Bundesfinanzminister Christian Lindner stellt die geplante Erweiterung des Bundesfinanzministeriums auf den Prüfstand – aus Kostengründen. Auf dem “Postblock-Areal” in Berlin-Mitte würde Lindner lieber bezahlbaren Wohnraum schaffen. Der Neubau sollte ursprünglich 2025 beginnen, wird nun aber noch einmal kritisch überprüft.
© Visualisierung Titelbild: Staab Architekten
Text: Björn Leffler
Bereits in der vergangenen Woche berichteten wir über die zahlreichen Bauvorhaben der Bundesregierung vor allem in Berlin, bei denen vornehmlich neue Büroräume geschaffen werden sollen. Nach Recherchen des Nachrichtenportals t-online beläuft sich die Summe der aktuell laufenden oder geplanten Projekte auf insgesamt 1,2 Milliarden Euro.
Eine Summe, die sowohl in der Ampel-Koalition als auch in der Opposition nicht jedem schmeckt. Andere Quellen kommen – je nachdem, welche Bauprojekte in diese Kalkulation einfließen – sogar noch auf deutlich höhere Summen.
Christian Lindner überprüft Sinnhaftigkeit von Bauvorhaben der Bundesregierung
In der Regierungskoalition ist man sich uneins über die Bewertung der aktuellen Bauprojekte. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kritisiert dabei vor allem den bereits begonnen Umbau des Bundeskanzleramtes und nennt das Projekt “entbehrlich“.
Aber auch die Behörde von Christian Lindner selbst, das Bundesfinanzministerium, plant einen teuren Erweiterungsbau. Weitere geplante Projekte sind ein neues Besucherzentrum für den Bundesrat, der Ausbau des Innenministeriums im Moabiter Werder oder der Erweiterungsbau des Bundesumweltministeriums, der in Holzbauweise entstehen soll. Dies sind nur ausgewählte Projekte.
2025 sollte der Erweiterungsbau für das Finanzministerium beginnen – eigentlich
Tatsächlich stellt Christian Lindner aber den oben erwähnten Erweiterungsbau für das Finanzministerium derzeit öffentlich auf den Prüfstand. Dabei sind die Planungen für das Bauvorhaben mittlerweile weit vorangeschritten, in zwei Jahren sollte der Bau ursprünglich beginnen.
Der Neubau sollte eigentlich auf dem Gelände der nördlichen Wilhelmstraße entstehen, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hauptsitz des Ministeriums, dem historischen Detlev-Rohwedder-Haus.
Eine der letzten großen Baulücken in Berlin-Mitte sollte bebaut werden
Damit sollte eine der letzten großen Baulücken in Berlin-Mitte geschlossen werden. Die Fläche, das sogenannte “Postblock-Areal”, wurde in den vergangenen Jahrzehnten als Parkplatz genutzt. Die Auslobung des Architekturwettbewerbs erfolgte im Sommer 2021. Durchsetzen konnte sich das in Berlin ansässige Büro Staab Architekten.
Ob das Projekt jedoch tatsächlich umgesetzt wird, ist derzeit völlig offen. Aus dem Finanzministerium hieß es laut Tagesschau am vergangenen Dienstag, die Pläne für den Neubau würden derzeit mit dem Ziel überprüft, diese zu überarbeiten.
Mitarbeiter des Finanzministeriums sollten an einem Standort konsolidiert werden
Bislang arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzministeriums – trotz der beeindruckenden Größe des zwischen 1935 und 1936 errichteten Haupthauses an der Wilhelmstraße – verteilt auf sieben verschiedene Standorte in Berlin. Fünf davon sind extern angemietete Büroflächen.
Diese im Stadtgebiet verteilten Standorte sollten in dem geplanten Neubau konsolidiert werden, um “organisatorische und fachliche Abläufe” zu optimieren, wie es damals von Seiten des Ministeriums hieß. Das zu bebauende Areal umfasst eine Fläche von gut 13.000 Quadratmetern.
Berlin-Mitte: Was wird auf dem “Postblock-Areal” gebaut?
Nun aber die Kehrtwende: Christian Lindner kritisierte öffentlich die hohen, geplanten Kosten für die Bauvorhaben der Bundesregierung und will offenbar mit gutem Beispiel voran gehen. Er favorisiert auf dem unbebauten “Postblock-Areal” etwas ganz anderes.
Gegenüber der Tagesschau sagte Lindner daher: “Wir müssen raus aus den Schulden. Dazu überdenke ich auch wünschenswerte, aber nicht notwendige Vorhaben.” Gemeint ist damit nicht nur die umstrittene Erweiterung des Bundeskanzleramtes, sondern auch die Ergänzung seiner Behörde, des Finanzministeriums.
Lindner favorisiert an der Wilhelmstraße den Bau neuer Wohnungen
Stattdessen werde jetzt geprüft, ob auf dem Areal an der Wilhelmstraße nicht neuer Wohnraum geschaffen werden könne. Lindner begründete dies wie folgt: “Uns fehlen bezahlbare Wohnungen. Es macht daher wenig Sinn, die knappen Flächen für neue Ministerien zu nutzen.”
Zudem sind die Kosten für das Bauvorhaben signifikant in die Höhe geschnellt. Ursprünglich waren Baukosten in Höhe von rund 322 Millionen Euro erwartet worden. Mittlerweile wird aber eine Summe zwischen 600 und 800 Millionen geschätzt. Für Lindner Grund genug, das Projekt kritisch zu überprüfen.
Für den Bau neuer Wohnungen ist ein neuer Bebauungsplan notwendig
Es dürfte daher wohl kaum eine Überraschung darstellen, wenn in den kommenden Monaten eine Entscheidung über die ersatzlose Streichung des Erweiterungsbaus kommuniziert wird. Ob die Freifläche dann zeitnah für den so dringend benötigten Wohnungsbau umgenutzt werden kann, bleibt jedoch abzuwarten.
Denn dafür wäre sicher die Ausarbeitung eines neuen Bebauungsplans notwendig, die geplante Nutzung des Geländes müsste umgewidmet werden. Eine Aufgabe, die in Berlin nicht selten eine Menge Zeit in Anspruch nehmen kann.
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Quellen: Tagesschau, t-online, B.Z. Berlin, Bundesregierung, BILD, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
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