In der kommenden Woche beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD. Der bisherigen Bürgermeisterin Franziska Giffey könnte künftig die Rolle der Stadtentwicklungssenatorin zukommen. Auch das Verkehrsressort wird womöglich in ihrer Verantwortung liegen. Was bedeutet dies für die künftige Stadtentwicklungspolitik der Hauptstadt?

Seit Dezember 2021 zum zweiten Mal als Berliner Stadtentwicklungssenator tätig: Andreas Geisel (SPD). Ob er im neuen Senat noch eine neue Rolle spielen wird, ist derzeit offen. / © Foto: Andreas Labes

© Foto Andreas Geisel: Andreas Labes
© Foto Wahlplakat SPD (Franziska Giffey): depositphotos.com

Text: Björn Leffler

 

In der kommenden Woche beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD über die Bildung einer schwarzroten Koalition unter Führung des CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner. Die bisherige Bürgermeisterin Franziska Giffey wird dem neuen Senat nach eigener Aussage ebenfalls wieder angehören.

Giffey soll aller Voraussicht nach den Posten einer Senatorin bekleiden. Die Berliner Morgenpost berichtete am Freitag, dass Giffey aller Voraussicht nach der wichtige Posten der Stadtentwicklungssenatorin zufallen könnte. Auch die Senatsverwaltung für Verkehr könnte demnach bei Giffey liegen.

Wird Franziska Giffey Supersenatorin für Verkehr und Stadtentwicklung?

Damit würde die Stadtentwicklungsverwaltung auch weiterhin bei der SPD verbleiben. Der bisherige Stadtentwicklungssenator, Andreas Geisel, wird der neuen Koalition aller Voraussicht nach nicht mehr angehören.

Sollte Giffey auch die Verantwortung für die Senatsverkehrsverwaltung übernehmen, würde sie ein Ressort leiten, welches zuvor von der grünen Senatorin Bettina Jarasch geführt wurde. Jarasch und Giffey vertraten in Fragen der Verkehrspolitik häufig gänzlich unterschiedliche Positionen.

Verkehrspolitik: Giffey und Jarasch mit unterschiedlichen Prioritäten

Während Bettina Jarasch beim Thema Friedrichstraße radikal auf das Modell „autofrei“ setzte, war Franziska Giffey von dieser Strategie weniger überzeugt und forderte mehrfach eine ganzheitliche Betrachtung des Verkehrskonzepts für die Friedrichstadt.

Der designierte Bürgermeister Kai Wegner äußerte sich in einem Interview gegenüber der WELT ebenfalls zum Thema Friedrichstraße und sagte: “Die Friedrichstraße wird ganz sicher nicht so bleiben, wie sie jetzt ist.” Ein Satz, den man selbstverständlich in alle Richtungen interpretieren kann und den auch Bettina Jarasch so hätte sagen können.

Welche Ziele verfolgt Kai Wegner mit der Friedrichstraße?

Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Wegner und Giffey die Pläne Jaraschs fortführen werden, aus der Friedrichstraße eine reine Fußgängerzone ohne Auto- und Fahrradverkehr zu machen. Denn die CDU hat im Wahlkampf ja unmissverständlich klar gemacht, dass sie den Berlinern ihr Auto nicht verbieten wolle.

Auch beim Thema Weiterbau der A100 dürften sich Wegner und Giffey schnell einig sein. Denn Giffey hatte das umstrittene Verkehrsprojekt nur auf Drängen ihrer grünen und linken Koalitionspartner aus dem Koalitionsvertrag genommen, obwohl sie eigentlich für den Weiterbau ist.

Wegner und Giffey befürworten beide den Weiterbau der A100

Obwohl sich die SPD-Basis unlängst gegen das Verkehrsprojekt ausgesprochen hat, wird das Projekt nun von CDU und SPD unterstützt werden, soviel ist sicher. Denn die CDU hatte im Wahlkampf mehrfach betont, das vom Bundesverkehrsministerium finanzierte Projekt voranbringen zu wollen.

Franziska Giffey soll mit dem hohen Tempo, mit dem ihre Koalitionspartnerin Bettina Jarasch die angestrebte Verkehrswende angetrieben hatte, häufig unzufrieden gewesen sein. Das klingt ganz danach, als würde die Große Koalition in den kommenden Jahren erst einmal stark auf die Bremse treten, was die Umsetzung klimaorientierter Verkehrsprojekte angeht.

Wie wird die Stadtentwicklungspolitik ohne grünen Einfluss aussehen?

Ohne die mahnenden Stimmen der Grünen wird die Große Koalition wohl auch den geplanten Wohnungsbau in der Berliner Peripherie vorantreiben, der die Versiegelung großer Flächen im Norden und Südosten Berlins zum Ziel hat.

Sollte Franziska Giffey tatsächlich neue Stadtentwicklungssenatorin werden, kann sie dann auch noch einmal ausführlich erklären, weshalb sie vor der Wahl das eigentlich bereits beschlossene Wohnungsbauprojekt auf dem zentralen Festplatz zwischen Wedding und Reinickendorf gestrichen hatte. Ein Vorgehen, welches nicht nur beim Bezirk Mitte für große Verwunderung gesorgt hatte.

Dass Franziska Giffey nun auf den Posten einer Senatorin zurückfällt, kann natürlich tatsächlich damit zu tun haben, dass sie das “für Berlin” mache, wie sie es selbst formuliert hat. Wenig überraschend wäre es allerdings, wenn sie den Senatorenposten lediglich annimmt, um in Wartestellung für einem möglichen Ministerposten im Bund zu bleiben. Man wird sehen.

Im März steht der Volksentscheid „Berlin 2030 Klimaneutral“ an

Vor dem Hintergrund des neuen Regierungsbündnisses erscheint die im März anstehende Abstimmung über den Volksentscheid „Berlin2030 Klimaneutral“ geradezu absurd. Sollte die Abstimmung Erfolg haben, müsste der Berliner Senat die ursprüngliche Vorgabe, Berlin klimaneutral umzubauen, deutlich anpassen. Denn die bisherige Regierung hatte hierfür das Jahr 2045 anvisiert.

Das neue Regierungsbündnis macht allerdings nicht den Eindruck, als würden solche Themen ganz oben auf ihrer Agenda stehen. Die Berliner Klimapolitik wird vorerst wohl warten müssen, für mindestens drei Jahre.

 

Quellen: Berliner Morgenpost, DIE WELT, Der Tagesspiegel, Berliner Zeitung

 

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