Berlins neue Wirtschaftssenatorin, Franziska Giffey, will bei der Suche nach einem tragfähigen Nutzungskonzept für das ICC die Idee ihres Amtsvorgängers Stephan Schwarz aufnehmen. Sie spricht sich klar dafür aus, das denkmalgeschützte Gebäude in ein Kulturzentrum mit Alleinstellungsmerkmal zu transformieren – und hat noch weiterführende Ideen für den Wirtschaftsstandort Berlin.
© Visualisierung Titelbild: ICCA
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Text: Björn Leffler
An kreativen Ideen für ein sinnvolles Nutzungskonzept, welches im ICC Berlin umgesetzt werden soll, mangelte es nicht in den letzten Jahren. So hatte das Architekturbüros Graft die Einrichtung eines Mobility Hubs vorgeschlagen. Auch die Unterbringung eines riesigen Rechenzentrums war dem Berliner Senat angetragen worden.
Der mittlerweile aus dem Amt geschiedene Wirtschaftssenator Stephan Schwarz hatte im vergangenen Jahr in einem Interview angekündigt, ein Nutzungskonzept für das ICC während seiner Amtszeit auf den Weg bringen zu wollen – was ihm letztlich nicht gelang.
Kulturstandort: Stephan Schwarz wollte aus dem ICC ein Centre Pompidou machen
Schwarz schwebte dabei aber von Beginn an eine vornehmlich kulturorientierte Nutzung vor, wie er sie bei einem Besuch in Paris im Centre Pompidou erlebt hatte. Das ICC Berlin als zukünftiges Centre Pompidou der deutschen Hauptstadt? Eine Idee, die im Berliner Senat offensichtlich eine Menge Befürworter hatte – und bis heute hat.
Und auch internationale Gäste befeuerten diese Idee in Vergangenheit. Im Rahmen der Q-Berlin-Konferenz, die im September 2022 im ICC durchgeführt wurde, sagte auch die geladene Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, dass das ICC sie stark an das Kulturzentrum Centre Pompidou ihrer Heimatstadt erinnere.
die Pariser Bürgermeisterin bekräftigte die Idee eines Kulturkonzepts für das ICC
Auf der Q-Berlin-Konferenz 2022 ging es an zwei Tagen vor allem um die Frage, wie große Städte aktuelle und künftige Herausforderungen bewältigen können. Omnipräsent war damals jedoch das Thema, wie es mit dem maroden Koloss am Dreieck Funkturm selbst weitergehen soll, in dem die Konferenz schließlich ausgetragen wurde.
Berlins neue Wirtschaftssenatorin ist die ehemalige Bürgermeisterin Franziska Giffey. Diese hat nach einem Bericht des Tagesspiegels zufolge die Absicht, an den bisherigen Plänen festzuhalten, aus dem ICC ein international beachtetes, riesiges Kulturzentrum zu machen.
Franziska Giffey will die Kulturpläne für das ICC weiterführen
Gegenüber der dpa bestätigte Giffey, dass der dafür vorgesehene internationale Konzeptwettbewerb derzeit vorbereitet werde. Giffey sagte dazu wörtlich: “Unser Ziel ist, den Wettbewerb 2024 zu starten, damit wir Anfang 2026 die Wettbewerbsbeiträge vorliegen haben.”
Ungeachtet des dann laufenden Wettbewerbs möchte Giffey das Gebäude aber auch weiterhin für ausgewählte Veranstaltungen und Kultur-Events öffnen und weiterhin nutzen. Denn die Veranstaltungen im vergangenen Jahr hätten gezeigt, welch große Faszination das Gebäude am Dreieck Funkturm ausgelöst hat.
Das ICC soll in den kommenden Jahren für ausgewählte Events geöffnet werden
“Wir haben die große Ausstellung „The Sunmachine is Coming Down“ dort gehabt, dann im September vergangenen Jahres die internationale Konferenz „Q Berlin“ zu Zukunftsfragen in Metropolen. (…) Es ist gut, die ICC-Türen für die Berlinerinnen und Berliner und für internationale Gäste hin und wieder zu öffnen, bis der Umbau für die neue Nutzung startet,” so Giffey.
