In Berlin werden unterschiedliche, klimaneutrale Formen des Waren- und Gütertransports erprobt. S-Bahn, Tram, Elektrofahrzeuge und Lastenräder sind mögliche Transportmittel der Zukunft. Einige davon sind schon im Einsatz.
Mögliches Transportmittel für kleinteilige Warenauslieferungen im urbanen Raum: Das Lastenrad.
Es ist ein seit Jahren intensiv diskutiertes Thema, nicht nur in den urbanen Stadtquartieren Berlins: Wie soll sich der Verkehr der Zukunft entwickeln und ist es möglich, die Anzahl von Autos innerhalb des Innenstadtbereichs zu reduzieren?
Ein häufig diskutierter Punkt in dieser Diskussion sind die Speditionen und Transportunternehmen, die natürlich auch weiterhin ihren Lieferverkehr bewerkstelligen müssen.
Ziel: Reduzierung des LKW-basierten Lieferverkehrs
Dass sich auch in diesem Segment einiges tut, zeigen mehrere Beispiele aus der sogenannten “Grünen Logistik”, die in den kommenden Jahrzehnten das bestehende Transportnetz um sinnvolle Alternativen erweitern könnte. Eine vollständige Ablösung der heute dominierenden LKW-Transporte ist nach aktuellem Stand aber noch keine realistische Option.
Doch es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Zahl der LKW-Fahrten und somit auch die CO2-Emissionen zu reduzieren. Einer der größten Paketversandhändler Deutschlands beispielsweise, das Unternehmen “Hermes”, hat angekündigt, die innerstädtische Belieferung seiner Kunden in Berlin vollständig auf Elektro-Fahrzeuge und Lastenräder umzustellen – und das nicht nur zeitweise.
“HERMES” STELLT IN BERLIN AUF ELEKTRO-FAHRZEUGE UND LASTENRÄDER UM
Bereits seit Juni 2021 stellt der Paketversand in einem großen Teil der Berliner Innenstadt seine Sendungen zu, ohne dass dort klimaschädliches Kohlendioxid frei wird. 28 elektrische Lastenräder und 14 elektrische Transporter ersetzen die 50 Dieselfahrzeuge, die Hermes bislang in dem Bereich einsetzte.
Das Unternehmen betont, dass dies kein Pilotprojekt sei, sondern eine dauerhafte Umstellung, die als Blaupause für weitere deutsche Städte funktionieren soll. Hermes kündigte zudem an, auch in weiteren Teilen Berlins Pakete und Päckchen emissionsfrei befördern zu wollen.
UMSTELLUNG SOLL DAUERHAFT SEIN – UND EINE BLAUPAUSE FÜR WEITERE STÄDTE
Ein Kritikpunkt der Belieferung mit Lastenrädern ist allerdings, dass diese häufig auf Gehwegen abgestellt werden müssen und diese dann versperren. Hier arbeitet das Unternehmen nach eigener Aussage noch an Lösungen zur Optimierung.
Elektrofahrzeuge und Lastenräder werden von nun an in Mitte, Tiergarten, Prenzlauer Berg, Schöneberg, Kreuzberg und im Regierungsviertel eingesetzt. Es ist damit das mit Abstand größte zusammenhängende Gebiet, das von “Hermes” emissionsfrei beliefert wird.
EINSPARUNG VON 220 TONNEN KOHLENDIOXID IM JAHR
Rund 300.000 Menschen wohnen in diesem Areal. Auch die 79 Paketshops in dem Bereich werden elektrisch beliefert. Dadurch werden nach Unternehmensangaben rund 220 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart, jedenfalls nach Rechnung des Unternehmens.
Es ist ein Modell mit Zukunftspotenzial. Auch die Deutsche Bahn testet in Berlin das Konzept, und zwar am Tempelhofer Damm. Hier hat das Unternehmen einen sogenannten “Micro-Hub” errichtet. Geschäftsinhabern und Unternehmern in diesem Areal wird zukünftig ihre bestellte Waren mit Lastenrädern oder Cargo-Bikes direkt bis vor die Tür gebracht.
Eine ganz andere Art der Beförderung wird derzeit von den Berliner Verkehrsbetrieben in einem Pilotprojekt untersucht. Die BVG setzt ebenfalls auf Elektro-Mobilität, allerdings eine ganz klassische. Sie möchte die Logistik zurück auf die Schiene bringen und testet Gütertransport in der Straßenbahn.
BVG TESTET DIE “CARGO TRAM”
Seit Anfang des Jahres arbeitet die BVG bereits am Projekt. Ein mögliches Ziel soll es sein, dass Logistikfirmen die Straßenbahn in ihre Transportketten einbauen, um die Straßen der Hauptstadt zu entlasten. Arbeitstitel des Projekts: “Cargo Tram”.
Die Straßenbahn kann entsprechend dimensionierte Rollcontainer problemlos aufnehmen, wenn diese über eine mobile Laderampe in die Tram befördert werden. Im Mehrzweckbereich, wo sonst Kinderwagen oder Rollstühle stehen, werden die Container mit Gurten sicher befestigt.
ROLLCONTAINER SOLLEN MIT DER TRAM in der Innenstadt TRANSPORTIERT WERDEN
Entsprechende Testfahrten auf den BVG-eigenen Betriebshöfen haben bisher gezeigt, dass die Beförderung kein Problem darstellt, auch die Beladung funktioniert komplikationsfrei. Daher geht das Projekt nun in die nächste Phase, um realistische Liefertransporte im realen Stadtverkehr auszuprobieren.
Nicht nur die Tram soll als mögliches Beförderungsmittel für Waren und Güter in Betracht gezogen werden. Auch die S-Bahn könnte ein mögliches Transportmittel nicht nur für die Personenbeförderung sein. Denn der Berliner Senat startet nun eine Machbarkeitsstudie, um zu ergründen, ob sich die S-Bahn als logistisches Verkehrsmittel im urbanen Raum eignet.
Machbarkeitsstudie: S-Bahn als logistisches Transportmittel
Die Idee dahinter ist naheliegend: Sollten S-Bahnen Pakete und Güter von peripheren Logistikzentren im Umland zu den Stationen im Stadtzentrum bringen, könnten sich große Synergieeffekte ergeben. Allerdings gibt es einige Hürden, die es zu bedenken gilt.
Denn die zusätzliche Zwischenetappe über den Schienennahverkehr würde den Transport der Waren in die Innenstadt durch zusätzliche Ladevorgänge um einiges komplizierter machen. Auch wie sich die Absprachen zwischen Unternehmen und Verkehrsbetrieben sinnvoll gestalten lassen, ist ein zu klärender Punkt.
Das Konzept beinhaltet Chancen und Risiken
Zudem ist der Schienennahverkehr eng getaktet. Für den Personenverkehr ist dies ein großer Vorteil, allerdings wären zukünftige Lieferketten dadurch auch fragil. Zu langes Be- und Entladen könnte schnell zu Störungen im System führen, vor allem bei der Beförderung der Fahrgäste.
Dennoch sind sinnvolle Kombinationen denkbar. Womöglich ist ein schienenbasierter Gütertransport in den Randzeiten oder nachts möglich. Wie realistisch diese Option ist, wird die Machbarkeitsstudie des Senats in den kommenden Monaten zeigen.
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