenwerke Schöning und später Eisengießerei Winkelhoff, birgt die Chance, die architektonische Qualität in den Altbauten zu erhalten. Man erkennt hier klar den „Selbstverständniswillen der Projektanten“. Der Zeitrahmen für die Umsetzung der Rekonstruktion ist klar umrissen und steht fest.

Historische Industriekultur erlebbar machen

Alles in allem handelt es sich um Projekte, die in ihrer Heterogenität der zukünftigen Nutzung der Region Berlin und Brandenburg gut zu Gesicht stehen und dem Planungs- und Realisierungsfortgang weiterer, potenzieller Vorhaben Antrieb genug sein sollten.

Zudem sollte man nicht unterschätzen, dass solche Projekte die Chance eröffnen, die historische Entwicklung der Industriekultur dieser Metropolregion nachhaltig erlebbar zu machen, auch für kommende Generationen. Wir werden den Fortgang der Projekte im Auge behalten und weiterhin darüber berichten.

 

Text: Wolfgang Leffler

Das zweite Gespräch der Reihe mit dem Thema “Flughafenregion Berlin-Brandenburg in 50 Jahren“ findet heute Abend um 19:00 Uhr statt. Interessierte können sich dafür hier anmelden.

 

Weitere Bilder zum Artikel findet Ihr hier:

Die Sanierung der Alten Mälzerei in Lichtenrade ist mittlerweile abgesschlossen. Das Quartier rund um das historische Gebäude soll in den kommenden Jahren neu entwickelt werden. / © Foto: UTB Projektmanagement GmbH

Das Areal der historischen Bärenquell Brauerei in Berlin-Schöneweide soll in den kommenden Jahren saniert und erweitert werden / © Foto: Jo Klein Architekten 

Das historische AEG Werk in Oberschöneweide wird auch heute noch gewerblich genutzt und wird sukzessive modernisiert. 

Auf dem Gelände der ehemaligen Bötzow Brauerei im Prenzlauer Berg wird ein Medizin- und Gewerbecampus errichtet.

Moderne Nutzung in historischem Mantel: Die Osram-Höfe im Berliner Stadtteil Wedding.

 

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