Giffey führte auch aus, wie das Wettbewerbsverfahren strukturell aufgestellt ist: “Wir haben die Mittel für das Konzeptverfahren eingeplant und gehen nach der Sommerpause in die Abstimmung im Parlament. Aktuell laufen mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH, die das Verfahren im Auftrag des Landes durchführen soll, Vorbereitungen für die nächsten Schritte.”
2026 soll eine Entscheidung über die Zukunft des ICC fallen
2026 werden die eingereichten Konzepte nach aktuellem Planungsstand gesichtet und bewertet – und noch im gleichen Jahr ein Sieger gekürt. Giffey betont: “Es wird dabei sowohl um die besten Ideen für die Nutzung gehen, als auch um belastbare, finanziell tragfähige Vorschläge für den Betrieb und die notwendige Sanierung.”
Giffey bekräftigte im Rahmen des Gesprächs die Leitlinie des Senats: “Was uns vorschwebt, ist eine Art Centre Pompidou Berlin, aber nicht einfach eine Kopie: das ICC als ein offener Ort mit internationaler Strahlkraft, an dem Kunst, Innovation, Kreativität und neue Technologien zusammenkommen.”
Finanzierungskonzept: Giffey möchte den ICC-Umbau mit externen Partnern umsetzen
Gleichzeitig betont sie, dass ein solches Unterfangen nicht allein gestemmt werden kann: “Wenn man das voranbringen will, braucht man starke Partner, und wir wollen ganz bewusst auch die besten Ideen aus der ganzen Welt einholen.” Diese Aussage zielt wohl auch darauf ab, dass das Land Berlin die erwarteten hohen Sanierungskosten nicht komplett aus eigener Tasche finanzieren möchte, sondern möglicherweise mit privaten Investoren kooperieren wird.
Längst gibt es für das Gebäude ein fertig ausgearbeitetes Konzept, welches auf eine kulturelle Nutzung des riesigen Gebäudekomplexes abzielt. Die Initiative ICCA hat bereits ausführlich dargelegt, wie eine derartige Nutzung des ICC aussehen könnte. Es gibt sogar einen eigenen Internetauftritt der Gruppe.
Konzept “ICCA” für ICC Berlin: International Center for Contemporary Arts
Hinter der Idee stehen vier Initiatoren: Luisa-Josephine Wroblewski, Mario Lindner, Sebastian Pflum und Raphael Langenscheidt. Der Begriff ICCA steht dabei für International Center for Contemporary Arts. Zeitgenössische Kunst soll demnach das Hauptthema für die Revitalisierung des denkmalgeschützten Gebäudes werden.
Räumlich denkt das Konzept etwa an die Einrichtung von Kulturflächen für Museen, Theater oder einem Kino. Der Kunst-Einzelhandel mit Boutiquen und Literaturgeschäften könnte sich hier ebenso befinden wie Gastronomie, Nachtleben mit Bars und Diskotheken und Studios für Künstler. Auch Tanz- und Performanceflächen gibt es im ICCA-Konzept, genauso wie Räume für Veranstaltungen wie Kongresse.
Zukunftspläne: Franziska Giffey kann sich eine “Expo 2035” in Berlin vorstellen
Senatorin Giffey ist überzeugt davon, dass ein solches Nutzungskonzept tragfähig ist. So sagte sie im dpa-Interview noch folgendes: “Es gibt Akteure auf der ganzen Welt, die an solchen Zukunftsorten interessiert sind, und das ICC gehört dazu. Da braucht Berlin sich auch nicht verstecken, wir sind eine der spannendsten Metropolen weltweit.”
