Der ehemalige Flughafen Tempelhof als neuer Standort für die Messe Berlin? Diesen Vorschlag machen EUREF-Gründer Reinhard Müller und weitere Berliner Unternehmer dem Berliner Senat. Der Kern des Plans ist die Verlegung wesentlicher Teile des Berliner Messegeländes aus dem Westend in und um das Terminalgebäude des ehemaligen Flughafens, womit ein wirtschaftlich tragfähiges Nutzungskonzept für das historische Areal realisiert werden soll.

Sieht so die Zukunft des Flughafens Tempelhof aus? Eine Verlegung des Standorts der Messe Berlin aus dem Berliner Westend ins Zentrum der Stadt schlägt derzeit EUREF-Gründer Reinhard Müller vor. / © Visualisierung: EUREF AG

© Visualisierungen: EUREF AG
Text: Björn Leffler

 

Wie auch das weiterhin leerstehende ICC in Charlottenburg ist das historische Flughafengebäude Tempelhof für den Berliner Senat eine enorme finanzielle Belastung. Die schrittweise Sanierung des riesigen Komplexes wird aller Voraussicht nach Milliarden verschlingen, ohne dass nennenswerte Einnahmen in Aussicht stehen.

Dies könnte sich künftig allerdings ändern, jedenfalls wenn es nach Plänen von Reinhard Müller und weiteren Berliner Unternehmern geht. Diese haben einen neuen Nutzungsplan für den ehemaligen Flughafen samt Vorfeld entwickelt, wie die Berliner Morgenpost berichtet.

Der ehemalige Flughafen Tempelhof als neuer Standort für die Messe Berlin?

Reinhard Müller ist der Mann, der hinter der Entwicklung des EUREF Campus in Berlin-Schöneberg steht. Zuletzt war dort die Eröffnung des umgebauten Gasometers gefeiert werden, der Campus im Süden Berlins ist nun fertig gebaut. Müller sucht nun offenbar nach einer neuen Herausforderung.

Die Idee einer Umnutzung des einstigen Flughafens soll für Berlin mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Der zentrale Bestandteil des Plans ist die Verlegung wesentlicher Teile des Berliner Messegeländes aus dem Westend in und um das Terminalgebäude des ehemaligen Flughafens Tempelhof.

Dem Senat fehlt ein Nutzungskonzept für den einstigen Flughafen

Dem Berliner Senat fehlt 16 Jahre nach Einstellung des Flugbetriebs noch immer eine überzeugende Nutzungsidee für dieses Gelände, Technikmuseum und Alliiertenmuseum haben Interesse an der Nutzung einzelner Hangars – doch vor dem Einzug müssten diese erst einmal saniert werden.

Statt vereinzelter Insellösungen schwebt der Gruppe um Reinhard Müller allerdings eine “große” Lösung für das gewaltige Areal vor. So könnten nach ihren Ideen auf dem Rollfeld, das nicht vom Tempelhofer-Feld-Gesetz betroffen ist, sechs moderne Messehallen an das denkmalgeschützte Terminalgebäude gesetzt werden.

6 moderne Messehallen könnten an die historischen Hangars gebaut werden

Der Besucherfluss würde über den Altbau erfolgen, auch die bestehenden Hangars könnten für Ausstellungen und Kongresse genutzt werden. Die neuen Hallen mit einer Gesamtfläche von 200.000 Quadratmetern, was der aktuellen Größe des Messegeländes am Dreieck Funkturm entspricht, könnten für etwa 800 Millionen Euro errichtet werden.

Müller und sein Team, darunter der ehemalige IHK– und Hertha-Präsident Werner Gegenbauer, schlagen zudem den Bau einer Konzert- und Veranstaltungsarena am Terminal vor. Diese Halle mit 12.000 Plätzen könnte eine Lücke in Berlins Veranstaltungsinfrastruktur schließen, wie es heißt.

Tempelhof: Drei Hotels mit je 500 Zimmern direkt auf dem Gelände

Zudem sind drei Hotels mit jeweils 500 Zimmern direkt auf dem Gelände geplant, was Besuchern der Veranstaltungen kurze Wege garantieren würde. Auf die Messe Berlin komme laut Müller durch den anstehenden Umbau des Autobahndreiecks Funkturm und die nötige Sanierung einer Vielzahl der bestehenden Messehallen große Probleme zu.

