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Neuplanung: Masterplan für Berlins historische Mitte ausgeschrieben

Ab dem kommenden Jahr sollte das “Rathausforum” in Berlin-Mitte eigentlich als moderne Grünfläche neu gestaltet werden. Aber CDU und SPD haben nur wenige Wochen nach Amtsantritt einen neuen Masterplan für die historische Mitte Berlins ausgeschrieben. Das Ziel der Ausschreibung scheint klar: eine zumindest teilweise Rekonstruktion der einstigen Berliner Altstadt.

Die Klosterstraße in Berlin-Mitte. Die städtebaulichen Strukturen des Jahres 1928 wurden in dieser Visualisierung in das Jahr 2028 übertragen. Es scheint das Ziel der schwarzroten Regierungskoalition zu sein, die historische Mitte Berlins in dieser Form zu bebauuen. / © Stiftung Mitte Berlin

© Fotos Titelbild: pixabay
Text: Björn Leffler

 

Berlin ist, wenn es um die Umsetzung zentraler Bauprojekte geht, eine zerrissene Stadt. Wo immer es im Zentrum der Hauptstadt darum geht, eine Fläche neu zu entwickeln, stoßen eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen aufeinander, die unversöhnlich um einen Kompromiss ringen.

Umso wichtiger war es in den vergangenen Jahren, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt in zukünftige Entwicklungsprojekte von vornherein mit einzubeziehen, damit diese ihre Ideen und Wünsche einfließen lassen können.

Entwicklung “Rathausforum” unter breiter öffentlicher Beteiligung durchgeführt

Dies hat der Berliner Senat im bislang wohl intensivsten Maß beim Entwicklungsprojekt “Rathausforum” getan. Über mehrere Jahre hinweg gab es zahlreiche Bürgerforen, Diskussionsrunden, wurden Meinungen, Thesen und Vorstellungen ausgetauscht.

Die Vielzahl und vor allem die Unterschiedlichkeit der Erwartungen, die die einzelnen Gruppen an das Vorhaben hatten, waren so frappierend, dass schon früh deutlich wurde, dass eine große Zahl von Menschen mit dem letztendlichen Ergebnis nicht zufrieden sein würde.

Ab 2024 sollte das Areal in eine moderne Grünfläche umgebaut werden

Seit August 2021 war dann klar, wie genau die Freifläche aussehen soll, die ab 2024 eigentlich baulich umgesetzt werden sollte. Durchgesetzt hatte sich der Entwurf des in Köln und Bonn ansässigen Büros RMP Stephan Lenzen. In der ersten Phase des Realisierungswettbewerbs hatten insgesamt 53 Büros ihre Arbeiten eingereicht.

Die zukünftige Fläche sollte nach dem Willen der von SPD und Grünen geführten Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Verkehr den Menschen die Möglichkeit zum Ausruhen, Entspannen und Sport treiben geben. Sportflächen sollten am südlichen Rand des Areals entstehen – also Fuß- und Basketballplätze, Halfpipes oder Tischtennisplatten.

Die ursprünglich verabschiedeten Planungen werden wohl nicht realisiert

Diese Pläne werden so aller Voraussicht nach niemals realisiert werden. Bereits Ende Januar 2023 hatten wir erstmals darüber berichtet, dass es in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, genauer gesagt bei Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, mögliche Bestrebungen gibt, die zukünftige Bebauung der Berliner Innenstadt noch einmal neu anzugehen.

Befeuert wurden diese Planspiele offenbar durch die im vergangenen Jahr gegründete Stiftung Mitte Berlin, die sich für eine Bebauung der historischen Berliner Innenstadt nach dem Vorbild des Stadtbilds der 1920er Jahre einsetzt. Die Unternehmerin und Autorin Marie-Luise Schwarz-Schilling hat die Stiftung gegründet.

Diese will sich nach eigener Aussage “aktiv, öffentlich und transparent” für eine dicht bebaute und belebte Innenstadt auf dem Gebiet der einstigen Berliner Altstadt einsetzen. Auch Stadtforscher Dr. Benedikt Goebel ist Vorstandsmitglied in der Stiftung.

Regierung hat Masterplan für Berlins historische Mitte bereits ausgeschrieben

Nach einem Bericht des Tagesspiegel ist die erst seit wenigen Wochen im Amt befindliche Regierungskoalition nun den nächsten Schritt auf dem Weg einer vollständigen Neuplanung des Areals zwischen Fernsehturm und Humboldt Forum gegangen.

Schon im Koalitionsvertrag hatten CDU und SPD angekündigt, einen städtebaulichen Masterplan für die historische Mitte der Hauptstadt auf den Weg bringen zu wollen. Bei diesem Vorhaben scheinen die Koalitionspartner ganz offensichtlich Tempo vorlegen zu wollen.

Neuplanung Historische Mitte: Vergabeunterlagen sind seit 11. Mai online

Denn die Vergabeunterlagen für die Erstellung eines sogenannten “Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts” für den Bereich Historische Mitte Berlin stehen seit dem 11. Mai online. Damit ist die Erstellung eines Masterplans offiziell ausgeschrieben.