Unabhängig von der Entwicklung des ICC äußerte Giffey aber noch weitere Ideen und blickte in die noch weiter entfernte Zukunft. So brachte sie die Idee einer “Expo 2035” aufs Tableau: “Dass eine internationale Ausstellung wie die Expo eine große Entwicklungschance sein kann, haben andere Städte auf der Welt bereits gezeigt.”
“Expo 2035”: Giffey sieht vor allem wirtschaftliches Potenzial
Eine internationale Weltausstellung in Berlin? Die letzte Ausstellung dieser Art hatte es vor 23 Jahren in Hannover gegeben. Giffey sagte aber auch: “Wichtig ist aber, dass an ein solch großes Vorhaben nicht ohne die enge Einbindung der Stadtgesellschaft herangegangen werden kann.”
Giffey bewertet ein solches Vorhaben aus wirtschaftlicher Sicht äußerst positiv: “Wir sehen am Beispiel des Messegeschäfts, dass sich solche Investitionen für die Stadt lohnen können: Ein in die Messe Berlin investierter Euro zahlt sich etwa sechsfach als Stadtrendite aus.”
Expo, Altstadt-Rekonstruktion und Olympia-Bewerbung: CDU und SPD planen groß
Die Idee kommt aber nicht von Giffey allein. Auch der Koalitionspartner CDU hatte sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen dazu bekannt, eine solche Idee ausführlich prüfen zu wollen, genauso wie eine mögliche Olympiabewerbung der Stadt in den 2030er oder 2040er Jahren.
Auch die kürzlich bekannt gewordenen Pläne, einen möglichen Wiederaufbau der Berliner Altstadt vorantreiben zu wollen, haben für Aufsehen gesorgt. Ambitionierte Pläne also, die in Berlin vor dem Hintergrund der grassierenden Wohnungsnot und weiterhin bestehender Probleme im Bildungssektor traditionell kritisch bewertet werden.
Die Koalition muss die Berliner Bevölkerung hinter sich bringen
Ungeachtet dessen ist die wirtschaftliche Entwicklung der Hauptstadt seit vielen Jahren konstant positiv, so dass sich die Stadt auch wieder größere Ziele setzen möchte. Das ist im ersten Schritt erst einmal nicht verkehrt für eine Metropole von der Größenordnung Berlins.
Die wichtigste Aufgabe für die schwarzrote Regierungskoalition – sowie auch für kommende Regierungen, wird es aber sein – Leuchtturmprojekte wie den (Um-)Bau eines neues Centre Pompidou, die Durchführung einer Weltausstellung oder die Abgabe einer Olympiabewerbung der eigenen Bevölkerung plausibel zu erklären. Keine einfache Aufgabe, aber auch nicht vollkommen unmöglich.
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Quellen: dpa, ICCA, Lindner Planungsbüro, Der Tagesspiegel, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin, Berliner Immobilienmanagement GmbH
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2. November 2024
Wäre Folgendes möglich: “ICC-Umbau, Altstadt-Wiederaufbau, Hochhaus-/”Wolkenkratzer”-Bau, deutlich mehr (energetische) Sanierung/Modernisierung/Neubau im gesamten Stadtgebiet, massiver U-Bahn- und Tram-Ausbau, Europa-(Nacht-)Zug-Drehkreuz Berlin Hbf, Lufthansa-Interkontinental-Drehkreuz nahe Berlin, Öffnungszeiten-Angleichung zu London/Paris/Madrid/Rom/Amsterdam (insbes. bzgl. So-Öffnung), Gamescom, IAA, Expo und Olympia: Einfach machen. Keine Zeit verlieren. Je eher, desto besser. Mehr “Metropolhaftigkeit” “wagen”. Mehr moderne, funktionierende Urbanität für Berlin. Ein (stetiges) Update für Berlin. Berlin 2.0. Europäische (Welt-) Metropole des 21. Jahrhunderts. Wann geht es endlich (richtig) los?”?!
In Berlin geht die Planung nach 3-5 Jahren Planung los,
Siehe Pankower Tor, in Planung seit 2009.