Für die Akquirierung großer Veranstaltungen und Messen brauche Berlin demnach neue Hallenkapazitäten. Anstatt die Hallen aus den 1970er und 1980er Jahren für schätzungsweise bis zu 800 Millionen Euro aufwendig zu sanieren – diese Summe hat die Messe Berlin kalkuliert – sollte also viel eher in einen neuen Standort investiert werden.

Der Standort im Westend soll aufgegeben und völlig neu genutzt werden

Müller rechnet vor, wie dies finanziert werden soll. Er empfiehlt, die bestehenden Hallen abzureißen und das freigewordene Gelände in der begehrten Westend-Lage zu nutzen, um finanzielle Mittel für die Investitionen in Tempelhof zu gewinnen.

Immerhin möchte der Berliner Senat in diesem Stadtraum das aufwendige und langfristig angelegte Projekt “Stadteingang West” umsetzen. Durch die frei werdenden Flächen würden sich ganz neue Möglichkeiten ergeben, auch in puncto Wohnungsbau.

Kann der “CityCube” in einer Sportarena umgewandelt werden?

Die beiden neuesten Hallen im Westend, der CityCube und der Hub27 an der Jafféstraße, sollen allerdings erhalten bleiben und womöglich als Sportarenen genutzt werden. Berliner Profiteams wie etwa die Basketballer von ALBA Berlin führen bereits seit längerem Verhandlungen über eine neue Spielstätte.

Die neuen Hallen könnten so gebaut werden, dass das denkmalgeschützte Flughafengebäude in seiner Gestaltung nicht tangiert würde. Zudem könnte, wie es Müller auch in  Schöneberg auf dem EUREF Campus gemacht hat, das Gelände schrittweise entwickelt werden.

Schrittweise Entwicklung des Areals garantiert schnelle Einnahmen

So würden sukzessive erste Einnahmen generiert werden, während weitere Teile des Areals noch im Bau wären. Der Standort in Tempelhof ist verkehrstechnisch bereits hervorragend angebunden, mit U-Bahn, S-Bahn und der nahegelegenen Stadtautobahn.

In Berlin mangelt es immer mehr an Veranstaltungsorten für große Kongresse mit über 5.000 Teilnehmern. Zuletzt lud Branchenriese Amazon rund 15.000 Teilnehmer in die historischen Räumlichkeiten der Station Berlin am Gleisdreieck – und führte die Veranstaltung zweimal in identischer Ausführung durch, denn pro Tag konnten nicht mehr als 7.500 Leute in den Räumlichkeiten untergebraucht werden.

Berlin fehlen die Flächen für große Kongresse und Veranstaltungen

Seit dem Ausfall des ICC sind solche Veranstaltungen mit großen Dimensionen rar geworden, wodurch die Besucherzahlen im hochpreisigen Segment zurückgegangen seien, so die Initiatoren des Tempelhof-Konzepts.

Vor etwa zehn Jahren bemühte sich die Messe Berlin übrigens selbst darum, die Hangars und die Abfertigungshalle zur Nutzung zu erhalten. Der Senat entschied damals jedoch anders und übertrug das Gebäude der landeseigenen Tempelhof Projekt GmbH, die den Komplex seitdem verwaltet, schrittweise saniert und vermietet.

Erste Reaktionen der Berliner Politik sind vorerst positiv

Die Berliner Politik hat im ersten Schritt mit Interesse auf das Konzept reagiert, wie die Berliner Morgenpost berichtet. Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) räumte dabei ein, dass ein konkretes Nutzungskonzept für das gigantische Gebäude tatsächlich fehle.

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey sagte zu, sich einmal gemeinsam mit Gaebler und Müller treffen zu wollen, um das Konzept persönlich zu besprechen.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

© Visualisierung: EUREF AG

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© Visualisierung: EUREF AG

© Open Street Map

 

Quellen: EUREF AG, Berliner Morgenpost, Messe Berlin, Tempelhof Projekt GmbH

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14 Comments

  1. Anda Tirpitz 21. Juni 2024 at 08:45 - Reply

    Klasse Ansatz!

