Das Berliner Prestigeprojekt löst derzeit eher einen Kostenstreit als Vorfreude aus. Schon viel zu lang wird über den Abbruch des Baus der Freitreppe am Humboldt-Forum debattiert. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung muss nun dringend eine Entscheidung treffen.

Kommt sie, oder kommt sie nicht? Die Freitreppe am Humboldt Forum sollte eigentlich an dieser Stelle entstehen. Bislang ist hier allerdings nichts außer einer Brachfläche.

Text: Stephanie Engler

 

Der Baustart des umstrittenen Projekts einer Freitreppe am Humboldt Forum war ursprünglich für dieses Jahr vorgesehen und sollte 2024 beendet werden. Laut Baustaatssekretär Christian Gaebler prüft die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen zurzeit die Beendigung des Projekts, was sich bereits im März angedeutet hatte.

Das Projekt stand fast von Beginn an unter keinem guten Stern. Denn aufgrund unklarer Zuständigkeiten in der Verwaltung und der Debatte zwischen den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Verkehr und dem Bezirk Mitte, wer nach Abschluss der Arbeiten Eigentümer der Freitreppe sein soll, verzögert sich der Start schon seit Jahren.

Bund- und Landesregierung fördern das Projekt

Die rot-grün-rote Regierung und der Bund sind jedoch für das Bauprojekt: Die Freitreppe wurde noch im Dezember in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Der Bund fördert den Bau mit bis zu 3,2 Millionen Euro. Allerdings ließ die Stadtentwicklungsverwaltung kurz nach der Aufnahme Zweifel am Projekt verlautbaren.

Das grundlegende Problem des Baus sollen wohl die stetig steigenden Baukosten sein. Denn laut dem Sprecher der Staatsentwicklungsverwaltung, Martin Pallgen, müsste man den Sinn solcher Projekte von Grund auf infrage stellen – besonders beim Prestigeobjekt Freitreppe. Es sei jedoch noch keine endgültige Entscheidung getroffen und zu viele Fragen seien noch offen.

Der Prestigebau soll eine Kostensteigerung von 400 Prozent verursachen

Weitere Stimmen wurden nun laut, die sich gegen den Bau der Freitreppe aussprechen. So würde das Land bei einem schnellen Abbruch – laut Staatssekretär Gaebler – 1,7 Millionen Euro sparen. Dabei wären weitere Kostensteigerungen aus der Verzögerung noch gar nicht mit einberechnet.

Bausenator Andreas Geisel spricht sogar von einer Kostensteigerung von 400 Prozent, was als Hauptgrund der kritischen Betrachtung des Projekts gilt. Die Grundlage für diese Zahlen seien die Kalkulationen der Flussbad-Initiatoren von 2015. Damals wurde von einer Investition von 1,5 Millionen Euro ausgegangen, so Geisels Sprecher Pallgen.

Flussbad-Initiatoren kritisieren Senatsverwaltung

Jan Edler, der Vereinsvorsitzender des Flussbades e. V., gibt an, dass für die damalige Kalkulation ein viel einfacherer Bau vorgesehen war. Die genannte Kostensteigerung von 400 Prozent sei nicht haltbar.

Geplant war eine Freitreppe ohne Aufzug, Bäume und Balkon aus Naturstein. 2019 verständigte sich der Senat jedoch auf diese Vorgaben und legte einen Kostenrahmen von 4,6 Millionen Euro fest.

Der Flussbad-Initiator könne die Kostendarstellung der Senatsverwaltung daher nicht nachvollziehen, denn insgesamt seien die Kosten seither lediglich um 23 Prozent gestiegen – von 4,6 auf 5,7 Millionen Euro (zuletzt geprüft 2021). Der Bau der Freitreppe würde zwar teurer werden, aber nicht um 400 Prozent, wie Geisel es behaupte.

Ein Abbruch des Baus könnte noch höhere Kosten verursachen

Eine weitere Stimme gegen den weiteren Anstieg der Baukosten kommt von der DSK Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH, die von der Senatsverwaltung mit Planung und Bau betraut wurde. Laut des Projektleiters Christian Unger seien die Materialien und der Untergrund von den Arbeiten an der anderen Uferseite bekannt. Die derzeitige Kalkulation sei daher sicher.

