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Freitreppe am Humboldt Forum: Das Projekt steht auf der Kippe

Die Freitreppe am Humboldt Forum sollte ein neuer Treffpunkt für Berliner und Touristen in Berlins neu gestalteter Mitte werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat nun jedoch Zweifel am Projekt signalisiert. Die Umsetzung der Freitreppe steht auf der Kippe.

Bleibt es nur eine Vision? Gemeinsam mit der Freitreppe sollte auch das Flussbad-Projekt zwischen Humboldt Forum und Museumsinsel in der Spree realisiert werden.

© Grafiken:  creativecommons / Flußbad Berlin e.v.

 

Mehrfach haben wir bereits im vergangenen Jahr über das Projekt einer Freitreppe am Humboldt Forum berichtet, welches sich im direkten Konflikt mit dem ebenfalls vor dem Humboldt Forum entstehenden Projekt “Freiheits-und Einheitsdenkmal” befindet.

Beide Projekte – Freitreppe und Einheitsdenkmal – sollten in unmittelbarer Nachbarschaft vor dem rekonstruierten Eosander-Portal auf der westlichen Seite des Humboldt Forums entstehen. Die Initiatoren des Einheitsdenkmals warfen dem “Projekt Freitreppe” vor, die entstehende “Einheitswippe” in ihrer Wirkung als Denkmal baulich und räumlich signifikant zu stören.

Die Freitreppe war als Teil des “Flussbad”-Projekts vorgesehen

Die Freitreppe sollte als Teilstück des ambitionierten “Flussbad-Projekts” fungieren und einen Zugang zur Spree ermöglichen. Das “Flussbad-Projekt” sah vor, zwischen Humboldt Forum und Museumsinsel ein öffentliches Schwimmbad einzurichten – in der Spree.

Während der Bau der Einheitswippe gut vorankommt und seiner Vollendung entgegenstrebt – Eröffnungstermin soll am 3. Oktober 2022 sein –  ist die Realisierung der Freitreppe nach aktuellem Informationsstand mehr als fraglich.

Die Senatsverwaltung kritisiert die Kostensteigerung des Projekts

Denn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen signalisierte kürzlich, dass das Projekt kritisch gesehen wird. Grund dafür seien vor allem die enormen Baukosten für das gesamte Projekt.

Ungelöst ist darüber hinaus noch immer der bereits oben beschriebene, architektonische und inhaltliche Zusammenklang des Treppenbaus sowie des angrenzenden Freiheits- und Einheitsdenkmals des Architekturbüros Milla & Partner.

Mehr Kosten, drohender Rechtsstreit – das Projekt steht auf der Kippe

Bereits im Oktober vergangenen Jahres war die Kostensteigerung bekannt geworden. Im Zuge einer Prüfung des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung kam eine nicht unerhebliche Teuerung heraus.

Nach dieser Analyse würden die Kosten für Planung und Bau der “Schlossfreiheit” auf 5,7 Millionen Euro anwachsen. Dabei waren die Projektinitiatoren ursprünglich von 4,7 Millionen Euro ausgegangen. Neben den Baukosten waren 1,75 Millionen Euro für die Begleitung des Vorhabens durch den Verein Flussbad Berlin vorgesehen. Bund und Land sollten sich die restlichen Kosten teilen.

Es fehlen noch wichtige Genehmigungen für das Projekt

Die Kritik, die dem Freitreppen-Vorhaben seitens des Büros Milla & Partner, aber auch durch meinungsstarke Befürworter des Einheitsdenkmals wie Wolfgang Thierse entgegenschlägt – sogar eine Klage gegen das Projekt steht im Raum – trägt möglicherweise auch zur zurückhaltenden Haltung der Senatsverwaltung bei.

Diese betonte darüber hinaus, dass für den Bau einer solchen Treppe bis dato seitens der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz auch noch gar keine tiefbaurechtlichen und wasserrechtlichen Genehmigungen vorlägen.

Auch für das “Flussbad”-Projekt ist es ein Rückschlag

Liest man hier zwischen den Zeilen, hat es den Anschein, als wäre das Projekt “Freitreppe” in der Prioritätenliste der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vorerst nach unten gerutscht. Mit einer zeitnahen Umsetzung des Projektes sollte man daher vorerst nicht rechnen.

Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf das “Flussbad”-Projekt, welches zu großen Teilen davon abhängig ist, dass die baulichen Gegebenheiten am Spreeufer für einen Zugang zum Wasser geschaffen werden. Doch auch dieses Projekt wurde in den vergangenen Jahren zunehmend kritisch gesehen. Der Ausgang ist offen.

Weitere Projekte in Mitte findet Ihr hier
Arbeiten im Zeitplan: Einheitsdenkmal eröffnet zum 3. Oktober 2022
Mitte: Bau von Sozialwohnungen am Humboldt Forum geplant
Guido Spars: Gründungsdirektor für Bauakademie-Wiederaufbau

Liegt im Zeitplan: Das Projekt “Einheitsdenkmal”. Geplanter Eröffnungstermin ist der 3. Oktober 2022. / © Grafik: Milla & Partner

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9 Kommentare

  1. Enttäuschter Berliner März 1, 2022

    Das Argument mit dem Geld wird doch jetzt einfach vorgeschoben. Eigentlich geht es darum, dass die alten weissen Männer viel zu viel Macht in dieser Stadt haben und jeglichen Spassfaktor aus der Innenstadt verbannen wollen um die historische Mitte so zu gestalten, wie sie es für richtig empfinden.

    Hier wird so getan, als ob dieses Wippe ein wahnsinnig historisches und schützenswertes Denkmal wäre, dabei ist es einfach eine neu gebaute Wippe in kitschigem Gold, und für mich irgendwie auch überdimensioniert. Gerade deshalb fände ich so ein Zugang über eine Treppe zur Spree viel erlebbarer und interessanter, zudem hätte es die Schlossregion viel attraktiver gemacht. Aber die Meinung von unter 50 Jährigen wird in dieser Stadt gerne ausgeblendet.

    Sehr schade lassen sich die Bürger so einfach täuschen und die Politik von alten abgedankten Baustadträten wie Mausbach unter Druck setzten.

  2. Martin Schwarz März 1, 2022

    Die Freitreppe ist der eigentliche offene und demokratische Ort an dieser Stelle – ich denke dass das den älteren Herrschaften so langsam dämmert. Die Kosten und fehlende Genehmigungen sind vorgeschoben, wenn man sich anschaut mit welcher Verbissenheit die Einheitsschale nebenan umgesetzt wird. Die Unterbrechung des Über-Musealen hat die Berliner Mitte gerade an dieser Stelle dringend nötig, deswegen sind die offene Freitreppe und auch das heitere Flussbad so dringend nötig.

  3. Ralf Steeg März 1, 2022

    Sehr geehrtes Entwicklungsstadt-Team,

    die Kosten sind nicht von 4,7 auf 5,7 Mio. Euro angestiegen, sondern von 1.469.396,00 auf 7.260.749,87 Euro.
    Die Kostensteigerung wird aber sicherlich nicht der einzige Punkt für die Prüfung des Projekts sein.

  4. Günter Jeschonnek März 1, 2022

    Das Freiheits- und Einheitsdenkmal ist kein Projekt alter weißer Männer, sondern ist im Herbst 1998 mit einem offenen Brief an die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag initiiert worden – von Frauen und Männern, damals zwischen 35 und 50 Jahren jung. Die Berliner Bäderbetriebe haben inzwischen einen Investitionsstau von 400 Mio. € festgestellt. Haben die Familien mit ihren Kindern in den Berliner Stadtteilen auch außerhalb Berlins Mitte nicht ein Anrecht darauf, dass erst einmal die maroden Stadtbäder Berlins zur Freude der Berliner und ihrer vielen Gäste instandgesetzt werden? In der Mitte Berlins und auch anderen Stellen der Spree gibt es so viele Möglichkeiten, an der nach wie vor völlig verschmutzten Spree zu sitzen und zu flanieren. Warum ausgerechnet neben dem Humboldt Forum und dieser weltweit einmaligen kinetischen und sozialen Skulptur, dem Freiheits- und Einheitsdenkmal, das übrigens “Bürger in Bewegung” heißt. Können wir nicht stolz darauf sein, dass in der Mitte Berlins ein weithin sichtbares Zeichen für Freiheit, Demokratie, den aufrechten Gang und friedliche Kommunikation entsteht? Besser als der 3. Oktober ist der 9. November für die Einweihung geeignet – denke nicht nur ich.