    • Anda Tirpitz 21. Juni 2024 at 08:58 - Reply

      Wenn man das Rendering sieht, hat man irgendwie sofort das Gefühl, dass das die einzige stimmige Nachnutzung schon immer gewesen ist…Jedenfalls um Längen stimmiger als der ganze Nutzungssalat, den man sich an den Haaren herbeiziehen mußte, weil uns allen nichts Besseres einfiel. Dabei kann das Einfache ganz nah um die Ecke und nur einen Gedankengang weiterliegen… (Auch wenn ich dem Hangar 6 immer noch irgendwie nachtrauere)

      Wie dem auch sei, jetzt wird reflexartig erst einmal wie immer für Jahre das ganze Zerreden einsetzen….außer der OBM drückt hier mal generalstabsmäßig das Ding ohne Rücksicht auf Verluste durch. Denn mit nichts als so einer Nummer könnte er sich hier in die Stadt auf ewig einschreiben (Wollen doch Politiker immer… :)

  2. Pierre_Lagrange 21. Juni 2024 at 12:33 - Reply

    Keine gute Idee. Das alte Flughafengebäude ist sehr schlecht angebunden. Das Messegelände dagegen sehr gut über Avus. A100 und S-Bahn.

    • Anda Tirpitz 21. Juni 2024 at 15:31 - Reply

      S41/42, U6, B96, A100…teilweise fast schon auf dem Grundstück liegend… Na , da habe ich schon schlimmere Anbindungen gesehen. Ja, und ein Hauptgleis für einen ausgewachsenen Zug aus der Nachbarschaft ranlegen, sollte jetzt auch nicht das Problem sein. Das Streckchen könnte sogar an alter Stelle bis ins Gebäude gelegt werden, dort wo die FW-190 produziert wurden und der Zug ohnehin mal verkehren sollte…….Meinen Sie allerdings, das sie der Landebahn nachtrauern und die mindestens zum Alleinstellungsmerkmal reaktiviert werden müßte, könnte ich Ihren Phantomschmerz nachvollziehen… :)

    • Max 24. Juni 2024 at 13:39 - Reply

      Die AVUS/A100 verwandelt sich demnächst in eine Riesenbaustelle und wird daher zum Malus.

  3. McNair 21. Juni 2024 at 12:55 - Reply

    Ja, seit es Grüne gibt, hat Denkmalschutz keinen Wert mehr.
    Das konnte man am alten Rettungsamt in Prenzlauer Berg sehen und sie beweisen es immer wieder.

  4. Bernd Holm 22. Juni 2024 at 07:56 - Reply

    Ich finde das äusserst clever!
    Wo ich Fragezeichen habe , sind die am Rande erwähnten Ideen für eine Veranstaltungshalle am Terminal UND der Umbau von CityCube und Halle 27 zu einer Sportarena. Beides zusammen oder alternativ?

  5. Stevo 22. Juni 2024 at 18:33 - Reply

    Was für ein Schwachsinn!
    Zuerst mal wird ja gar nicht (primär) das Flughafengebäude genutzt, sondern davor etwas hingeklotzt.
    Mit Nachnutzung des Gebäudes hat das also nichts (oder nur sehr bedingt) was zu tun. Ob das Bebauen der Freiflächen hilft, das eigentliche Gebäude zu bewahren und zu nutzen, darf stark bezweifelt werden!
    Man bekommt hier ein krasses Deja-Vu zur “Europa-City” nördlich des Hauptbahnhofs. Diese Freifläche wurde auch ohne Sinn und Verstand, und vor Allem auch ohne echte Architektur einfach der schnellen Immobilienabzocke geopfert.
    Man kann nur hoffen, dass es beim Flughafengelände mehr Widerstand gibt, um einen zweiten solchen Schandfleck zu vermeiden!

  6. berlin24 23. Juni 2024 at 11:18 - Reply

    Ist die Schwierigkeit nicht die, dass u.a. innerhalb der Metropolregion (Berlin) die “Zukunftsorte” und weitere Standorte in einem Entwicklungs-, Investitions- und Standortwettbewerb zueinander stehen (ggf. feststecken)??

    TXL / Tempelhof / City West (ICC) / Buch / Schoneweise

    Fehlt nicht in Berlin eine städtebauliche Gesamtstrategie für die Stadt und die Standorte?

    Am ICC lässt sich das gut ablesen, an der “Hochhausdiskussion” (Alex) und auf der anderen Seite städtebaulicher Weichenstellungen an der Gestaltung der Bauakademie (die historisierend ausfallen soll)???