Die DKS geht davon aus, dass ein Stopp teurer für das Land werden könnte, da die Fördermittel zurückgezahlt und die Freianlagenplanung neu begonnen werden müsste. Zudem müsste die fehlende Uferwand zwischen dem U-Bahnhof Museumsinsel und dem Denkmalsockel wieder aufgebaut werden. Planer kalkulieren diese Kosten auf zwei Millionen Euro und die Dauer auf weitere drei Jahre. Die bisher geleisteten Zahlungen von 780.000 Euro wären ebenfalls umsonst gewesen.

Die Freitreppe war als Ergänzung zum Flussbad im Spreekanal gedacht

Wie wir bereits berichteten, war die Freitreppe ursprünglich vom Verein Flussbad e. V. erdacht. Sie sollte als Einstiegsstelle für das Bad dienen. Die Projekte wurden mittlerweile baulich voneinander entkoppelt.

Dennoch stellt sich bei der momentanen Debatte um die Stufenanlage am Ufer des Spreekanals die Frage um die Zukunft des Flussbades. Der Vereinsvorsitzende Jan Edler sieht diese jedoch nicht gefährdet, sollte es zum Bauabbruch der Freitreppe kommen. Es müssten in jedem Fall Zugänge und Leitern angebracht werden, da die Freitreppe einen Meter über dem Wasser enden würde.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sollte die Entscheidung über das Projekt jedenfalls zeitnah treffen, denn die derzeitige Situation am Uferbereich des Humboldt Forums – eine wild und ungepflegte Brachfläche – sollte nicht zum Dauerzustand werden.

 

Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier: 

Unrühmliches Bild direkt am Humboldt Forum: An dieser Stelle sollte eigentlich das Projekt “Freitreppe” realisiert werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung tut sich allerdings schwer mit dem Projekt.

Weitere Projekte in Mitte findet Ihr hier

 

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4 Comments

  1. Die Freitreppe hat das Schicksal, als Teil des Fluss Bad Projektes wahrgenommen zu werden. Deshalb erleben wir, dass gegen die Treppe, wie auch gegen das Fluss Bad, mit gezielten Falschaussagen agitiert wird. Schön ist, dass das hier exemplarisch gut nachweisbar ist und zu erkennen ist, dass an den skandalisierenden Gerüchten nichts dran ist, denn ein Abbruch des Projektes würde für Berlin nachweislich erhebliche Mehrkosten und andere Risiken bedeuten. Und deshalb haben auch alle (!) Parteien des AGH im Stadtentwicklungsausschuss am 9.5.22 ausdrücklich für das Projekt gestimmt. Bedenklich ist, dass das Märchen der 400% Kostensteigerung vorher bis zur Hausleitung von SenSBW vorgedringen konnte und von da ohne Prüfung in die Öffentlichkeit ging. Schon bei der Beantwortung der ersten kleinen Anfrage von MDA Danny Freymark, CDU (https://www.danny-freymark.de/wp-content/uploads/sites/12/2022/05/Planung-und-Bau-der-Freitreppe.pdf) vom 7.4.22 mußte die Behörde dann zurückrudern.
    Das eigentliche „Problem“ (was wohl, weil es zu peinlich ist, verschleiert wird) bleibt aber bestehen, nämlich dass SenSBW bisher schlicht nicht in der Lage war, den Verbleib der Treppe innerhalb des Landes Berlin zu organisieren, d.h. zu bestimmen, welche Behörde dafür sorgen muß, dass da mal gefegt wird. Daran muß einfach jetzt gearbeitet werden, indem die Behörde SenUMVK (die Grünen) hier mit SenSBW (SPD) zusammenarbeitet und den künstlich konstruierten Genehmigungsvorbehalt aufgibt. Es lebe Berlin!

  2. […] Humboldt Forum: Drohendes Aus für geplante Freitreppe am Spreekanal […]

  3. […] abgeschlossen. Dies liegt aber nicht ausschließlich an den Diskussionen um die Realisierung der geplanten Freitreppe zur Spree oder der Verzögerung beim Bau des […]

  4. […] Das Archäologische Haus soll nach Plänen des Berliner Senats Ausgangspunkt für eine Archäologische Promenade durch die alte, historische Mitte werden. Zu den Stationen, welche die Besucher durchlaufen und erfahren können, zählen die Marienkirche sowie der Schloss-Neubau, die Rekonstruktion in Form des Humboldt Forums. […]

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