  5. Robert Jaeckelmann März 1, 2022

    Ein Freiheits- und Einheitsdenkmal sollte für Ehrfurcht sorgen, ästhetisch ansprechend und keine Steilvorlage für Spott sein. Der geäußerte Vorwurf, die Wippe würde durch die Freitreppe gestört, ist zutreffend und sogar wünschenswert. Egal, mit wie viel Bedeutung man die Wippe auflädt, sie verdirbt den Blick auf die schöne Schlossfassade. Die Treppe hingegen fügt sich ästhetisch nahtlos ein und harmoniert wunderbar mit der Umgebung. Scheinbar wollte man sich aus Frust über die erfolgreiche Rekonstruktion mit diesem Entwurf an diesem Ort rächen. Die Wippe hätte man in der Form auf den Alex vor das Alexa stellen sollen. Dort passt sie ganz gut hin.

  6. Dr. Heide Ellerbrock März 2, 2022

    Bezüglich Flussbad wird nur von Kosten gesprochen, nie vom Elementarsten, der Wasserqualität. Am 10.2.22 schreibt der Tagesspiegel von 505 Mio.€ Strafzahlungen, weil die WRRL bei innerstädtischen Gewässern nicht eingehalten werden. Das Klärwerk an der Havel muss für 50 Mio.€ seine Abflüsse von Keimen, Hormonen, etc. nachreinigen, damit u.a. die Kleine Badewiese nicht immer gesperrt werden muss. Die Politiker wollen wider besseres Wissen ein Kanalbad errichten, in das ungereinigte Abwässer direkt aus der Mischkanalisation fließen. Das kann doch nicht wahr sein?

    • Tim Edler März 2, 2022

      Liebe Frau Dr. Ellerbrock!
      Das stimmt doch nicht und Sie wissen das doch nur zu genau. Die Wasserqualität ist ein Kernanliegen des Flussbad Projektes . Und die damit verbundenen Kosten entstehen ja überhaupt nur deshalb, damit da hinein keine “ungereinigte Abwässer direkt aus der Mischkanalisation fließen”.
      Aber Sie haben recht, es wird beim Flussbad, welches immerhin ein en kleinen Beitrag zur Einhaltung der WWRL leisten wird, zu oft nur von den Kosten gesprochen, meist ohne viel davon zu verstehen. Umso glücklicher werden Sie sein, zu erfahren, dass der bauliche Aufwand erheblich kleiner ausfallen wird, als bisher angenommen. Bei gleicher Wasserqualität. Na, was sagen Sie jetzt? Das kann doch nicht wahr sein!

      • Dr. Heide Ellerbrock März 3, 2022

        Lieber Herr Tim Edler,
        schön, dass Sie mir Neuigkeiten berichten. Von Fakten lasse ich mich gerne überzeugen, wenn sie auf qualifizierten und umfänglichen Wasseranalysen basieren. Ihre Veröffentlichung vom 3.3.22 habe ich. Warum nur werden Klärwerke für 50 Mio.€ nachgerüstet, damit in der Havel gebadet werden kann, wenn Sie es mit nur so wenig Aufwand auch schaffen wollen?

  7. Henning Strohband März 2, 2022

    Lieber Herr Jeschonnek! Ein Zusammenhang zwischen einer Ufertreppe und dem Investitionsstau der Berliner Bäder besteht nicht. Genauso richtig wäre es, den selben Zusammenhang für ihr Denkmal zu behaupten. Das ist platt und populistisch. Und es ist auch zynisch, sich um die Familien außerhalb der Berliner Mitte zu sorgen, wenn man aber eigentlich genau das lieber nicht möchte, nämlich, dass sich Menschen frei in ihrer Stadt bewegen und an ihren schönen Orten aufhalten.
    Nein, hier geht das nicht, denn da ist ein gigantisches Denkmal was in seiner Wirkung beeinträchtigt wird, wenn 50 Meter daneben jemand sitzt und einfach in eine ganz andere Richtung schaut. So eine starre und autoritäre Vorstellung, die den Ideen, die mit diesem Denkmal verbunden sein sollten, deutlich entgegen steht! Damit beschädigen Sie das Andenken an die friedliche Revolution mehr als die Leute auf der Treppe das je tun könnten. Das Denkmal hat es nicht verdient und es braucht Sie auch nicht, dass Sie die Lebendigkeit rundherum verhindern; es wirkt am Ende dadurch nur unsympathischer, künstlicher und steifer, da hilft dann die teure Kinetik auch nix. Aber trösten Sie sich, Honecker und seine Freunde, alles keine alten weißen Männer, haben diese Zusammenhänge auch bis zuletzt kapiert.

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