    Nun ist bekannt für den Standort Berlin, dass es ein Reiben zwischen SENAT und den BEZIRKEN gibt…

    EIne städtebauliche Gesamtkonzeption – würde dies nicht die Einzelentscheidungen schneller ermöglichen?

    Und wie sollen Investoren “von außerhalb” die Wechsel der Nutzungsansätze alle zwei drei Jahre einladen hier Engagement zu zeigen.

    Ein KADEWE ist schnell übernommen, ein ICC als Standort zu entwickeln etwas ganz anderes…

    Die Idee für TEMPELHOF als dann (innerstädtischen) Messestandort klingt für sich stimmig – doch wie verhält es sich dann mit den anderen Standorten??

    In diesen standortbezogenen Fragen hilft auch keine “Berliner Brille” – hier ist Berlin als Metropole im Wettbewerb mit europäischen Metropolen, nicht zwischen Tempelhof und Charlottenburg (zu kurz gesprungen).

    • Max 5. Juli 2024 at 22:35 - Reply

      Das ist das grosse Problem in Berlin, es gibt kein langfristigen strategischen Plan. Und wenn eine Regierung mal einen hat,
      dann cancelt die nächste den wieder. Zudem arbeiten Senat und Bezirke meist gegeneinander.

      Der reg. Bürgermeister will ja eine grosse Verwalungsreform machen, wünschen wir ihm Glück.

  7. Franz 23. Juni 2024 at 16:10 - Reply

    Cui bono? Wenn das alte Flughafengebäude nicht genutzt und damit endlich revitalisiert wird, was hat Berlin dann davon? Und wie sieht es wirklich mit der nötigen Infrastruktur aus? Der Tempelhofer Damm ist jedenfalls regelmäßig dicht. Das Euref-Gelände liegt mit seinen privaten Nutzungen näher dran … stimmt .. ausgelastet? … honi soit … ;-) Und wäre die vorgeschlagene Nutzung der Startschuss, um mit der immobilienwirtschaftlichen Filetierung des Tempelhofer Feldes mit hohen Renditen zu beginnen? Ist das also nur ein schöner Köder, um die einzigartige Erlebnisfläche kaputt zu machen? Für Wohnungsbau reichen die übrigen Reserveflächen der Stadt, das Feld braucht’s ja nicht Also: Honi soit … Und was hieße das für das ICC? Nur am alten Messestandort kann es vielleicht eine Teilrevitalisierung für Veranstaltungen in Kombination mit der Messe geben. Das Land schaftt sich damit erst recht eine Ruine. Oder irre ich da?

    • Max 24. Juni 2024 at 13:34 - Reply

      Das Flughafengebäude samt Vorfläche ist nicht Teil des Volksentscheids und kann deswegen entwickelt werden. Um das Feld zu bebauen bräuchte es einen neuen VE!

      • Franz 24. Juni 2024 at 16:49 - Reply

        Das klingt plausibel. Gilt das auch für die zusätzlich nötige Infrastruktur (Zuwegung, etc.)? Braucht man dafür das Feld auch nicht? Also auch nicht für einen ausgebauten ÖPNV, der die Messebesuchendrn zum Standort bringt? Und natürlich wird es auch keine Hotelkonzerne geben, die auf dem Feld oder an dessen Rand bauen wollen? Wirklich? Und es bleiben die Fragen: Ist das wirklich ein Ansatz, bei dem auch das Bestandsgebäude saniert und einer Nutzung zugeführt wird? Und was wird mit dem ICC bzw. wird es ein rentables neues Kongresszentrum in ausreichender Größe in Tempelhof geben können? Gibt’s da schon einen Business Case?

        • Max 25. Juni 2024 at 15:15 - Reply

          U6 Paradestr. ist direkt am Gebäude, S-Bahn nicht weit. Busse gibt es auch.

          In die alten Messehallen muss man 800 Millionen investieren, wenn man sie behält. So kann man das Gelände verwerten

          Ein Kongresszentrum in Grösse des ICC in Zempelhof unterzubringen ist etwas komplexer. Aber eigentlich wäre es am sinnvollsten es zu restaurieren, es wird ja ein Käufer gesucht.

          BZ vom Sept. 2023
          Für Kunst, Kultur und Kongresse
          Investor gesucht – ICC für 99 Jahre zu verkaufen

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