Pikant dabei ist, dass die eigentlich bereits beschlossene Umgestaltung des “Rathausforums” in diese Neuplanung offenbar nicht mit einfließen wird. Denn die vom Abgeordnetenhaus verabschiedeten Bürgerleitlinien zur Berliner Mitte, die Ergebnisse der Stadtwerkstatt und der Siegerentwurf des Büros Stephan Lenzen sind in den zahlreichen Dokumenten, die im Rahmen der Ausschreibung mit veröffentlicht wurden – und die als wichtige Grundlage für die Entwicklung des Masterplans gelten sollen – nicht enthalten.

Der Trend scheint klar: Rekonstruktion der historischen Altstadt

Man muss kein Prophet sein, um aus dieser Tatsache herauslesen zu können, dass CDU und SPD hier von der ursprünglichen Planung, eine Grünfläche auf dem Gebiet der einstigen Altstadt zu gestalten, abweichen und die teilweise oder vollständige Rekonstruktion der Berliner Altstadt forcieren.

Offiziell wird dies so natürlich nicht kommuniziert. Aber sowohl Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt als auch große Teile der CDU gelten als klarer Befürworter einer Altstadt-orientierten Bebauung des Areals, zu dem nun auch der Molkenmarkt zählt, der ebenfalls Teil des neuen Masterplans sein wird.

Grüne und Linke kritisieren Abkehr von bisherigen Planungen

Steffen Zillich, haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion, kritisierte laut Tagesspiegel, dass “ein Prozess der schleichenden Verschiebung der Ziele” zu beobachten sei – und forderte eine politische Begründung dafür.

Julian Schwarze, Stadtentwicklungsexperte der Grünen, äußerte ebenfalls den Verdacht, dass CDU und SPD mit dem nun ausgeschriebenen Masterplan das Rad in der Berliner Mitte zurückdrehen wollten.

Eine Einschätzung, die der Realität wohl ziemlich nah kommen dürfte. Wer sich die aktuelle Faktenlage und die politischen Mehrheiten im Berliner Abgeordnetenhaus ansieht, sollte nicht überrascht sein, wenn am Ende des nun angeschobenen Prozesses eine wie auch immer geartete Rekonstruktion der Berliner Altstadt als klare Zielsetzung stehen wird.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Das historische Vorbild: Aufnahme der Berliner Altstadt, von Nordwesten aus der Luft aufgenommen, im Jahre 1925 / © Foto: Sammlung Jörn Düwel, Hamburg

Werden diese Pläne realisiert, oder niemals umgesetzt? Das sogenannte “Rathausforum” sollte in den kommenden Jahren eigentlich als Grünfläche ausgestaltet und nicht neu bebaut werden. CDU und SPD haben hier aber offenbar andere Pläne. / © RMP Stephan Lenzen / Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen

Weitere Projekte in Mitte findet Ihr hier

Quellen: Der Tagesspiegel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin, Berlin Bauboom, Berliner Morgenpost

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Für das historische Herz der Stadt: “Stiftung Mitte Berlin” gegründet

Wiederaufbau des Molkenmarkts: Die Siegerentwürfe im Vergleich

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Geschichte der Friedrichstraße, Teil 5: Revuetheater und Kaisergalerie

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3 Kommentare

  1. Peter Möhrl⁰ Mai 20, 2023

    Es wird viel zu viel diskutiert und zerreißt. Einfach mal machen. Wir haben bereits 2023.

  2. Lexi Zart Mai 21, 2023

    Warum das Image Berlins in puncto guten Geschmacks nicht verbessern? Man wird sicherlich nicht die alten Elendsviertel wieder aufbauen. Dass die Altstadt damals wirklich geschmackvoll aussah, ist nun mal Fakt. Man hat viel Wert auf feine Details gelegt. In anderen Städten wie Paris solche Feinheiten, wie Friese oder Schlusssteine Standard. Reine Glasfassaden in denen sich Vögel spiegeln sind auch nicht gerade tierfreundlich. Und wenn man sich die moderne Vorderseite des Stadtschlosses ansieht, so ist da auch nicht gerade ein Alleinstellungsmerkmal erkennbar.

    • L. Jonar Juli 9, 2023

      Ich bin völlig Ihrer Meinung. Überall in der Stadt werden Glaskästen hochgezogen mit englischen Investor-Namen, die meisten davon unglaublich fad und verwechselbar. Ein wenig Rückbesinnung und Identitätsstiftung (nicht nur gegenüber dem Schrecklichen), alte Anmut und Detailverliebtheit würde der Stadt neben all dem Fluiden und Modernen ausgezeichnet stehen. Auf die sich im Übrigen ja alle einigen können, wenn sie im Ausland sind, und eigentlich und insgeheim auch hier. Man weiß ja, wer am liebsten in den Gründerzeitbauten wohnt…

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